Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
Fanden die Gefangenen sich erst einmal mit ihrem Schicksal ab, und dazu brauchte es nicht mehr als dieses Boot und zu jeder Seite mehr als eine Meile Wasser, dann konnten sich die Seeräuber um die dringendere Aufgabe kümmern, die Beute sicher in ihr Lager zu bringen. Nachdem sie einmal an Bord waren, hatte keiner mehr Hand an Cadfael gelegt. Niemand schenkte Heledd weiter Aufmerksamkeit. Sie hatte sich mit angezogenen Knien im Heck gegen einen Pfosten gehockt, wo der junge Anführer der Dänen sie abgesetzt hatte, abweisend die Arme um sich gelegt und ihren Rock um sich gezogen. Keiner hatte Sorge, daß sie über Bord springen und versuchen würde, nach Anglesey zu schwimmen; die Waliser waren nicht als bemerkenswerte Schwimmer bekannt. Niemand hatte Interesse, die beiden zu beleidigen oder ihnen etwas anzutun. Sie stellten einfach einen Wert dar, der unversehrt bleiben mußte, um sich später noch bezahlt zu machen.
    Um sich genauer umzuschauen, ging Cadfael auf dem Mittelgang zwischen der verstauten Beute aus Fleisch und anderem Proviant durch das lange, schmale Schiff und besah sich neugierig die Einzelheiten der Bauweise. Nicht einer der Ruderer hielt im ständigen Heben und Durchziehen der Riemen inne oder blickte sich auch nur um, als Cadfael vorbeiging. Das Schiff war für die Geschwindigkeit gebaut, schlank wie ein Windhund, vielleicht achtzehn Schritte lang und nicht mehr als drei oder vier breit. Cadfael zählte auf jeder Seite zehn nach außen abgedichtete Bordplanken übereinander, mittschiffs war das Boot sechs Fuß tief, und der Mast ließ sich umlegen.
    Cadfael bemerkte auch die Eisennieten, die die Planken aus Eichenbohlen zusammenhielten. Das Boot war in stabiler Klinkerbauweise gefertigt, hatte kaum Tiefgang und war leicht genug, um Schwung und Schnelligkeit zu entwickeln. Bug und Heck waren identisch gestaltet, um ohne Wende manövrieren zu können, ideal, um nahe an den Strand zu gelangen und in den Dünen von Abermenai zu landen. Das Schiff hatte keinen Raum für eine größere Ladung; dafür wäre ein geräumiges, seetüchtiges Handelsschiff nötig gewesen, langsamer und stärker von einem Segel abhängig, mit wenigen Ruderern, die nur dazu da wären, um es bei Windstille außer Gefahr zu bringen. Hier war das Segel noch rechteckig wie bei allen Schiffen, die die nördlichen Gewässer befuhren. Die zweimastigen Schiffe mit Lateinersegel, im Mittelmeer seit langer Zeit allgemein verbreitet, waren diesen nordischen Seefahrern noch unbekannt.
    Cadfael war zu sehr in seine Beobachtungen vertieft gewesen, um zu bemerken, daß er selbst ebenso kundig und neugierig von einem leuchtenden Paar blauer Augen beobachtet wurde, die ihn unter fragend hochgezogenen, buschigen blonden Augenbrauen anschauten. Dem jungen Anführer der Seeräuber war nichts entgangen, und offenbar wußte er diese Besichtigung seines Schiffs zu schätzen. Er wandte sich von dem Steuermann, neben dem er gestanden hatte, ab, um Cadfael auf dem Mittelgang zu treffen.
    »Kennst du dich mit Schiffen aus?« wollte er wissen, interessiert und überrascht, solch ungewöhnliche Kenntnisse bei einem Benediktinermönch vorzufinden.
    »Früher mal. Es ist lange her, daß ich zur See gefahren bin.«
    »Du kennst die See?« setzte der junge Mann nach und strahlte vor vergnügter Neugier.
    »Die See hier nicht. Aber das Mittelmeer und die englische Ostküste habe ich früher gut gekannt. Ich bin erst spät ins Kloster gegangen«, erklärte er und konnte sehen, wie sich die blauen Augen seines Gegenübers weiteten, wie sie einen glitzernden Ausdruck freudigen Erstaunens annahmen, eine funkelnde, vergnügte Anerkennung, die eine Art Wärme ausstrahlte.
    »Bruder, du hast gerade selbst dein Lösegeld hochgetrieben«, bekannte der junge Wikinger freimütig. »Ich hätte Lust, dich hier zu behalten, um mehr zu erfahren.
    Seefahrende Mönche sind seltene Vögel. Mir ist noch keiner begegnet. Wie nennt man dich?«
    »Ich heiße Cadfael, und ich bin geborener Waliser und Mönch in der Abtei Shrewsbury.«
    »Wer so offen seinen Namen nennt, hat es verdient, daß ich ihm meinen sage. Ich bin Turcaill, Sohn von Turcaill, aus der Sippe von Otir, der dieses Unternehmen führt.«
    »Weißt du auch, um was hier gestritten wird? Zwischen zwei Waliser Fürsten? Weshalb stellst du, wo die beiden ihre Klingen kreuzen, dich mit freier Brust zwischen sie?« fragte Cadfael ruhig und vernünftig.
    »Es geht um Geld«, sagte Turcaill gutgelaunt. »Doch sogar ohne Lohn

Weitere Kostenlose Bücher