Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
Horrors?«
»Hamilton«, sagte Asquith und wirbelte herum, »du gehst völlig am Kern der Sache vorbei.«
»Du hast eine Zukunft, Timothy.« Er zitterte innerlich vor Aufwallung von Zuneigung zu ihm, die es ihm schwer machte zu sprechen. »Man wird dich in ein Krankenhaus bringen, und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um dir zu helfen. Du verdienst meine Hilfe. Und die Wahrheit ist – wir können einander helfen.« Einen Augenblick lang konnte Speke nicht fortfahren. »Das neue Stück geht nicht recht voran, das Stück über uns beide, über unser gemeinsames Leben.«
»Die schwarze Katze gehörte mir«, sagte Asquith.
Das Sprechen fiel ihm schwer. »Ich weiß, daß…«
»Aber du kannst es haben.« Er sah Speke an, als denke er über dessen letzte Worte nach. »›In ein Krankenhaus bringen‹«, spottete Asquith. »Weißt du eigentlich, daß ich einmal so viel Aquavit getrunken habe, daß ich einen Atemstillstand hatte? Als ich wieder wach wurde, waren meine Lungen voller Flüssigkeit. Sie mußten mir praktisch ganz von vorn wieder beibringen, wie man atmet. Ich war zu diesem Zweck an ein spezielles Gerät angeschlossen. Dann mußte ich lernen, wieder so tief einzuatmen, daß drei kleine blaue Bälle in ihren Plastikrohren aufstiegen. Ein Spielzeug, um zu verhindern, daß die Patienten eine Lungenentzündung bekommen. Du hast keine Vorstellung davon, wer ich bin, was ich getan habe und was ich jetzt tue«, sagte Asquith in einem Tonfall, der Erstaunen ausdrückte.
»Du könntest noch etliche Jahre vor dir haben, Timothy. Eine Zukunft. Du kannst noch haben, was jede menschliche Kreatur mit Recht vom Leben erwartet…«
»Du verstehst nicht«, schnarrte Asquith und packte den glänzenden Feuerhaken. Er schlug den eisernen Griff auf den Tisch, daß der ganze Raum zu erzittern schien. Auf dem Schreibtisch blieb eine Kerbe zurück, ein heller Fleck auf der dunklen Oberfläche. »Du verstehst überhaupt nichts von dem, was mich betrifft. Ich bin nicht der alte Timothy Asquith, dein Freund. Nicht mehr. Ich bin jetzt etwas ganz anderes, ein Etwas, das haben will, was es nicht bekommen kann.«
Er ließ den Feuerhaken nicht wieder los. Er hielt ihn in einer seiner zerstörten Fäuste. Speke erhob sich ebenfalls langsam.
Das Stück Eisen schwebte in der Luft wie ein Schwert oder wie der Stab eines Zauberkünstlers, als gehorche es einem eigenen Willen und nicht Asquith, während er fortfuhr: »Ich habe dich geliebt, Hamilton. Und du weißt nicht einmal, was das heißt, oder? Denk darüber nach: Liebe.«
Speke beobachtete den Feuerhaken. Getrieben von der Notwendigkeit, Asquith abzulenken, und dem Verlangen, es endlich zu erfahren, fragte er: »Diese kleinen Frösche –
erinnerst du dich noch an sie? Sie waren real, nicht wahr?«
»Vielleicht bist du der einzige Mensch, den ich je wirklich geliebt habe. Hamilton Speke.« Asquith schüttelte langsam den Kopf. »Ich gebe es auf, Hamilton. Ich ziehe mich endgültig zurück. Ich höre auf, ein menschliches Wesen zu sein. Ich möchte etwas anderes sein, eine andere Art von Kreatur, etwas viel Lebendigeres.« Wieder wandte er sich ab und starrte aus dem Fenster, die Augen nach oben gerichtet.
Da draußen ist etwas, sagte Speke sich selbst.
»Ja«, sagte Asquith. »Ich glaube, die Frösche waren wirklich da.«
Da draußen ist etwas, das Asquith Sorgen macht.
»Gefällt dir dieser letzte Monolog nicht, Hamilton? Erinnere dich an Stanislavskis Warnung: ›Hat meine Imagination auch Initiative?‹ Ich hätte nicht tun können, was du getan hast. Ich konnte nie auch nur eine einzige Szene zu Ende bringen, geschweige denn einen ganzen Akt. Die ganzen Spiele so umzuschreiben, daß sie im grellen Rampenlicht bestanden und nicht durchfielen. Das Leben in ein Kostüm stecken. Einem zweitrangigen Publikum eine Frage nach der anderen beantworten und auch noch an die Antworten glauben – nein, das hätte ich nicht gekonnt. Die Stücke gehören dir, die Songs
– alles. Du hast sie verdient.«
Speke konnte kaum noch flüstern. »Wo ist Maria?«
»Sie ist rundum glücklich.«
Er vermochte kaum noch zu fragen. »Wo ist sie?«
Asquith setzte einen weltentrückten Blick auf, einen Blick, wie ihn wohl nur ein Schauspieler beherrscht, so als höre er ein weit entferntes Klingen, ein Warnsignal, einen Ruf, der nur in den leeren Stellen im Manuskript lebt.
Was, so fragte sich Speke, mochte er wohl hören.
Als Asquith wieder sprach, sagte er: »Sie ist direkt da
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