Die schwarze Schwesternschaft - 8
Miss Lorne?
Wie absurd das in dieser Wildnis klang! Sie dachte: Dar ü ber muss ich einmal mit ihr reden, und konzentrierte sich wieder auf ihre F ü ße. Das Chervine suchte sich behutsam seinen Weg. Es sch ü ttelte sich den dicken Schnee vom Geweih.
Magdas Herz raste jetzt. Nicht mehr als 3400 Meter, das ist nicht allzu hoch, ich muss in schlechterer Kondition sein, als ich gedacht habe. Und wir sind noch l ä ngst nicht oben. Ihre Welt war zusammengeschrumpft auf den gef ä hrlichen Steig unter ihren F ü ßen, das Schnauben ihres Pferdes, das vom Schnee ged ä mpfte Klappern der Hufe des Chervines. Irgendwo ü ber ihnen l ö ste sich ein Stein und polterte vor ihnen ü ber den Weg. Camilla rief leise zur ü ck: Gebt hier auf Steinschlag Acht.
Vor Magdas Augen drehte es sich, sie f ü hlte sich schwanken, gef ä hrlich nahe am Rand. Nein – ihr war nicht schwindelig, welche Vibrationen griffen da auf sie ü ber? Sie schob sich an der Klippe weiter, bis sie neben Cholayna war. Deren dunkles Gesicht war grauweiß, und als Magda ihre behandschuhte Hand fasste, meinte sie, das wahnsinnige Klopfen von Cholaynas Herz h ö ren zu k ö nnen.
Macht dir die H ö he zu schaffen?
Nur ein bisschen. Bin nicht . an solche . H ö hen gew ö hnt. Auch Cholayna hielt die Augen vom Abgrund abgewandt. Camilla dagegen betrachtete ihn neugierig und interessiert, und Jaelle marschierte auf eine Weise ganz dicht am Rand entlang, die ein krampfartiges Zittern durch Magdas Oberschenkel und Hinterbacken sandte. Vanessa schlenderte so sorglos dahin, als befinde sie sich auf einer Rolltreppe im Terranischen HQ. Leise sagte Magda zu Cholayna: Mir f ä llt es auch schwer. Aber du bist nicht gezwungen, in den Abgrund zu sehen. Hier, nimm meine Hand, wenn du m ö chtest. Cholayna klammerte sich an ihr fest, und Magda versuchte, Ruhe auszustrahlen und Cholaynas Angst zu beschwichtigen. Es ist ganz ungef ä hrlich. Sieh nur nicht nach unten.
Ich habe andauernd das Gef ü hl, dass ich falle – ich werde ausrutschen und abst ü rzen . , fl ü sterte Cholayna.
Ich weiß. Das geht mir auch so. Jetzt ist es nicht mehr weit , setzte Magda hinzu, obwohl sie nicht die leiseste Ahnung hatte, wie weit es bis nach oben war. Mach immer nur einen Schritt auf einmal. Die Stufen sind breiter als bei einer normalen Treppe, und die w ü rdest du ohne Bedenken hochsteigen. Das machst du gut. Cholayna seufzte. Ist schon in Ordnung. F ü r eine Minute hatte es mich erwischt, das ist alles. Ich hasse es, das schw ä chste Glied in der Kette zu sein.
Nun, wenn du es nicht w ä rst, dann w ä re ich es , sagte Magda. Geht’s jetzt wieder? Sie wandte ihre Aufmerksamkeit dem Chervine zu, behielt aber unauff ä llig Cholayna im Auge, die sich langsam durch die zunehmende Dunkelheit nach oben bewegte. Hoffentlich kommen wir an, bevor es ganz finster ist, dachte sie und biss die Z ä hne gegen die K ä lte zusammen, von der ihr die Wangenknochen schmerzten. Schon konnte sie den Boden unter ihren F ü ßen kaum noch erkennen, aber der weiße Schnee hob die Kante, wo es ins Leere ging, deutlicher hervor. Einmal trat sie ganz am Rand des Weges einen Stein los und h ö rte ihn eine Zeit, die ihr endlos vorkam, hinunterrasseln, bis er außer H ö rweite war. Ein Schritt, ein zweiter, diesmal die n ä chste Stufe hinauf, und noch einer und noch einer.
Sie umrundete einen Vorsprung, wo der Pfad beinahe unsichtbar war, und stieß gegen Cholayna, die stehen geblieben war.
Ich sehe den Weg nicht mehr! , keuchte sie.
Magda ging es ebenso. Folge dem Pferd. Es kann besser sehen als du. Wie lange konnten sie nach Jaelles Ansicht noch weitergehen in diesem Zwielicht und bei einem so heftigen Wind, dass er ihre Gesichter fast waagerecht traf und sie mit Eisnadeln bewarf? Magda sah so gut wie nichts mehr, aber sie sp ü rte, dass sich die Tiere auf einem breiteren Absatz um sie scharten. Hier war die uberh ä ngende Klippe zu einer Art Schutzdach ausgeh ö hlt worden. Vanessa kam herbei, und sie standen im Kreis zusammen. Jaelle sagte: Es ist ausgeschlossen, dass wir noch heute Abend hin ü berkommen. Wir m ü ssen irgendwo biwakieren, und dies ist der sicherste Platz.
Vanessa fragte: Haben wir keine Laternen mit?
Jaelle sch ü ttelte den Kopf. Sie w ü rden uns nichts n ü tzen. Der Boden ist zu schlecht. Wir m ü ssen mit gefrorenem Schnee auf den Simsen rechnen. Bei Tageslicht, wenn wir alle frisch und kr ä ftig sind, werden wir es von neuem versuchen. H ö rt euch das an! Der Wind
Weitere Kostenlose Bücher