Die schwarze Schwesternschaft - 8
sollten sie die Pferde und Chervines hinaufbringen, ganz zu schweigen von der kranken Cholayna? Sie hatten keine Uhr, aber es konnte noch nicht so sp ä t sein, wie der Himmel anzuzeigen schien. Bedeutete das, dass aus dem unwegsamen Norden ein Blizzard herunterfuhr?
Was meinst du, wie weit entfernt das Dorf ist?
Ein paar Kilometer. Wenn wir reiten k ö nnten, brauchten wir nicht mehr als zwei Stunden. Wie lange das Klettern dauern wird, weiß Gott allein , seufzte Vanessa. Vielleicht k ö nnen wir Cholayna auf ein Pferd setzen und es ü ber die schlechte Strecke f ü hren. Sie band sich die Kapuze fester ums Gesicht.
Magda hatte den Eindruck, der Wind werde heftiger und bringe den Geruch nach schwerem Schneefall mit. Sie verbannte diese Gedanken. Die unmittelbare Gegenwart war schlimm genug. Doch als sie sich der Stelle n ä herten, wo sie die drei anderen zur ü ckgelassen hatten, wurde sie von qu ä lender Angst ü berfallen. Angenommen, das Lager war leer, Jaelle und Cholayna und Camilla waren verschwunden, umgebracht von den Zauberinnen, die schon Lexie und Rafaella hier in den Bergen ins Ungl ü ck gef ü hrt hatten? Auf dem letzten Abhang angekommen, erkannte Magda einen orangefarbenen Fleck vor Felsen und Schnee – Camillas alter Reitumhang – und den Schein des Feuers. Sie stolperten ins Lager, und Magda ließ sich auf einen ausgebreiteten Schlafsack fallen. Camilla dr ü ckte ihr einen Becher mit Tee in die Hand. Nichts hatte ihrer brennenden Kehle jemals so gut getan.
Ein bisschen aufgew ä rmt (aber nicht genug) und erfrischt von dem heißen Getr ä nk, erkundigte sie sich: Wie geht es Cholayna? Jaelle neigte den Kopf in die Richtung, wo Cholayna zwischen aufgestapelten Taschen und Decken schlief. Noch dort, wo sie saßen, konnte Magda ihren rasselnden Atem h ö ren. Vanessa ging zu ihr und beugte sich nieder, um dem Ger ä usch aus der N ä he zu lauschen. Camilla fragte: Nun?
Gar nicht gut. Vanessa presste die Lippen zusammen. Sie hat Fl ü ssigkeit in den Bronchien. Ich weiß nicht genug, um feststellen zu k ö nnen, ob auch ihre Lungen befallen sind. Aber wir m ü ssen bald ein Obdach f ü r sie finden. Lasst uns beten, dass das, was wir gesehen haben, tats ä chlich ein Obdach ist.
Und ich wollte nicht, dass Vanessa mitkam. Was w ü rden wir ohne sie anfangen?
Sie berichteten, was sie entdeckt hatten, sattelten die Ponys, beluden die Chervines und banden sie zusammen. Cholayna wachte aus ihrem leichten Schlaf auf und behauptete, genau wie alle anderen zu Fuß gehen zu k ö nnen. Sie h ö rten nicht darauf und setzten sie auf ihr Pferd. Magda ergriff die Z ü gel, und sie begannen mit dem Aufstieg. F ü r den ersten Teil der Strecke brauchten sie sich wenigstens noch nicht anzuseilen.
Aber ein paar hundert Fuß oberhalb der Stelle, wo sie nach der Lawine gelagert hatten, waren Steine und Eis auf dem Boden so lose, dass Vanessa darauf bestand, sie m ü ssten sich alle anseilen.
Es tut mir Leid, Cholayna, du musst absteigen. Ich traue keinem Pferd zu, dass es hier sicher geht. Wenn du es fertig bringst, ein Chervine zu reiten .
Ich kann ganz gut laufen. Doch Cholayna konnte sich nur weiterschleppen, indem sie sich an den Sattelgurt des Chervine anklammerte. Es war ein ä lteres Weibchen, das zahmste von allen Tieren, und obwohl es unbehaglich schnaubte, protestierte es nicht. Die anderen Chervines folgten ihrer Anf ü hrerin, und auch den Pferden hatte man es ü berlassen, sich den Weg durch Eis und Ger ö ll selbst zu bahnen. Magda war klar, dass nur ein Wunder alle Tiere unbesch ä digt hin ü berbef ö rdern w ü rde. Einmal rutschte Camilla aus, und allein das straff gespannte Seil bewahrte sie vor dem Absturz. Sie stellte sich wieder auf die F ü ße und fluchte dabei atemlos in einer Sprache, die Magda kaum verstand.
Verletzt, Camilla?
Nur durchgesch ü ttelt. Sie schonte einen Fuß, aber dagegen ließ sich hier nichts unternehmen. M ü hsam kamen sie unter den niedrigen, schneeschwangeren Wolken voran. Magda, die den gleichen Weg heute schon einmal gemacht hatte, f ü rchtete, die Knie w ü rden ihr einknicken. Sie h ö rte das laute Pfeifen ihres Atems. In ihrem Kopf h ä mmerte es, ihre Ohren schmerzten, doch in ihrem Gesicht hatte sie ü berhaupt kein Gef ü hl mehr. Als provisorische Maske zog sie sich den Schal ü ber die Nase. Bald war das Kondenswasser ihres Atems gefroren, so dass sich ihr Gesicht mit einer Eisschicht bedeckte. Ihre Welt hatte sich darauf verengt, einen Schritt und
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