Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
vielleicht gar keine so dumme Idee.
Monica Kammerle war seiner Meinung. Bestimmt keine so dumme Idee.
Nach einer Nacht, in der er bei ihrer Mutter geschlafen hatte, aber vor dem Morgengrauen schon gegangen war, vertraute diese ihrer Tochter am Frühstückstisch an, dass Benjamin sicher der beste Liebhaber war, den sie je gehabt hatte.
Monica war geneigt, ihr zuzustimmen, sagte aber nichts. Zweifellos hatte Benjamin einen starken, äußerst positiven Einfluss auf ihre Mutter, das war gar nicht zu übersehen. Diese manische Phase, die Ende August auf dem Weg gewesen war, war abgeebbt. Sie nahm ihre Medikamente regelmäßig – soweit Monica das beurteilen konnte, wenn sie im Badezimmerschrank nachguckte –, und sie wirkte gesünder und ausgeglichener, als Monica sie seit dem Tod ihres Vaters jemals wahrgenommen hatte.
Sie ging vier Tage in der Woche zu ihrem Wiedereingliederungskurs, sie kochte Essen, kaufte ein und wusch die Wäsche. Fast wie eine ganz normale Mutter. Es war noch nie vorgekommen, dass sie so ausdauernd und konzentriert gewesen war. Jedenfalls nicht, soweit Monica sich erinnern konnte.
Lieber nichts beschreien, dachte sie. Vielleicht ist das ja der reine Wahnsinn, was wir hier machen, aber wir sind wohl irgendwie nicht von dieser Welt.
Sie lachte bei dem Gedanken und dachte an ihre Klassenkameradinnen. Wenn die wüssten!
Der Drang, sich anzuvertrauen, es zumindest einer Person zu erzählen, tauchte ein paar Tage später auf, genauer gesagt an dem frühen Morgen, als er ihre Mutter im Schlafzimmer zurückließ und stattdessen zu ihr ins Zimmer kam.
Das war zwischen einem Dienstag und einem Mittwoch Anfang September. Kurz nach fünf Uhr. Benjamin und ihre Mutter hatten, wenn sie es richtig verstanden hatte, einen Ausflug nach Behrensee gemacht und waren erst spät nach Hause gekommen. Sie hatte schon geschlafen, als sie zurückkamen, hatte nur die vage Erinnerung, etwas im Flur gehört zu haben.
Sie wachte davon auf, dass er ihre Brustwarze streichelte. Er hatte einen warnenden Finger auf den Lippen liegen und zeigte mit einem Kopfnicken zum Schlafzimmer. Nahm ihre Hand, ließ sie sein steinhartes Glied fühlen und sah sie fragend an. Es war etwas Hungriges in seinem Blick und gleichzeitig etwas fast hundeähnlich Flehendes.
Und obwohl sie erst sechzehn Jahre alt war – und erst vor achtzehn Tagen ihre Unschuld verloren hatte –, las sie während dieser kurzen Sekunde in diesen glänzenden Augen die Warnung vor dem Balanceakt, der sich in der körperlichen Liebe verbirgt. Erfuhr – obwohl sie noch gar nicht richtig wach war – die glasklare Einsicht, welche Abgründe unter den rücksichtsvollsten Berührungen und Blicken verborgen lauern.
Sobald etwas schief geht. Und wie leicht konnte etwas schief gehen.
Sie zögerte eine Sekunde. Schaute nach, ob er wenigstens die Tür richtig geschlossen hatte. Nickte und ließ ihn von hinten in sich eindringen.
Das tat weh, war in keiner Weise wie sonst. Sie war nicht bereit gewesen, es brannte, und er war bedeutend grober, als er sonst war. Schien allein auf seine Wünsche bedacht zu sein, und schon nach wenigen Minuten spritzte er ihren Rücken voll, ohne dass sie auch nur in der Nähe eines Orgasmus gewesen war.
Ohne dass sie auch nur einen Deut an Genuss gehabt hatte.
Er bat murmelnd um Entschuldigung und schlich zurück ins Schlafzimmer. Nein, das war ganz und gar nicht wie sonst gewesen, und zum ersten Mal spürte sie, wie ein überwältigendes Ekelgefühl in ihr aufstieg.
Wird ihr wohl sagen, dass er nur auf dem Klo war, dachte sie. Falls sie aufwacht, ihre Mutter. Oh verdammte Scheiße.
Sie stieg aus dem Bett. Stolperte zur Toilette und übergab sich, bis sie sich innerlich vollkommen leer fühlte. Duschte, duschte, duschte.
His dark secret love does thy life destroy, dachte sie. Nein, so geht es nicht weiter. Nicht, wenn ich nicht mit jemandem drüber reden kann.
4
»Können Sie mir sagen, was das hier ist?«
Der junge Verkäufer lächelte nervös und zupfte an seinem Schnurrbart. Van Veeteren wischte den Tresen mit seinem Jackenärmel ab und platzierte das Objekt mitten auf die glänzende Oberfläche. Der Jüngling beugte sich zunächst vor, aber als er gewahr wurde, worum es sich handelte, richtete er sich wieder auf und ließ sein Lächeln ausklingen.
»Natürlich. Ein Olivenkern.«
Van Veeteren hob eine Augenbraue.
»Ach, wirklich? Sind Sie sich da ganz sicher?«
»Natürlich.«
Er nahm den Kern vorsichtig mit Daumen und
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