Die schwarze Hand des Todes
er vertrauen konnte. Der eine war für den anderen da, man unterstützte sich gegenseitig. Das war ein ungeschriebenes Gesetz bei der Polizeitruppe, eine der ersten Lektionen, die man lernte, wenn man seinen Diensteid als Constable ablegte. Es ging einem in Fleisch und Blut über, auch wenn in keinem Polizeihandbuch etwas darüber zu lesen war.
Als sie vor einigen Wochen bei einer Razzia auf ein umgebautes Lagerhaus am Stadtrand von Edendale eine kleine Drogenfabrik ausgehoben hatten, da hatte Weenink sich als Mann an Coopers Seite bewährt. Einer der Verdächtigen war plötzlich mit einer Spitzhacke auf die Beamten losgegangen, aber er war nicht schnell genug, und sie hatten ihn mit vereinten Kräften festgenommen, ohne dass jemand zu Schaden kam.
Cooper dachte an seine Verabredung mit Helen Milner. Noch eine Stunde, dann konnte er dem Rugbyclub den Rücken kehren. Helen und er hatten sich noch nicht entschieden, was sie unternehmen wollten. Wahrscheinlich würden sie spazieren gehen, um den Lärm aus dem Kopf zu kriegen. Danach konnten sie noch auf einen gemütlichen Drink im Light House einkehren und später irgendwo in einem Restaurant essen. Im Light House waren sie auch damals bei ihrer allerersten Verabredung gewesen. Es war erst gut zwei Monate her, dass sie sich im Haus von Helens Großeltern wieder begegnet waren und eine Beziehung wieder aufgenommen hatten, die einmal als Schulfreunde begonnen hatte. Aber der Neuanfang war nicht ohne Komplikationen geblieben. Wie alles im Leben.
Im Korridor des Clubhauses roch es nach Schweiß, Lehm, Desinfektionsspray und Einreibemitteln. Dave Rennie half Cooper, die Kabine der Gastmannschaft mit Bier zu versorgen. Doch dann meldete sich sein Piepser.
»So ein Mist. Hat man denn nie seine Ruhe?«
Während der Sergeant zum Telefon ging, fiel Coopers Blick in die Umkleidekabine, durch deren auf- und zuschwingende Tür Spieler und Fans wogten. Es herrschte ein unbeschreibliches Gedränge. Todd Weenink, der gerade aus der Dusche gekommen war, stand mitten in der ausgelassen feiernden Meute und trocknete sich ab. Ein kraftvoller Körper, ein Fels in der Brandung.
Weenink hatte bereits das erste Bier vor sich. Unglaublich, was für eine Kondition der Mann hatte. Er war erst in letzter Sekunde zum Spiel erschienen, als sich alle anderen längst umgezogen hatten und sich unter Verwünschungen damit abgefunden hatten, mit einem Mann weniger antreten zu müssen. Bestimmt war Weenink nach einer durchzechten Nacht irgendwo in einem fremden Bett aufgewacht und hatte das Rugbyspiel total vergessen.
Cooper schüttelte den Kopf und versuchte sich gegen die ungebetenen Gedanken zu wehren, die ihm mit einem Mal in den Sinn kamen. Aber vergeblich, der Unterschied zwischen seinem neuen Partner Weenink, einem Mann von zupackender Geradlinigkeit, und seiner letzten Partnerin, der ehrgeizigen Diane Fry, die es inzwischen bis zum Sergeant gebracht hatte, war einfach zu groß.
Cooper dachte nur ungern an die Zeit mit Diane zurück. Dabei wurden schmerzhafte Erinnerungen wach, die er bis heute noch nicht einmal ganz begriff. Aber er hatte den Verdacht, dass er selbst an den Missstimmigkeiten nicht ganz unschuldig gewesen war.
Nach einiger Zeit fiel ihm auf, dass Dave Rennie nicht wieder in die Bar zurückgekommen war. Auch Todd Weenink konnte er in dem dunstigen Durcheinander der Umkleidekabine nicht mehr ausmachen. Obwohl er so dicht neben einem der Spieler stand, dass er ihm auf die Schulter tippen konnte, musste er schreien, um sich verständlich zu machen.
»Hast du Todd Weenink gesehen?«
»Der ist nicht mehr da. Dave Rennie musste dringend weg und hat Todd mitgenommen. Sie waren ziemlich in Eile. Todd hatte noch nicht mal Zeit, sich seine Hose richtig anzuziehen.«
»Im Ernst?«
»Aber klar. Ich habe es selbst gesehen, sein Arsch hing noch raus. Haben sie dich vergessen?«
Coopers Miene verdüsterte sich. »Ich habe keine Bereitschaft. Die Zentrale hätte mich nicht angefordert.«
»Sei doch froh. Dann kannst du dir wenigstens ein paar Bierchen hinter die Binde kippen.«
»Ein paar Bierchen, ja. Was gibt es Schöneres?«
Plötzlich war Coopers gute Laune wie weggeblasen. Es war ein Gefühl, als ob er einen Korb bekommen hätte. Wenn es Arbeit gab, dann wollte er seinen Teil beitragen, er wollte zum Team gehören. Warum musste Loyalität so schwierig sein? Wann würde er endlich lernen, dass er nur dem Loyalität schuldete, der sie auch verdiente? Er hätte sich die
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