Die schwarze Schwesternschaft - 8
vielleicht schaffen. Die Chervines k ä men wahrscheinlich auch hinunter. Sieh mal . Sie deutete. Da unten hinter der Baumgruppe ist der Weg! Der Steinschlag bedeckt etwa f ü nfhundert Meter. Es geht steil abw ä rts, und es sieht eklig aus. Wahrscheinlich ist es nicht so eklig, wie es aussieht .
Wenn nicht all dieser lose Schnee von neuem ins Rutschen ger ä t. Es k ö nnen auch lose Steine dabei sein, die hinunterpoltern, sobald man einen Fuß darauf setzt. Camilla schloss sich ihnen an. Kein Wunder, dass wir da hinten Alptr ä ume gehabt haben. Jaelle, Vanessa und Camilla berieten sich, w ä hrend Magda und Cholayna, die nichts zu der Diskussion beitragen konnten, schweigend in das Chaos aus Schnee, Felsentr ü mmern und altem Eis blickten, dort aufgeh ä uft, wo fr ü her wenigstens die Andeutung eines Weges gewesen war.
Endlich schlug Vanessa vor: Jaelle, du und ich sollten uns anseilen und den Weg nach unten zu Fuß erkunden. Dann wissen wir, ob der Boden fest genug ist, dass wir die Tiere nachholen k ö nnen. Bei so tiefem Schnee ist wahrscheinlich die Unterlage hart gefroren, so dass er nicht zu schnell ins Rutschen geraten wird. Letzte Nacht hat es verdammt strengen Frost gegeben.
Jaelle dachte eine Minute dar ü ber nach, dann sagte sie: Mir f ä llt nichts anderes ein. Oder hat jemand eine bessere Idee? Die hatte keiner. Es lag klar zu Tage, dass die einzige Wahl war, umzukehren und den Umweg ü ber Hammerfell zu machen. Jetzt hatten sie keine Chance mehr, Rafaella bei Barrensclae einzuholen. Jaelle suchte in einer Packlast nach ihrem Eispickel. Wenn wir das gewusst h ä tten, dann h ä tten wir gleich die Große Nordstraße direkt nach Nevarsin nehmen k ö nnen.
Und wenn der Herzog von Hammerfell einen Rock getragen h ä tte , bemerkte Camilla, h ä tte er die Herzogin sein k ö nnen. Jaelle, zur ü ckblickend ist jeder weise , erinnerte Cholayna sie. Wir haben unser Bestes getan. Wichtig ist, dass wir hier sind, und
bis jetzt ist uns nichts zugestoßen.
Um Jaelles Mundwinkel zuckte ein Grinsen. Hoffen wir, dass
wir das heute Abend auch noch sagen k ö nnen. Vanessa, gib mir das
Seil. M ö chtest du die Spitze ü bernehmen, oder soll ich es tun? Ich sehe da keinen Unterschied. Wir k ö nnen beide erkennen, wo
der Weg sein sollte und nicht ist. Ich gehe voran. Sie schloss die
Schnalle der Gurte an ihrer Taille, pr ü fte, ob das Seil einwandfrei
ablief, und nahm den Eispickel fest in die Hand.
Ein paar Fuß schlaffes Seil. So ist es gut. Behutsam setzte sie
die F ü ße auf das schneebedeckte Ger ö ll und machte sich an den
Abstieg. Dann verschwand sie, und das Seil straffte sich. Magda
h ö rte Cholayna keuchen, aber eine Minute sp ä ter rief Vanessa nach
oben: Ich bin in Ordnung, nur ausgerutscht. Hier ist es schwierig.
Ich suche eine bessere Stelle. Gut festhalten.
Ihr Kopf tauchte auf, und sie kletterte wieder nach oben. Auf diesem Weg ist kein Durchkommen. Gleich da unten geht es
vierzig Meter senkrecht in die Tiefe. Ich probiere es da dr ü ben. Sie
bewegte sich langsam nach links, und diesmal gelang es ihr, auf den
F ü ßen zu bleiben. Nach einer Weile sah es fast wie ein Pfad aus.
Jaelle reichte Magda das Seil.
Du und Camilla sichert mich von hier aus. Vorsichtig folgte sie
Vanessas Spuren. Camilla stellte sich hinter Magda, bereit, das Seil
mit aller Kraft zu sichern, sollte eine der beiden Frauen abst ü rzen.
Sie waren jetzt außer Sicht. Magda, von Camilla um die Taille festgehalten, atmete schwer. Zum Teil war es Angst, der Rest war Hilflosigkeit. Sie war hier zu nichts n ü tze, sie war keine Bergsteigerin.
Sie konnte nur das Seil umklammern und auf ihre Freipartnerin vertrauen.
Das ist genug , fl ü sterte Camilla – oder hatte sie es nur gedacht? In dieser Stille, in der Einsamkeit der Bergwelt, wo sich kein
anderer Geist eindr ä ngte, brauchte Magda sich nicht gegen das telepathische Gesumm der St ä dte und Menschenmengen abzuschirmen.
War das der Grund, dass sie fast st ä ndig in Kommunikation mit Camillas Geist stand? Sie wusste es nicht, und sie hatte jetzt auch zu viel anderes, wor ü ber sie nachdenken musste. Doch sie lehnte sich an Camilla, die sie fest umarmte und ihr Gewicht hielt, w ä hrend das Seil, an dem unten die beiden Kletterer hingen, sich spannte. Magdas Kehle und Nase schmerzten, so ausged ö rrt waren sie. Die trockene K ä lte großer H ö hen dehydrierte Kopfh ö hlen und Schleimh ä ute, und Magda konnte an nichts anderes mehr denken als daran, wie gern sie
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