Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
verspreche nichts.«
»All right«, sagte Anna Kristeva. »Abgemacht. Scheiße, genug geredet, ich muss schlafen. Du lässt doch von dir hören und erzählst, wie es gelaufen ist… morgen oder so? Ach übrigens…«
»Ja?«
»Wenn du hingehst und feststellst, dass er blöd aussieht, dann kannst du ja gleich wieder umdrehen?«
Sie musste wieder husten. Ester lachte laut auf.
»Ja, das verspreche ich dir«, sagte sie. »Es muss wohl einen Grund geben, dass er sich weigert, ein Foto zu schicken.«
»Wahrscheinlich«, sagte Anna. »Aber man kann ja nie wissen.« Sie legte auf.
Ester Peerenkaas blieb noch eine Weile auf dem Sofa sitzen und überlegte. Dann griff sie zur Fernbedienung, der Bericht über den Würgerfall war beendet, jetzt ging es um die Drogensituation in Großstädten versus Kleinstädten beziehungsweise Dörfern. Sie schaltete ab. Trank ihren Gin Tonic und spürte, dass es an der Zeit war, ins Bett zu gehen, obwohl die Uhr noch nicht einmal auf die Elf zuging.
Nein, dachte sie. Roter Schlips und roter Eliot? Eigentlich habe ich absolut keine Lust darauf.
Karen deBuijk kam am Freitagvormittag in Esters Büro, und innerhalb weniger Minuten war die Planung für den Abend perfekt. Sie war ja auch nicht sonderlich kompliziert.
Zuerst ein Drink daheim bei Ester so gegen sieben und Sichtung des Kinoprogramms. Dann ein Film – vermutlich im Cinetec oder im Plus 8, wo es insgesamt achtzehn Kinosäle gab. Anschließend ein Happen zu essen und ein Drink irgendwo, und dann würde man schon sehen. Kein Grund, es komplizierter zu gestalten.
Sie hatte kurz nach vier die Wochenpläne zusammengestellt. Verließ das Verwaltungsgebäude des Krankenhauses und fuhr mit dem Auto zu Merckx, um auch einmal etwas organisierter einzukaufen. Es dauerte eine Stunde und senkte ihre Toleranzschranke um einiges. Aber so war es nun einmal, dachte sie, als sie auf dem gigantischen Parkplatz vor dem Einkaufszentrum wieder in ihren Peugeot stieg. Ich bin einfach nicht für Einkaufszentren geschaffen, da kann man nichts machen.
Gab es überhaupt Menschen, die für Einkaufszentren geschaffen waren?
Sie stellte das Autoradio an und fuhr Richtung Zentrum. Ein kurzer Wetterbericht ließ sie wissen, dass es zwei Grad plus war, dass es regnete, und zwar auf unabsehbare Zeit, und dass es außerdem ungefähr zehn Meter pro Sekunde aus westlicher Richtung wehte.
Sie widmete Anna Kristeva einen kurzen Gedanken und dachte, dass Maardam sicher der ideale Ort sein müsste, wenn man sich unbedingt eine Grippe einfangen wollte.
Welch idealer Grippeort die Stadt wirklich war, wurde ihr erst klar, als Karen sie Viertel vor sieben anrief und klang, als hätte sie drei Liter Blut verloren und wäre unter einen Kühlschrank geraten.
»Krank«, stöhnte sie. »Es geht gar nichts mehr.«
»Du auch?«, fragte Ester.
»Auch?«, wiederholte Karen.
»Ach, eine andere Freundin von mir ist gestern zusammengeklappt. Die geht wirklich um, diese Grippe.«
»Ja, das tut sie«, stimmte Karen zu und atmete schwer. »Ich hätte es fast nicht mehr die Treppen hoch geschafft, als ich von der Arbeit kam. Dass das so schnell zuschlagen kann… es tut mir Leid.«
»Ach, Schwamm drüber«, sagte Ester. »Leg dich ins Bett. Dann gehen wir halt ein andermal ins Kino.«
»Tschau«, keuchte Karen und legte den Hörer auf.
Oder ließ ihn fallen, so hörte es sich jedenfalls an.
Ja, und?, dachte Ester Peerenkaas. Und was mache ich jetzt? Allein an einem Freitagabend in der Mitte des Lebens?
Sie schaute auf die Uhr und stellte plötzlich fest, dass sie es noch problemlos in Keefer’s Restaurant schaffen würde.
27
Münster betrachtete den Mann, der sich soeben auf dem Besucherstuhl niedergelassen hatte.
Er war lang und mager. So um die Fünfunddreißig, wie es schien, mit einem schmalen Pferdegesicht, das er mit wenig Erfolg mittels eines rotbraunen Bartes zu veredeln versuchte. Der Mund war dünn und weich, und sein Blick hinter der ovalen Nickelbrille zuckte unruhig.
»Ihr Name?«, fragte Münster.
»Ich würde gern lieber anonym bleiben«, sagte der Mann.
»Ihr Name«, wiederholte Münster.
»Ich… Mattias Kramer, aber es wäre mir lieber, wenn… wenn es möglich wäre, dass…«
»Was?«, wollte Münster wissen.
»Dass die Angelegenheit mit einer gewissen Diskretion behandelt wird. Meine Situation ist nicht so einfach.«
»Ach so, ja«, nickte Münster. »Tja, wenn Sie mir ein wenig erzählen und mir sagen, warum Sie eigentlich gekommen sind,
Weitere Kostenlose Bücher