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Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden

Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden

Titel: Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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würde ihn heiraten. Das wurde von ihr in so einer Situation erwartet.
    Mein Gott, dachte sie. Ich habe ja nicht einmal richtig darüber nachgedacht.
    Sie spürte, wie es in ihrem Körper kribbelte und dass die Tränen nicht weit waren. Oder das Lachen. Oder eine starke Welle von etwas, das eine Art Zwischending war. Aber sie spürte Tränen auf den Wangen, zumindest auf der rechten.
    Wenn wir Kinder kriegen, dann werden die irgendwann fragen, wie es abgelaufen ist, als wir beschlossen haben zu heiraten. Sie werden erfahren, dass ihr Vater mich mit einer Fischsuppe gewonnen hat.
    Sie lachte den dunklen Himmel an. Plötzlich fiel ihr ein Spruch von Van Veeteren ein.
    Das Leben ist keine Wanderung über ein freies Feld.
    Da war wirklich etwas dran.
    Bevor sie ins Bett ging, hörte sie ihren Anrufbeantworter ab. Es war nur eine Nachricht drauf, und die kam von Inspektor Baasteuwel in Wallburg.
    Sie konnte ihn bis Mitternacht anrufen, erklärte er. Ja, es war wichtig.
    Sie schaute auf die Uhr. Fünf vor zwölf. Sie wählte seine Nummer.
    Er antwortete innerhalb einer Sekunde.
    »Ewa Moreno«, sagte sie. »Du wolltest was. Entschuldige, dass ich so spät anrufe, aber du hast gesagt, das wäre in Ordnung.«
    »No problem«, sagte Baasteuwel. »Ja, das ist es ja gerade, weshalb ich angerufen habe.«
    »Was?«, fragte Moreno.
    »Der Alte hat einen Schlag gehabt, wir müssen uns um ihn kümmern.«
    »Was sagst du da? Wer hat einen Schlag gehabt?«
    »Mein Vater. Einen Infarkt. Seinen dritten, sie glauben nicht, dass er es schaffen wird, ich muss bei ihm bleiben…«
    »Dein Vater?«
    »Ja… er ist neunundachtzig, ich glaube nicht, dass er die neunzig unbedingt erreichen will. Aber auf jeden Fall werde ich heute Nacht Wache halten und vielleicht auch noch die nächsten Tage… deshalb müssen wir unser Würgergespräch etwas hinausschieben, ist das in Ordnung?«
    »Ja, natürlich«, sagte Moreno. »Selbstverständlich, das Ganze dreht sich ja sowieso nur im Kreis… hast du Geschwister?«
    »Nein«, sagte Baasteuwel. »Habe ich leider nicht. Und meine Mutter ist vor zehn Jahren gestorben, verstehst du… ?«
    »Ja«, sagte Moreno und dachte gleichzeitig, dass sie das natürlich überhaupt nicht tat. Am Sterbebett eines Elternteils zu sitzen, das musste wohl eine dieser Erfahrungen sein, von denen man sich keine rechte Vorstellung machen konnte, solange man sie nicht selbst hinter sich gebracht hatte. Sie suchte nach den richtigen Worten, aber alles erschien ihr so fremd wie der Tod.
    »Ich rufe dich wieder an«, sagte Baasteuwel. »Pass auf dich auf.«
    »Du auch«, sagte Moreno. »Ist da… gibt es irgendwas, das ich für dich tun kann?«
    Baasteuwel lachte kurz und trocken auf.
    »Nein, nein«, sagte er. »Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, das hier. Ich habe es irgendwie nicht so richtig im Griff, jedenfalls habe ich noch nie an das ewige Leben geglaubt. Nicht einmal für meinen Vater. Schlaf gut, meine Schöne.«
    »Danke gleichfalls«, sagte Moreno.
    »Na, eher im Gegenteil.«
    »Ja, natürlich«, beeilte Moreno sich zu versichern.
    Sobald sie aufgelegt hatte, begann sie, über den Gesundheitszustand ihrer Eltern nachzudenken.
    Und über ihren Bruder.
    Und über Maud.
    Ihre Stimmung sank, und plötzlich erinnerte sie sich an einen der Sprüche, die sie im Teenageralter an die Wand geheftet hatte.
    Wenn du dich nicht traust, dich auf deine Liebe zu verlassen,
    dann musst du dich auf deine Einsamkeit verlassen.
    Oder hatte es
Freiheit
geheißen? Dann musst du dich auf deine
Freiheit
verlassen? Oder
Kraft
? Sie konnte sich nicht mehr erinnern.
    Dann fiel ihr ein, dass sie nun ja nicht am nächsten Morgen um sechs Uhr aufstehen musste, um nach Wallburg zu fahren, worauf sie noch einmal den Telefonhörer abnahm.
    »Ich habe Angst«, sagte sie. »Komm doch zu mir rauf. Ob wir wirklich den Weg einschlagen sollen, meine ich…«
    »Zehn Sekunden«, sagte Mikael Bau. »Du kannst anfangen zu zählen.«

36
    Er betastete seinen schmerzenden Hals, während er die Suchmeldung las.
    Betrachtete das Foto auf der ersten Seite und fand, dass es sie hübscher zeigte, als sie war. Das Foto musste schon vor ziemlich langer Zeit gemacht worden sein, vielleicht schon vor mehr als zehn Jahren, urteilte er. Die gleichen Augen, das gleiche selbstsichere Lachen, aber vitaler. Naiver und frischer. Er überlegte, was wohl passiert war, seit dieses Foto gemacht worden war – und wie es gewesen wäre, sie damals kennen zu lernen, statt an

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