Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
konnte man fast denken – und ebenso gut konnte man sich sein sardonisches Lächeln irgendwo im Hintergrund vorstellen. Weit entfernt, tief in einer dunklen Sackgasse.
Die Verbindung zu der verschwundenen Ester Peerenkaas war zwar nicht hundertprozentig sicher, aber Münster war davon überzeugt. Und alle anderen auch, soweit er verstanden hatte. Das hing alles zusammen, ganz klar. Es gab ein Muster. Auch wenn die wirklich klaren Konturen bis jetzt noch fehlten, so konnte man sich ohne Probleme den gleichen Täter hinter Peerenkaas vorstellen, der auch die anderen auf dem Gewissen hatte – wie sich der Betreffende auch im Fall Kortsmaa in Wallburg aus dem letzten Sommer erahnen ließ.
Aber nur erahnen. Nicht mehr. Nicht einen verdammten Hauch mehr als einen Schatten hatten sie! Nach all dieser Zeit, all diesen Anstrengungen… nein, es war nicht schwer, Reinharts Gefühl der Ohnmacht zu verstehen. Absolut nicht. Man wollte an etwas glauben, also glaubte man an eine Verbindung. Münster seufzte schwer und starrte auf die schwarzen Fenstervierecke.
Da drinnen hatte Kerran-Brugger Martina Kammerle ermordet. Die Tochter vielleicht auch, aber wahrscheinlich hatte diese Tat irgendwo anders stattgefunden. Es erschien ziemlich unwahrscheinlich, dass er eines seiner Opfer weggeschleppt und das andere liegen gelassen haben sollte. Er hatte es ja nicht eilig gehabt. Hatte alle Zeit der Welt gehabt, wie es schien, besonders, wenn man die Stunden bedachte, die er gebraucht haben musste, um die Fingerabdrücke wegzuwischen.
Muss also einige Male vor der Tat dort verkehrt haben. Wie oft?
Das konnte niemand sagen. Wahrscheinlich nicht oft genug, dachte Münster. Keiner der Nachbarn hatte ihn gesehen. Frau Paraskevi meinte, eine Stimme gehört zu haben, das war alles.
Also wahrscheinlich ziemlich sporadisch und während einer ziemlich kurzen Zeitspanne. Ein paar Monate höchstens. Oder ein paar Wochen?
Eine Beziehung zu Martina Kammerle war wohl der wahrscheinlichste Hintergrund. Um nicht zu sagen der einzig denkbare. Aber warum hatte er sich dann gezwungen gesehen, sie zu töten?
Gezwungen?, dachte Münster. Blödsinn. Wahnsinnige werden von allem Möglichen gezwungen, was ihr krankes Gehirn so ausbrütet.
Und die Tochter? Wo kam sie ins Bild? War sie Zeugin des Mords an ihrer Mutter geworden, oder hatte es genügt, dass sie ihn kannte? War es ganz einfach zu gefährlich für ihn, einen lebenden Zeugen zu haben? Oder hatte sie noch eine andere Rolle gespielt? Und welche… ?
Hör auf!, schalt Münster sich. Es reicht! Ich stelle es ja noch so hin, als ob er einen triftigen Grund gehabt hätte, Martina Kammerle umzubringen, nicht aber Monica. Ich drehe mich im Leerlauf, das sind die gleichen Fragen wie im November, der gleiche verdammte Schlittschuhläufer im Reisfeld, mit dem Reinhart es zu tun hat, der gleiche verdammte…
Er stellte die Musik lauter, um den Reiz zu erhöhen. Dexter Gordons Saxophon weinte und jammerte jetzt. Scharfe, entfremdete Rufe in einer Tonart, die eigentlich zu einem Düsenjet gehörte.
Und der Name?, dachte er. Kerran und Brugger. Was hatte das zu bedeuten, dass der Mörder sich hinter diesen unheilvollen literarischen Gestalten versteckte? Warum?
Er ließ den Rücksitz so weit nach hinten gleiten, wie es ging. Schloss die Augen und versuchte, sich ein paar Minuten lang einzubilden, dass es eine neue Lösung für das Problem geben könnte – etwas, woran sie noch nicht gedacht hatten. Einen Faden, der ihnen entgangen war, einen Blickwinkel, den sie noch nicht versucht hatten.
Er fand nichts. Es war einfach unmöglich. Wir haben getan, was wir konnten. Dass wir nicht weitergekommen sind, liegt daran, dass das Ganze hier zu irrational ist. Die Ursachen und das Motiv entspringen der gleichen Perversion, die ihm auch die Signale zum Töten gibt. Die Wurzel liegt dort, in diesem verfluchten Würgerkopf, wir kommen keinen Schritt weiter, bis wir ihn gefunden haben. Und vielleicht nicht einmal dann.
Ein belesener Typ war er, daran gab es keinen Zweifel. Vielleicht ein Akademiker. Die Studierten sind die Schlimmsten, das hatte Reinhart gerade behauptet. Je mehr sie ihr Gehirn anstrengen, ein umso größeres Risiko besteht, dass sie aus der Spur geraten.
Münster hatte Schwierigkeiten, Gefallen an einer derartig finsteren Reflexion zu finden… Sie führte nur zu vollkommen absurden Konsequenzen, und außerdem war der Ermittlungsleiter in den letzten Tagen ziemlich übermüdet gewesen.
Er ging
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