Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schwarze Bruderschaft

Die schwarze Bruderschaft

Titel: Die schwarze Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
den
geheimen Zugang zur Grabkammer. Sie wären dort unten kaum
gefunden worden. « Das stimmte. Mike beugte sich wieder über
das Geschöpf und betrachtete es eine Weile, und dann fiel ihm
etwas ein, was er vorhin beobachtet hatte, ohne ihm vielleicht
die entsprechende Bedeutung zuzumessen. »Luft«, sagte er.
»Wie?«
»Luft«, wiederholte Mike. »Als der Behälter aufgeplatzt ist,
kamen Luftblasen heraus. « Plötzlich war er sehr aufgeregt.
»Vielleicht sind es gar keine Särge, Singh! Was, wenn... «
Der Gedanke war so phantastisch, daß es ihn hörbare
Überwindung kostete, ihn auszusprechen. »Was, wenn sie alle
noch leben?«
Singh starrte ihn aus aufgerissenen Augen an und wollte etwas
erwidern, aber Mike fuhr hastig fort: »Das ist die Erklärung,
Singh! Sie sind nicht tot, versteh doch! Dieses Geschöpf hier ist
gestorben, weil der Behälter aufgeplatzt und es ertrunken ist,
aber all die anderen sind vielleicht noch am Leben!«
Singh sagte nichts
- Mikes Theorie war die einzige, die
überhaupt Sinn ergab, und trotzdem warf ihre Entdeckung
tausendmal mehr Fragen auf, als sie beantwortete. Sie waren
beide noch viel zu verblüfft und erschüttert, um einen klaren
Gedanken zu fassen. Nach einer Weile stand Mike auf und
deutete in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Gehen
wir zurück«, sagte er. »Mit ein bißchen Glück hat Yasal noch
nicht gemerkt, was passiert ist. Vielleicht fällt ihm gar nicht auf,
daß einer der Behälter fehlt. « »Ihr wollt ihn einfach hier
zurücklassen?« »Mir ist auch nicht wohl dabei«, antwortete
Mike. »Aber hast du vielleicht eine bessere Idee? Ich weiß
nicht, was er tut, wenn er herausfindet, was passiert ist, und
ehrlich gesagt: Ich will es auch nicht wissen. « Aber er würde es
herausfinden, das war ihnen beiden klar. Schließlich war es
unmöglich, vor Yasal irgend etwas geheimzuhalten.
Als hätte es nur dieses Stichwortes bedurft, tauchte in diesem
Moment eine schwarzgekleidete Gestalt aus der Dunkelheit
hinter ihnen auf. Mikes Herz machte einen entsetzten Sprung.
Yasal kam so schnell näher, daß an eine Flucht nicht einmal zu
denken war. Mikes Gedanken überschlugen sich.
»Yasal!« sagte er. »Es tut mir leid. Es ist meine Schuld, ich...
ich war einen Moment unaufmerksam, und -« Yasal ignorierte
ihn. Mit zwei, drei raschen Schritten war er neben ihm, stieß ihn
unsanft beiseite und ließ sich neben dem aufgeplatzten weißen
Kokon auf die Knie sinken. Seine Hände streckten sich nach der
reglosen Gestalt in seinem Inneren aus, aber wie Singh zuvor,
stockte er kurz, bevor er sie wirklich berührt hätte.
Wie Yasal so im Sand kniete und sich über das leblose
Geschöpf beugte, empfand Mike nichts anderes als ein
plötzliches, sehr heftiges Mitleid mit ihm. Bisher hatte er nicht
einmal gewußt, ob die unheimlichen Schwarzgekleideten
überhaupt in der Lage waren, menschliche Gefühle zu
empfinden (und um ehrlich zu sein, er hatte es bezweifelt), aber
jetzt spürte er sehr deutlich, daß Yasal um das tote Wesen
trauerte wie um einen Freund.
»Es tut mir wirklich leid«, sagte er noch einmal. »Ich wollte
das nicht, das mußt du mir glauben. Es war ein Unfall. «
Yasal hob langsam den Kopf und sah ihn an. Mike konnte
sein Gesicht auch jetzt nicht erkennen, aber plötzlich wußte er,
wieso ihm die Augen immer so unheimlich und fremd
vorgekommen waren. Es waren nicht die Augen eines
Menschen. Was hinter dem schwarzen Tuch sichtbar war, das
waren die gleichen, pupillenlosen Riesenaugen wie die des toten
Geschöpfes vor ihnen. »Laß uns zurückgehen«, sagte Mike.
»Wir müssen die anderen noch bergen. Ich schwöre dir, daß ich
vorsichtiger sein werde. « Yasal rührte sich nicht. Mike hatte
plötzlich ein schlechtes Gewissen, als er daran dachte, daß er
noch vor ein paar Augenblicken ernsthaft vorgehabt hatte, das
tote Wesen einfach so zurückzulassen. Und er schämte sich ein
wenig. »Singh und ich bringen ihn zurück«, sagte er. Als Yasal
nicht reagierte, beugte er sich herab und wollte das Geschöpf
aus seinem Behälter nehmen. Yasal versetzte ihm einen Stoß,
der ihn zurücktorkeln ließ. Er fiel, landete unsanft auf dem
Rücken und sah noch im Fallen, wie Singh herumfuhr, um sich
auf Yasal zu stürzen. »Nicht, Singh!« schrie er.
Tatsächlich hielt sich Singh im letzten Augenblick zurück
-
wohl auch, weil ihm selbst klar wurde, wie wenig er hätte
ausrichten können. Trotzdem fuhr Mike in hastigem Ton fort:
»Ich glaube, er will uns damit

Weitere Kostenlose Bücher