Die schwarze Schwesternschaft - 8
irgendeine religi ö se H ä resie verwickelt werden? Das schl ä gt alles, was ich schon von Bigotterie geh ö rt habe! Ich bin diesen Frauen dankbar, sie haben mir das Leben gerettet, haben Vanessa davor bewahrt, f ü rs Leben gel ä hmt zu werden, haben uns alle gastfreundlich aufgenommen. Trotzdem finde ich das schrecklich!
Wieder antwortete darauf die alte Frau, langsam, als versuche sie, sich Cholayna ü ber eine un ü bersteigliche Barriere hinweg verst ä ndlich zu machen.
Du bist unwissend. Diese Alte kann dir nicht in wenigen Minuten die Weisheit einer Lebensspanne geben. Aber wenn du dir nichts Schlimmeres vorzustellen vermagst, als einfach zu sterben, bist du mehr als unwissend. M ö chtest du nicht lieber sterben, als gewisse Dinge tun? Jene, deren Namen wir nicht aussprechen . Sie brach ab, runzelte die Stirn und sch ü ttelte in offenkundiger Verzweiflung den Kopf.
Wie soll ich es dir begreiflich machen? M ö chtest du nicht lieber sterben, als ein hilfloses Kind zu foltern? M ö chtest du nicht lieber sterben, als deine innerste Ehre zu verraten? Es ist die Freude jener, andere etwas tun zu sehen, dem sie, wie sie geglaubt haben, den Tod vorgezogen h ä tten, und sie tun es doch aus schwacher Furcht vor dem Sterben, weil sie ü ber den Tod nichts wissen und noch weniger glauben. Sie wurde zornig. Und ihren Namen auszusprechen, heißt, sie in deinen Geist einzuladen. Denke ruhig, diese Alte hasse dich, dass sie die Gefahr auf sich nimmt, um dich, Schwester, in deiner Unwissenheit eine Krume Weisheit zu lehren.
Magda sah Jaelle an, und pl ö tzlich fand das alles in ihrem Geist einen Zusammenhang, ob es nun Laran war oder etwas, das tiefer ging. Es stimmte mit dem ü berein, was Jaelle gestern Abend gesagt hatte: Wir werden sowieso alle sterben.
Magda dachte an die furchtbaren Dinge, die Menschen im Lauf der Geschichte ihren Mitmenschen angetan hatten, weil sie den Tod f ü rchteten: Wachposten, die ihre Br ü der und Schwestern in Konzentrationslagern zu Tode qu ä lten, die Massenschl ä chtereien der Kriege, in denen die t ö tende Partei sich rechtfertigte, sie w ä re sonst von der anderen Partei get ö tet worden, der gr ä sslichste Verrat auf Grund dieser sch ä ndlichen Furcht – Ich werde alles tun, alles, ich will nicht sterben . Es war schlimm genug, wenn Menschen B ö ses taten, weil sie es in ihrem Wahnsinn f ü r gut hielten, wie die religi ö sen Ungeheuer, die andere verbrannten, h ä ngten oder vierteilten, um ihre Seelen zu retten. Aber welche Rechtfertigung gab es f ü r jemanden, der all dies tat, nur weil die Alternative sein eigener Tod war? Einen kurzen Augenblick lang empfand Magda wilde Freude. Fast wie eine k ö rperliche Wahrnehmung durchfuhr sie die Erkenntnis, wie stark das Leben ist und wie wenig der Tod damit zu tun hat. Es war ihr alles ganz klar bewusst, ihre intensive Liebe zu Jaelle, nat ü rlich, darum habe ich mein Leben f ü r sie aufs Spiel gesetzt, ihre v ö llig andere Liebe zu Camilla. Ihre Liebe schloss auch diese l ä cherliche alte Frau ein. Sie kennt Cholayna nicht einmal, und doch riskiert sie f ü r sie das, was sie als sehr realen spirituellen Tod ansieht. Sie f ü rchtet, Acquilara und ihre Bande in ihren Kopf einzuladen, und doch tut sie es, weil sie uns liebt .
Sie k ö nnen mich nur t ö ten, und darauf kommt es nicht an. Das Sterben tut weh, nicht der Tod.
Und dann fragte sie sich, ob sie sich das alles nur eingebildet habe, denn Cholayna erkl ä rte mit angestrengter Geduld, sie glaube nicht, dass eine Gefahr dieser Art vorhanden sei.
Niemand hat mich vor eine solche Wahl gestellt. Und mit allem Respekt, ich kann nicht glauben, dass diese rivalisierenden Schwesternschaften – oder was sie sind – sich auff ü hren wie einer der alten legend ä ren Diktatoren oder Gehirnw ä sche-Experten und sie zwingen, sich zwischen Tod und Entehrung zu entscheiden. Wie absurd melodramatisch! Sie beugte sich zu der alten Frau vor und wurde sehr ernst.
Immer wenn ich Leute sagen h ö re, es gebe Dinge, die wichtiger seien als Leben und Tod, frage ich mich, wessen Leben sie aufs Spiel zu setzen planen. Selten ist es ihr eigenes.
Das zahnlose L ä cheln der alten Frau war sanft und fast verzweifelt.
Du meinst es gut, aber du bist unwissend, Tochter Chandrias. Avarra gew ä hre dir ein langes Leben, damit du die Weisheit erwirbst, die deiner Kraft und deinem guten Willen entspricht. Marisela stand auf, als sammele sie die verstreuten F ä den ihrer Diskussion
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