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Die schwarze Kathedrale

Die schwarze Kathedrale

Titel: Die schwarze Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Palliser
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Gestalt anzunehmen. Mit meiner Theorie hinsichtlich eines Bruders lag ich falsch, aber ich war damit der Wahrheit nahe genug gekommen, um Fickling zu erschrecken. Ich war mir ganz sicher, daß Perkins unschuldig war, und deshalb mußte ich etwas finden, was meine neue Hypothese bestätigte. Die Schlüssel zum Haus des Opfers wären der beste Beweis, denn sie konnten nicht vernichtet, sondern mußten weggeworfen oder irgendwo versteckt werden.
    Als ich die Treppe hinunterging, fiel mein Blick auf die Großvateruhr, die vollkommen falsch ging. Es fiel mir wieder ein, daß sie schon vorher nicht richtig gegangen war. Wie die des alten Mr. Stonex! Ich stellte die Tasche und die Kerze auf den Fußboden, öffnete den Uhrenkasten und tastete nach den Gewichten. An einem von ihnen war etwas befestigt. Ich hob es an und fand einen Schlüsselbund. Im ersten Augenblick glaubte ich, den Mordfall gelöst zu haben. Dies waren die Schlüssel, mit denen der Mörder gestern nachmittag das Haus des Opfers verlassen und die Tür hinter sich abgesperrt hatte. Der Gedanke, welche Lawine ich mit diesem Fund auslösen würde, erschreckte und entsetzte mich. Ich würde Fickling und noch einige andere Leute vernichten, aber ich würde auch einen Unschuldigen vor dem Galgen retten. Ich stellte fest, daß ich Ficklings Schande und Bestrafung mit Gleichmut auf mich zukommen sah. Er hatte mich betrogen und benutzt, er hatte unsere frühere Freundschaft, unsere jugendliche Zuneigung zueinander, schamlos mißbraucht. Er hatte mich behandelt wie einen Narren. Ich bezweifelte, daß er für das, was er getan hatte, gehenkt werden würde, und ich ging nicht so weit, es zu hoffen. Aber er hatte ein entsetzliches Verbrechen begangen – oder zumindest Beihilfe geleistet –, und die Gerechtigkeit mußte ihren Gang nehmen. Ich löste die Schlüssel vom Gewicht und betrachtete sie im trüben Kerzenschein. Es waren zwei Schlüssel an einem Ring, von denen der größere offensichtlich ein Hausschlüssel war. In einer plötzlichen Eingebung ergriff ich die Kerze, eilte die Treppe hinunter und probierte den Schlüssel an der Haustür aus. Er paßte. Es war also nicht der Schlüssel zum neuen Dekanat. Ich war furchtbar enttäuscht. Natürlich wäre es sinnlos gewesen, wenn der Mörder die Schlüssel aufbewahrt hätte; bestimmt hatte er sie so schnell wie möglich weggeworfen, nachdem er das neue Dekanat verlassen hatte.
    Der zweite Schlüssel war zu klein für eine Haustür und gehörte vermutlich zu einem Schrank. Einem Schrank! Plötzlich sah ich Fickling wieder vor mir, wie er am Dienstag abend die Treppe heraufgestiegen war, als ich aus meinem Zimmer herunterkam. Hatte er womöglich den Schlüssel wieder in sein Versteck gebracht, nachdem er das mysteriöse Päckchen eingeschlossen hatte? Ich eilte mit der Kerze ins Wohnzimmer. Der Schlüssel paßte zum Schrank, und die Tür ließ sich mühelos öffnen. Eines der Dinge, die sich in dem Schrank befanden, sah wie ein Päckchen aus. Ich öffnete es und mußte erst mehrere Schichten Papier entfernen, bevor ich den Inhalt im Kerzenschein begutachten konnte. Was ich sah, fand ich auf den ersten Blick überraschend, dann jedoch eher abstoßend. Was ich da vor mir hatte, war von einem bestimmten Gesichtspunkt aus sehr hübsch und konnte vollkommen harmlos sein, und doch wußte ich aus allerlei Andeutungen und zufällig mitgehörten Bruchstücken von Unterhaltungen, daß es weit davon entfernt war. Ich möchte jetzt nicht mehr dazu sagen, als daß es sich um photographische Platten handelte. Vieles, das ich gehört, mitbekommen, gesehen oder erraten hatte, wurde damit erklärt und bestätigt. Mir blieb wenig Zeit zu entscheiden, was ich damit anfangen wollte. Einerseits hatte ich kein Recht, die Platten einfach an mich zu nehmen, auf der anderen Seite hatte Fickling ebensowenig das Recht, sie in seinem Besitz zu haben. Aber auch der Eigentümer hatte nicht das Recht, sie zurückzuerhalten, da derartige Photographien gar nicht erst aufgenommen werden dürften. Wenn Fickling merkte, daß sie nicht mehr da waren, würde er wissen, daß ich sie an mich genommen hatte, doch diese Überlegung durfte mich nicht abhalten. Was, um Himmels willen, sollte ich also damit machen?
    Ich verschloß das Päckchen wieder, nahm einen Bleistift vom Tisch und schrieb außen auf das Papier: »An den Dekan, zur persönlichen Kenntnisnahme.« Obwohl ich nur eine vage Vorstellung davon hatte, welche Folgen mein Eingreifen haben könnte,

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