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Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden

Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden

Titel: Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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beurteilen konnte, vielleicht so zwanzig in den Cafés und Tavernen, die er von ihrem Tisch aus sehen konnte.
    Wie sollen wir ihn nur finden?, dachte er. Wir wissen ja nicht einmal, ob er wirklich auf dieser Insel ist.
    Hatte er tatsächlich einen Plan, der Herr Buchhändler Van Veeteren?
    Er fragte gar nicht erst, da er schon vorher wusste, dass er keine vernünftige Antwort bekommen würde. Begnügte sich damit, seinen früheren Vorgesetzten verstohlen von der Seite zu betrachten. Im Augenblick sah er genauso unergründlich aus wie eine frisch ausgegrabene antike Statue – wie er so dasaß und sein Bier schlürfte, mit einer gerade gedrehten und entzündeten Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand.
    Aber Statuen rauchen ja wohl nicht und trinken kein Bier?, dachte Münster. Ich bin doch ein Astronaut, wenn man es näher betrachtet.
    Auf jeden Fall vertraut er seinen Einfällen, das hat er immer getan, setzte er seinen Gedankenfaden fort. Aber früher oder später muss er doch wohl auch mal auf eine Mine treten? Oder etwa nicht? Konnte man davon ausgehen, dass Van Veeteren seiner Sache immer sicherer war, als er sich den Anschein gab? Immer mehr Informationen im Jackenärmel hatte, als er zeigte? Das wäre nicht verwunderlich, andererseits…
    »Verflucht noch mal!«, unterbrach Van Veeteren Münsters Überlegungen. »Das darf doch wohl nicht wahr sein!«
    »Was?«, fragte Münster.
    »Diese muslimische Frau.«
    »Ja?«
    »Es muss ja gar nicht so sein, dass…«
    Münster wartete ab.
    »Es kann ja ebenso gut…«
    Münster seufzte.
    »Wovon redest du?«
    »Sei still«, sagte Van Veeteren. »Frag nicht so dumm, ich versuche nachzudenken. Hast du ein Telefon bei dir?«
    Der Ermittlungsleiter reichte ihm seufzend das Handy.

50
    Während sie in Inspektorin Sammelmerks Zimmer saßen und warteten, dachte Ewa Moreno über die Sache mit der Zeit und dem Raum nach.
    Oder mit den Geschehnissen und den Zeitpunkten, genauer gesagt. Diese eigentümliche Sache nämlich, dass Handlungen die Fähigkeit zu haben schienen, andere Handlungen anzuziehen. Es war fast wie eine Art Magnetismus. Sie erinnerte sich daran, dass sie zu bestimmten Zeitpunkten das Phänomen mit Münster diskutiert hatte: dass lange Zeiträume verstreichen konnten – im Privatleben, aber in erster Linie, wenn es um die Polizeiarbeit ging – unerträgliche Perioden, in denen sich nichts, rein gar nichts ereignete, zähe Untersuchungen, bei denen Tage, Wochen und Monate sich aufeinander türmten, ohne dass auch nur ein kleines Bisschen an Fortschritt zu erkennen war – und dann, plötzlich und ohne Vorwarnung, konnten zwei oder drei oder gar vier entscheidende Dinge mehr oder weniger gleichzeitig eintreten.
    Wie jetzt. Wie jetzt an diesem Märztag mit seinen lauen Winden und den Vorboten des Frühlings in der Luft. Sie hatte den ganzen Nachmittag mit weit geöffneten Fenstern in ihrem Zimmer gesessen. Das Telefonat von dem griechischen Archipel war genau zehn Minuten nach fünf Uhr eingetroffen, eine Woche gehäufter Papierarbeit war gerade im Kasten, und sie war die letzte aus der stark reduzierten Truppe, die überhaupt noch da war. Deshalb war sie es gewesen, die sich um den
Hauptkommissar
hatte kümmern müssen.
    Hatte mit ihm knapp fünf Minuten lang geredet, mehr war nicht nötig. Anschließend hatte sie den Hörer aufgelegt, war noch eine Weile sitzen geblieben und hatte aus dem Fenster gestarrt, während sie überlegte, welche Aktionen in Gang gesetzt werden mussten.
    Und wie zum Teufel er das nun wieder geschafft hatte.
    Dann war der nächste Anruf gekommen. Anna Kristeva. Über die Zentrale, die auch. Als sie lange genug zugehört hatte – höchstens einige Minuten –, war ihr klar geworden, dass hier ein Gespräch unter vier Augen notwendig war, sie hatte eine Zeit verabredet, den Hörer aufgelegt und auf die Uhr geschaut. Es war noch nicht halb sechs gewesen.
    Also eine Viertelstunde. Länger war die Zeitspanne nicht gewesen, die zwischen Van Veeterens und Anna Kristevas Anruf vergangen war. Seltsam! Was für sonderbare Wogen in der Zeit waren das, die diese Verdichtungen im Handlungsstrom verursachten? Die Menschen dazu brachten, in etwa zur gleichen Zeit einen Beschluss zu fassen?
    Den Buchhändler Van Veeteren und die Anwältin Anna Kristeva? Zwei einander vollkommen unbekannte Menschen mit mehreren hundert Meilen Abstand voneinander.
    Ja, was den
Hauptkommissar
betraf, so konnte natürlich nicht von einem Beschluss die

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