Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
zu fassen, aber trotzdem war da etwas.
Die Unruhe darüber, was ihrer Tochter zugestoßen sein könnte, erschien vollkommen überzeugend, da gab es nichts dran zu rütteln. Auf Sammelmerks direkte Frage hin, warum das Paar sich nicht mehr bei der Polizei gemeldet hatte, antwortete die Mutter, dass sie es als sinnlos empfunden hätte, da ja doch nichts passierte. Sie hatten auch die Möglichkeit diskutiert, einen Privatdetektiv zu engagieren, waren aber bis jetzt noch zu keinem Entschluss gekommen. Stattdessen waren sie damit beschäftigt, ihre Unruhe und ihre Angst zu bewältigen.
Was als Erklärung nicht weit hergeholt erschien, wie Sammelmerk fand. Das Ehepaar war gläubig und hatte eine Menge Unterstützung von ihrer Gemeinde erhalten, wie Frau Peerenkaas erklärte. Mehrere Male in der Woche wurde eine Fürbitte für Ester gelesen, und wenn man selbst nichts Konkretes ausrichten konnte, so war es das Los und die Pflicht des Menschen, sein Schicksal in Gottes Hände zu legen. Ruhig und vertrauensvoll.
Das Ganze hatte ziemlich überzeugend geklungen, und eigentlich begannen Inspektorin Sammelmerks Zweifel erst, als sie wieder im Auto auf dem Rückweg nach Maardam saß. Als sie etwas Abstand gewonnen hatte, sozusagen.
Und als sie schließlich unter dem fließenden Wasser stand, wurde ihr schnell klar, wo der Hase begraben lag.
Sie hatte gelogen.
An einer Stelle hatte Frau Peerenkaas gelogen.
Gott weiß an welcher, dachte sie und musste sich eingestehen, dass diese Aussage wohl wörtlich zu nehmen war, in Anbetracht dessen, was über Gebete und das Jenseits gesagt worden war.
Auf jeden Fall gab es da eine gewisse Schräglage. Frau Peerenkaas hielt mit etwas hinterm Berg und hatte nicht immer verbergen können, dass dem so war.
Ungefähr so verhielt es sich.
Ungefähr da drückte der Schuh.
Was war es?
Was verschwieg sie?, fragte sich Inspektorin Sammelmerk und stellte die Wassertemperatur um ein halbes Grad heißer.
Es nützte nichts.
Es nützte auch nichts, dass sie noch fünfunddreißig Minuten dort stehen blieb. Und nichts, dass sie noch ein halbes Grad dazu gab, sodass es wirklich an die Grenze zum Unerträglichen kam – und nichts, dass ihr jüngster Sohn gegen die Tür trommelte und fragte, ob sie da die ganze Nacht bleiben wollte und sich vielleicht schon in einen Seehund verwandelt hätte.
Es nützte alles nichts.
Etwas stimmte da nicht, das wusste sie. Frau Peerenkaas log in irgendeiner Beziehung.
Aber sie wusste nicht, in welcher, es war wie verhext.
Winnifred Lynch faltete das Papier wieder zusammen und trank die letzten Whiskytropfen.
»Ich bin soweit«, sagte sie.
Van Veeteren zuckte zusammen und stellte fest, dass er kurz vorm Einschlafen gewesen war. Er schaute auf die Uhr. Es waren erst ein paar Minuten vergangen. Aber die Stille war zum Greifen gewesen. Fast wie ein Vakuum.
Sie schob den Zettel auf die gleiche Weise über den Tisch, wie er es zuvor gemacht hatte. Wie eine letzte dunkle Karte, um einen Straight flush zu erreichen, dachte er. Er nahm ihn und faltete ihn auseinander.
»Wer?«, fragte er.
»Maarten deFraan«, sagte sie. »Nummer zwei.«
Er betrachtete den Namen. Ließ einige Sekunden verstreichen und fuhr sich mit der Hand über die Wange. Hatte sie bemerkt, dass er sich nicht rasiert hatte?
»DeFraan?«, fragte er. »Bist du dir sicher?«
Für ihn war es nur ein Name. Mehr nicht.
»Wenn es einer aus diesem Quartett sein soll, ja. Die anderen sind ausgeschlossen.«
»Woher kannst du das wissen?«
»Ich weiß es.«
Er überlegte eine Weile.
»Ist er ein denkbarer Kandidat? Oder nur der am wenigsten Unwahrscheinliche?«
Sie zögerte mit der Antwort. Hielt die Fingerspitzen gegeneinander gepresst und betrachtete ihre Hände.
»Ich kann… ich kann ihn mir tatsächlich in dieser Rolle vorstellen. Er hat bei mir immer unangenehme Gefühle verursacht.«
»Kennst du ihn gut?«
»Überhaupt nicht. Du musst bedenken, dass wir über dreißig Angestellte im Institut sind. Ich sehe ihn ab und zu, unsere Arbeitsräume liegen ziemlich weit voneinander entfernt… wir sehen uns höchstens bei Besprechungen und so.«
»Was weißt du über ihn?«
Sie machte eine abwehrende Bewegung mit dem Kopf.
»Nicht viel. Fast gar nichts. Er ist in dem Jahr ins Institut gekommen, als ich dort anfing, glaube ich. Hat die Professur in englischer Literatur bekommen, es gibt noch eine, die eher linguistisch ausgerichtet ist, dort bin ich angesiedelt. DeFraan war vorher in Aarlach,
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