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Die schwarze Kathedrale

Die schwarze Kathedrale

Titel: Die schwarze Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Palliser
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seines Wunsches, mich zu verletzen. Und das war es, was mich in meinem Alptraum so entsetzt hat: das Gefühl des Bösen.«
    »Möchten Sie mir Ihren Traum nicht erzählen? Ich habe festgestellt, daß das oft hilft, die Nachwirkungen eines Alptraums zu vertreiben.«
    »Es wäre sehr unfreundlich, Sie damit zu belasten.«
    »Ihr Traum interessiert mich aber wirklich. Ich würde ihn gerne hören, Dr. Courtine. Aber gehen wir doch ins Wohnzimmer hinüber und trinken dort unseren Kaffee.«
    Wenige Minuten später saßen wir vor einem fröhlich flackernden Feuer auf einem großen Sofa in dem hell erleuchteten Raum. Meine Gastgeberin drängte mich, mein Versprechen zu halten.
    »Es war ein sehr seltsamer Traum«, begann ich. »Ich hatte meine Arme fest um ein eigenartiges Wesen geschlungen, um etwas, von dem ein entsetzlich abstoßender Geruch ausging. Meine Augen waren geschlossen. Irgendwie schien ich mit dem Wesen zu kämpfen. Ich befand mich irgendwo hoch oben. Ich glaube, ich lag auf einem Bett. Vor dem Fenster schrien Vögel. Das Schlimmste war, daß ich überzeugt war, dieses Monster habe eine Art Anspruch auf mich. Es war fast ein Teil von mir selbst. Um mich zu retten, riß ich mir in meiner Verzweiflung einen Arm aus, oder so etwas Ähnliches wie einen Arm, mehr einen Flügel oder Tentakel, und mein linker Arm schmerzte. Dann wachte ich auf, aber nur in meinem Traum, obwohl ich dachte, ich sei wirklich erwacht, und stellte fest, daß ich auf meinem Sofa in meiner Wohnung im College lag. Eine entsetzliche, abgrundtiefe Verzweiflung hatte mich erfaßt. In meinem Leben hat es einmal eine Zeit gegeben, in der ich auf diesem Sofa geschlafen habe; und es war nicht gerade die glücklichste Zeit meines Lebens. Dann wachte ich wirklich auf und fand, wie ich glaubte, meinen eigenen abgetrennten Arm unter mir. Er war eingeschlafen und vollkommen gefühllos.«
    Sie erschauerte voller Mitgefühl. »Alpträume sind wie Geier, die sich immer dann auf uns stürzen, wenn wir gerade besonders verletzlich sind.«
    »Ich habe seit meiner Ankunft in dieser Stadt schlecht geschlafen. Ich werde froh sein, wenn ich endlich abreisen kann!« Morgen würde ich eine lange Fahrt mit der Eisenbahn machen und von einem Ort, an dem ich unerwünscht war, zu einem anderen reisen, an dem man mich ebensowenig haben wollte. »Entschuldigen Sie. Das war schon wieder arg unhöflich von mir.«
    »Aber nein. Sie freuen sich doch sicher auf Weihnachten, und die Kinder sind doch bestimmt schon ganz aufgeregt über die Aussicht, ihren Onkel wiederzusehen.«
    »Um die Wahrheit zu sagen: Ich fürchte mich davor.«
    Wenn sie überrascht war, dann zeigte sie es nicht. Mrs. Locard wartete, daß ich weitersprach, und in ihrem Gesicht stand soviel Mitleid, das sich so sehr von einfacher Neugier unterschied, daß ich fortfuhr: »Sie sind so glücklich mit ihrem Neugeborenen, und sie lieben sich so sehr, daß ich genau weiß, daß sie mich eigentlich nicht bei sich haben wollen. Sie bitten mich jedes Jahr, zu kommen, weil es ihnen leid täte, wenn ich an Weihnachten alleine wäre.«
    »Sie möchten Sie ganz bestimmt wirklich gerne bei sich haben. Ganz bestimmt!«
    »Warum sollten sie das wollen?«
    »Ich glaube, daß Sie ein sehr freundlicher Mensch sind. Wohlmeinend und ehrenhaft. Verzeihen Sie mir, wenn ich mir anmaße, so etwas zu sagen, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß Sie keine Freunde haben sollten, die Sie lieben.«
    Ich lächelte. »Ein paar alte Kollegen vom College, die ebenso verstaubt und langweilig sind wie ich selbst. Aber ich glaube nicht, daß ›Liebe‹ das richtige Wort für unsere Gefühle füreinander wäre. Ich hätte bei ihnen im College bleiben sollen wie sonst auch und mich nicht meiner Nichte aufdrängen dürfen. Es ist schlimm, wenn das Glück anderer einen traurig stimmt. Man fühlt sich dann auch noch schuldig, weil man ihnen ihr Glück neidet.«
    »Es wäre unnatürlich, keine solchen Gefühle zu haben«, wandte sie ein. »Aber das ist noch lange nicht dasselbe, wie jemandem Unglück zu wünschen.«
    »Nein, nein. Ich wünsche niemandem etwas Böses. Ich wünsche nur mir selbst ein bißchen mehr Glück. Als ich jung war, wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, daß ich mit fast fünfzig Jahren so wenig davon haben könnte. Ich dachte, daß alles, was ich mir wünschte, irgendwann schon eintreten würde. Und dann habe ich meine einzige Chance verspielt.«
    Ich bedauerte dieses Geständnis, noch bevor ich die Worte zu

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