Die Schwarze Armee 03 - Das Reich des Lichts
Essens unterhalten wir uns.
„Papa, glaubst du, du erkennst die Stelle wieder, an der ich geboren wurde?“
„Ich weiß nicht, mein Sohn“, antwortet er. „Wie ich dir schon gesagt habe, es war spät und fast dunkel. Elektrizität gab es keine, nur Fackeln und Kerzen.“
„Und du, Mahania, wirst du mir die Stelle zeigen können?“
„Mir geht es genauso wie deinem Vater“, sagt die alte Frau. „Vergiss nicht, seither sind viele Jahre vergangen. Aber ich werde es versuchen.“
„Es ist sehr wichtig für mich“, sage ich. „Wenn wir wieder abfliegen, möchte ich alles wissen, was in jener Nacht passiert ist … was wirklich passiert ist“, füge ich hinzu.
„Das habe ich dir doch schon tausendmal erzählt“, bemerkt mein Vater ungeduldig. „Mehr gibt es da nicht zu berichten.“
„Aber ich habe noch so viele Fragen, Papa! Es gibt so viele Lücken, die geschlossen werden müssen …“
„Dann wünsche ich dir viel Glück, mein Junge! Ich jedenfalls habe dir nicht mehr anzubieten. Hoffentlich erhältst du Klarheit über das,was damals geschehen ist. Aber mach dir keine allzu großen Illusionen, die Zeit löscht alles aus.“
Norma drückt die Hand meines Vaters. Metáfora schaut mich an, verständnisvoll wie immer. Jetzt erst sehe ich, dass Mahania das Foto von dem Baby in der Hand hält. Mohamed legt ihr eine Decke über die Schultern. Ich kann von ihren Lippen ablesen, dass sie den Namen murmelt, den laut Mohamed alle Jungen der Familie tragen: Alquamed.
Schließlich strecken wir uns neben dem Lagerfeuer aus. Ich schlafe sofort ein.
***
A M NÄCHSTEN M ORGEN zieht unsere Karawane weiter. Farael, Mohameds Neffe, reitet voran, das Gewehr schussbereit vor sich.
„Glaubst du, es könnte gefährlich werden, Mohamed?“, frage ich.
„Keine Sorge, Arturo. Uns passiert nichts. Niemand wird es wagen, uns zu überfallen.“
Der Morgen verläuft ohne Zwischenfälle. Nichts stört die unerträgliche Routine unserer Expedition. Schritt für Schritt bewegen wir uns unter der brennenden Sonne Ägyptens vorwärts … falls wir uns überhaupt noch in Ägypten befinden, was ich nach so vielen Stunden langsam bezweifle. Ich habe den Eindruck, dass wir längst das Land verlassen haben.
„Mohamed, auf welcher Seite liegt der Nil?“, frage ich.
„Schwer zu sagen. Er taucht auf und verschwindet wieder wie eine Schlange im Wüstensand. Häufig wechselt er die Richtung, manchmal gabelt er sich auch und wird zu zwei verschiedenen Flüssen.“
„Papa hat gesagt, dass das verlassene Dorf sich ganz in der Nähe des Nils befindet.“
„Vielleicht hat sich dein Vater geirrt. Die Soldaten, die ihn damals begleitet haben, hätten ihn leicht täuschen können. Aber keine Sorge, wir befinden uns auf dem richtigen Weg! Es kann nicht mehr lange dauern.“
Nach drei Stunden reitet Farael einen Hügel hinauf und gibt einen Schuss in die Luft ab.
„Wir sind da!“, ruft Mohamed. „Wir sind angekommen! Da drüben ist der Tempel!“
Verschwommen erkenne ich die Umrisse einiger Häuser. Sie scheinen in schlechtem Zustand zu sein, manche sind regelrecht verfallen. Sie erinnern mich an die Stiftung nach der Explosion, obwohl das hier das Ergebnis des Laufs der Zeit ist. Es ist praktisch eine einzige Ruine. Einige Mauern sind aus Stein, andere aus Lehm. Nur ein paar Holzbalken sind noch zu sehen. Der Wind wirbelt Staub auf. Bald wird er das verlassene Dorf hinweggeweht haben.
„Wie fühlst du dich, Arturo?“, fragt mich Metáfora. „Geht es dir gut?“
„Ich bin tief bewegt. Und sehr aufgeregt. Lass mich nicht alleine!“, bitte ich sie.
„Keine Sorge, ich bleibe bei dir“, beruhigt sie mich.
„Hier ist meine Mutter gestorben. Jetzt werde ich die Wahrheit erfahren. Endlich!“
„Abwarten, Arturo! Es könnte sein, dass die Vergangenheit hier keine Spuren hinterlassen hat.“
„Doch, Metáfora“, sage ich. „Ich spüre es. Es hängt in der Luft, am Staub, in der Atmosphäre … Ich kann die Vergangenheit förmlich riechen …“
V
D ER K ÖNIG WIRD VERWUNDET
A LS A RTURO AUF den Platz schaute, wo die Krönungszeremonie stattfand, erstarrte er: König Aquilion lag in einer Blutlache auf dem Boden. In seiner Brust steckte das alchemistische Schwert!
„Nein!“, schrie er verzweifelt. „Das ist nicht möglich!“
Arquimaes und Arquitamius beugten sich über den Monarchen und versuchten vergeblich, ihn wiederzubeleben. Arturo lief zu ihnen, blass und verstört. Irgendwie fühlte er sich
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