Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
selbstgerechter Unzufriedenheit, der sowohl in ihrem Gesicht als auch in ihrer Stimme zu finden war. Als hätte das Schicksal nicht so ganz ihre Erwartungen erfüllt. Das Duschen hatte seine Zeit gedauert, und Moreno stellte fest, dass sie nicht zu den dezent Geschminkten gehörte. So um die Fünfundvierzig, nach allem zu schätzen. Blass und ein wenig formlos, und mit einem vielfarbigen Haar, das aussah, als benötige es jede Stütze dieser Welt. Sie setzte mehr Kaffee und Tee auf, holte Kekse, Muffins und ein Drittel Bisquitrolle aus dem Schrank heraus, wobei sie schwer atmete und Kette rauchte.
»Uns ist klar, dass es nicht leicht ist«, sagte Moreno. »Aber es ist wichtig, dass wir uns erst einmal ein Bild von ihrem Leben und den allgemeinen Umständen machen können, und dafür sind Sie die Nächstliegende. Wir haben bis jetzt in Maardam noch niemanden gefunden, der ihr nahe stand.«
»Nein«, sagte Barbara Traut und blinzelte die Tränen fort, die herauszurollen drohten. »Sie war wohl ziemlich einsam.«
»Aber sie war früher mal verheiratet?«
»Mit Klaus, ja. Er war eine große Stütze für sie, ohne Frage, aber dann ist er gestorben. Und seitdem, das war 1996, ja, seitdem war es nicht leicht für sie. Aber mein Gott, ihr habt doch wohl inzwischen Monica gefunden?«
Moreno schüttelte den Kopf.
»Leider nicht. Haben Sie eine Ahnung, wo sie sich aufhalten könnte?«
»Ich? Nein, ich weiß da nichts. Wir hatten ja keinen Kontakt, ich habe das Mädchen seit Klaus’ Beerdigung nicht mehr gesehen. Da war sie zwölf. Richtig süß, das arme Kind.«
»Klaus Kammerle ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen, stimmt das?«
»Ja. Er ist von der Fahrbahn abgekommen und direkt gegen einen Baum geprallt. Irgendwo zwischen Oostwerdingen und Ulming, es ist nicht viel von ihm übrig geblieben… es heißt, er wäre hinterm Steuer eingeschlafen.«
»Es heißt?«, wiederholte Ewa Moreno. »Zweifeln Sie daran?«
»Nein, nein«, versicherte Barbara Traut eilig. »Ganz und gar nicht. Es war ja auch nachts, er war auf dem Heimweg von irgendeinem Kursus. Er ist sicher einfach nur eingeschlafen.«
Moreno trank einen Schluck Tee und wechselte das Thema.
»Wenn wir jetzt Ihre Schwester betrachten«, sagte sie. »Wie stand es eigentlich um sie? Hatte sie Probleme?«
Barbara Traut rauchte und hustete.
»Probleme? Oh ja, das kann man wohl sagen. Keine Stabilität. Sie schwankte hin und her wie ein Fähnchen im Wind, das war das Problem, und das fing schon in der Schule an… sie bekam nie etwas in den Griff. Manisch-depressiv, wissen Sie, was das bedeutet?«
Moreno nickte und machte sich Notizen.
»Bis sie Klaus kennen lernte, war sie mehrere Male im Krankenhaus. Es gibt ja Medikamente, aber sie hat sie nie regelmäßig genommen. Wollte ihre Tabletten nicht schlucken, wenn sie meinte, es ginge ihr gut, und das konnte natürlich nicht gut gehen. Wenn sie gut drauf war, schob sie ein wahnsinniges Projekt nach dem anderen an und benahm sich so, dass es niemand mit ihr aushalten konnte. Dann sank sie wieder in sich zusammen, bekam Angstzustände und wollte sich das Leben nehmen. So war das. Die ganze Zeit. Sie hat sich ein paar Mal ins Handgelenk geschnitten, aber das war in erster Linie ein Hilferuf, damit sich jemand um sie kümmerte.«
»Aber das wurde besser, als sie Klaus kennen lernte?«
»Ja. Da gab es wenigstens jemanden in ihrer Nähe, der die Tiefschläge auffangen konnte und darauf achtete, dass sie einigermaßen funktionierte. Ich weiß nicht genau, aber ich glaube, sie wurde gleich beim ersten Mal, als sie zusammen waren, schwanger. Jedenfalls hat sie es mir mal so erzählt… dass sie schwanger sei und dass sie heiraten wollten. Das war 1984. Ich glaube, da hatte sie schon mehrere Abtreibungen hinter sich. Oder jedenfalls…«
»Aber Sie hatten dann trotzdem keinen Kontakt mit ihr? Nachdem sie eine Familie bekommen hat, meine ich.«
Barbara Traut machte eine Pause und verrührte ein Stück Zucker in ihrem Kaffee.
»Sie waren einmal hier«, sagte sie. »Sind für eineinhalb Stunden geblieben und haben mit uns mittaggegessen. Monica war drei oder vier. Ich fürchte, das war das einzige Mal. Es war nicht so leicht, mit meiner Schwester umzugehen. Er hat es auch nicht immer leicht gehabt, der Klaus.«
»Wie war er?«
»Ruhig. Wie ein sicherer Hafen, so habe ich ihn jedenfalls erlebt. Vielleicht wäre es besser gelaufen, wenn er nur weiter hätte…« Ihre Stimme begann zu zittern, und sie putzte sich
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