Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden

Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden

Titel: Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
Vom Netzwerk:
Dünenlandschaft hinein auf die Lautquelle zu. Er schaute auf die Uhr, ein wenig verärgert über die Verzögerung. Er würde erst nach acht Uhr zurück sein, und um rechtzeitig bei der Arbeit zu sein, musste er um Viertel vor neun im Auto sitzen. Duschen und Frühstück in einer halben Stunde war kaum zu schaffen, aber wenn Thatcher nun mal unverrückbar stand und kläffte, war natürlich nicht viel anderes zu machen. Er musste halt den Weg zu ihr suchen und nachgucken, was da los war.
    Hinterher – nicht, während er an diesem nasskalten Morgen der Familie, den Freunden und den Polizisten von seinen Erlebnissen erzählte, sondern als er abends allein am Schreibtisch saß, aus dem Fenster schaute und nachdachte –, da konnte er nicht genau sagen, ob er den Hund oder den Körper zuerst gesehen hatte.
    Was natürlich überhaupt keine Rolle spielte, aber da er dennoch darüber nachdachte, hatte es etwas zu bedeuten. Weiß Gott, was.
    Auf jeden Fall stand der Hund ganz still bei seinem Fund – in einer irgendwie wachsamen, angriffsbereiten Haltung, die sein Herrchen noch vage von den Übungsstunden im Hundeclub vor vielen Jahren erinnerte: die Hinterbeine gebeugt, die Vorderpfoten breit auseinander. Das, was von dem Frauenkörper zu sehen war – der Hinterkopf, die Schulterpartie sowie der rechte Arm –, war teilweise von schwarzen Plastikfetzen und Sand verdeckt, aber alles war dennoch deutlich genug, sodass er innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde den Ernst der Lage einschätzen konnte. Glasklare, Ewigkeiten lange Bruchteile.
    Er schnappte sich den Hund. Begann ihn automatisch zu beruhigen, indem er ihn an sein rechtes Bein drückte und ihm den Hals klopfte. Er wünschte einen verwirrten Augenblick lang, dass jemand anders kommen und ihn selbst auf die gleiche Weise beruhigen würde. Anschließend richtete er sich auf und schaute sich nach bewohntem Terrain um.
    Ein rotes, spitzes Ziegeldach ragte ein Stück weiter zwischen den Sandklippen landeinwärts hervor, und als er auf den nächsten grasbewachsenen Hügel kam, Thatcher dicht bei sich, stellte er fest, dass es Willumsens Haus war.
    Schön, dachte Henry Ewerts. Schön, dass es jemand ist, den man kennt.
    »Wie immer draußen am Joggen?«, begrüßte ihn Tom Willumsen und verzog das Gesicht. »Weht es heute nicht mehr so kräftig? Ich glaube, es ist umgeschlagen in Nordwind.«
    »Ich weiß«, sagte Henry Ewerts. »Aber übers Wetter können wir ein andermal reden. Thatcher hat hier unten eine Leiche gefunden.«
    »Eine Leiche?«, wiederholte Willumsen.
    »Eine Frau«, erklärte Henry Ewerts. »Oder wohl eher ein Mädchen. Sieht schrecklich aus. Ruf die Polizei und gib mir was zu trinken.«
    Die Uhr zeigte ein paar Minuten nach halb acht Uhr morgens, als Van Veeteren die Tür zur Wohnung in der Moerckstraat 16 aufschloss. Bevor er das tat, schaute er sich in beide Richtungen und zum Dachboden hin um, aber es zeigte sich kein neugieriges Gesicht. Er trat ein und zog die Tür hinter sich zu.
    Der erste Eindruck war muffig. Eingeschlossen, unsauber. Er konnte nicht sagen, ob nicht auch noch eine Spur der charakteristischen Süße der Verrottung darin lag. Oder ob das nur Einbildung und eine Art pervertierter Erwartung war.
    Er knipste in dem engen Flur Licht an und ging weiter in die Küche links. Fand auch dort den Lichtschalter, betätigte ihn, ging zum Fenster und ließ die Jalousien runter.
    Es gab keinen Grund, seine Anwesenheit an die große Glocke zu hängen. Absolut keinen. Auch wenn das Desinteresse der Nachbarn füreinander bereits aktenkundig war, nach dem, was Moreno und Reinhart berichtet hatten, so wollte er doch lieber inkognito bleiben. Ungestört und unsichtbar. Nur Ewa Moreno hatte er erzählt, was er vorhatte, als er sie darum bat, ihm den Schlüssel zu geben, und er hoffte inständig, dass er sich auf ihre Verschwiegenheit verlassen konnte. Es wäre nichts damit gewonnen, wenn das ganze Polizeirevier erführe, dass er wieder im Spiel mitmischte. Dass der Buchhändler da hinten aus der Kupinski-Gasse sich nicht länger raushalten konnte.
    Nicht länger?
Blödsinn, dachte er und ging ins Wohnzimmer. Das war überhaupt keine Frage der Zeit – oder des erwarteten Rückfalls in die Branche –, das war einzig und allein dieser verfluchte Pfarrer, der in seiner Fantasie herumspukte. Dieser Gottesmann, den er mit so katastrophalen Folgen abgewiesen hatte und von dem er nachts träumte. Nur das, sonst nichts. War das so merkwürdig?
    Und warum lief

Weitere Kostenlose Bücher