Die Schwarze Festung
Kopf drehte. Obwohl sie es sich im Grunde hätte denken können, erschrak Charity. Der Weltraum über ihnen war nicht mehr leer. Mehr als ein Dutzend der großen Gleiter der Moroni war über dem Horizont der Orbit-Stadt erschienen, und noch während sie hinsah, gesellten sich drei weitere Flugscheiben hinzu. Charity blickte mit einer Mischung aus Zorn und Verzweiflung zu der kleinen Armada hinauf. Es gehörte nicht sehr viel Phantasie dazu, sich zu denken, warum diese Schiffe dort oben aufgetaucht waren. Die Flotte wuchs immer weiter. Sie gab es bald auf, die Schiffe zählen zu wollen, schätzte aber, daß ihre Zahl binnen weniger Augenblicke auf über fünfzig gestiegen war. Doch irgend etwas ...stimmte nicht. Charity war plötzlich nicht mehr sicher, daß diese Schiffe wirklich gekommen waren, um sie und die anderen zu töten. Plötzlich blitzte es über ihnen auf. Ein dünner, harmlos aussehender Lichtfaden griff von der Oberfläche der Orbit-Stadt aus nach einem der Schiffe, durchbohrte es und ließ es in einer orangefarbenen Feuerwolke explodieren. Und noch ehe die grellen Flammen in der luftleeren Weite des Weltalls auch nur ganz erloschen waren, detonierte eine zweite, eine dritte und schließlich eine vierte Flugscheibe. Dann feuerten die Gleiter zurück. Eine ganze Salve kurzer, unerträglich greller Laserblitze schlug in die Oberfläche der Orbit-Stadt ein. Der Explosionspunkt lag weit außerhalb ihres Blickfeldes, aber Charity konnte das lang anhaltende Vibrieren und Zittern spüren, das die gesamte, riesige Station erschütterte. »Was geht da vor?« fragte Skudder fassungslos. Wie um Charity eine Antwort abzunehmen, wurde die Schwärze des Weltalls über ihnen in diesem Moment abermals von dem grellen Weiß der Lasersalven durchbrechen. Aber diesmal feuerten die Gleiter nicht auf die Orbit-Stadt, sondern auf eine Gruppe anderer Gleiter, die in einer weit auseinandergezogenen Formation herangerast kamen. Zwei von ihnen explodierten auf der Stelle, ein dritter geriet ins Trudeln, einen Schweif aus glühendem Gas hinter sich herziehend, und verschwand dann aus ihrem Blickfeld. Kaum eine Sekunde später erbebte die Basis unter einem ungeheuren Schlag. Greller Feuerschein löschte für einen Moment das Dunkel des Weltalls aus. »Sie ... kämpfen miteinander«, murmelte Charity. »Wunderbar«, sagte Skudder. »Dann sollten wir machen, daß wir weiterkommen, solange sie damit beschäftigt sind, sich gegenseitig umzubringen.« Sie wußte, daß er recht damit hatte. Trotzdem hob sie noch einmal den Blick. Der Kampf tobte mit unverminderter Heftigkeit, aber die beiden Gleiterformationen hatten sich mittlerweile so ineinander verkeilt, daß sie unmöglich sagen konnte, wer zu wem gehörte. Automatisch fragte sie sich, wie die Moroni Freund und Feind unterschieden – oder ob sie es überhaupt taten. Über ihnen schien das gesamte Weltall in Flammen zu stehen, als sie die runde Schleuse auf der Unterseite des Shuttles erreichten. French streckte die Hand nach dem Hebel aus, zog sie dann noch einmal zurück und richtete sich nervös auf. Charity registrierte seinen Blick und beeilte sich, an seine Seite zu kriechen. »Es ... es wäre vielleicht besser, wenn ich zuerst hineinsteige«, sagte er stockend. »Die anderen könnten ... erschrecken.« Charity nickte. »Gut. Aber bitte – beeilen Sie sich.« French machte eine nervöse, zustimmende Geste und wandte sich dann hastig wieder dem primitiven Öffnungsmechanismus der Schleuse zu. Charity wich vorsichtig ein Stück zurück, als die Tür wie das Turmluk eines Unterseebootes nach außen schwang, warf aber trotzdem einen Blick in die dahinterliegende Kammer. Sie war winzig. Wahrscheinlich hätte sie ohnehin Schwierigkeiten bekommen, sich zusammen mit French hineinzuquetschen. Die Wände bestanden aus groben, unsauber zusammengeschweißten Eisenplatten. Skudder und auch Gurk blickten sie verblüfft an, als sie beobachteten, wie sich French in die winzige Kammer hineinzwängte und das Tor dann hinter sich schloß. »Was soll das?« fragte Skudder. »Laß ihm einen Moment Zeit, mit seinen Leuten zu reden«, sagte Charity. »Oh, sicher«, murrte Skudder. »Machen wir es uns inzwischen hier gemütlich und trinken einen Kaffee.« Charity antwortete nicht darauf. Sie verstand Skudders Nervosität nur zu gut, aber sie konnte sich auch vorstellen, welchen Schock es für Frenchs Leute bedeutet hätte, wäre sie einfach zusammen mit ihm in den Hort
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