Die Schwarze Schwesternschaft
»Nein, denn dann wissen sie, dass wir gewarnt sind, und ziehen sofort die Messer. Sind sie dagegen überzeugt, dass wir fest schlafen und mühelos abgeschlachtet werden können, erwischen wir die Ersten, bevor sie eine Chance zur Gegenwehr haben. Alles, was uns einen Vorteil über sie gibt, ist unter diesen Umständen erlaubt.«
Camilla belud die Chervines, während Magda ihr Pony und das Jaelles sattelte. Cholayna eilte Camilla zu Hilfe, die alles von der Tür wegräumte. Magda überlief es kalt, als ihr klar wurde, dass Camilla Raum für den Kampf schuf. Sie hatte Camilla kämpfen sehen, hatte einmal an ihrer Seite gekämpft… In ihrem Kopf pochte es immer noch schwach, doch sie sah alles in blendender Klarheit, scharf umrissen und frisch. Sie wollte Camillas Pferd den Sattel auflegen, merkte, dass es Vanessas größerer Sattel war, und tauschte ihn um. Demnächst sattele ich noch die Chervines, wenn ich nicht aufpasse!
Die Pferde waren gesattelt, die Packtiere beladen. Sollten sie uns töten, wird es ihnen wenigstens einige Mühe machen, an unsere Habseligkeiten zu kommen, dachte Magda und wunderte sich, warum ihr das wichtig erschien.
Camilla hockte sich an einer Stelle nieder, wo sie die Tür im Auge hatte, die Finger leicht auf das Schwert gelegt. Die Charta der Entsagenden verbot den Comhi’ letziis Schwerter, abgesehen von den um drei Zoll kürzeren Amazonenmessern. Nur Camilla führte weiter das Schwert, das sie in ihrer Söldnerzeit als Mann getragen hatte, und noch niemand hatte sie deswegen zur Rechenschaft gezogen.
Sie lächelte Magda an. »Weißt du noch, wie wir gegen Shanns Männer kämpften und ich sagte, du hättest dein Schwert entehrt?«
»Könnte ich das je vergessen?«
»Schlage so wacker drein wie damals, und ich fürchte mich vor keinem Räuber der Kilghardberge.«
Cholayna lächelte schwach. Sie lehnte neben ihnen an der Wand. »Hört ihr nichts?«, fragte sie plötzlich.
Es war vollkommen ruhig bis auf das Röhren des Windes um die Dachbalken und das hohe Pfeifen des treibenden Schnees. Irgendein kleines Tier raschelte im Stroh. Nach der hektischen Betriebsamkeit der letzten Minuten überkam Magda ein Gefühl der Enttäuschung. Ihr Herz klopfte, und im Mund hatte sie den metallischen Geschmack der Furcht.
Die Zeit kroch dahin. Magda hatte keine Ahnung, ob eine Stunde, zehn Minuten, die halbe Nacht vergangen war. Die Zeit hatte ihre Bedeutung verloren.
»Verdammt sollen sie sein, warum kommen sie nicht?«, zischte Cholayna durch die Zähne.
Camilla murmelte: »Vielleicht warten sie darauf, dass wir das letzte Licht auslöschen. Aber Zandru peitsche mich mit Skorpionen, wenn ich mich auf einen Kampf im Dunkeln einlasse, und müssen wir bis morgen früh warten, bitte sehr. Mir wäre es auch recht, wenn sie überhaupt nicht kämen.«
Magda dagegen wünschte sich, dass der unvermeidliche Kampf endlich beginnen würde, damit sie ihn bald hinter sich hätten. Gleichzeitig trat ihr jede Einzelheit ihres ersten Kampfes deutlich ins Gedächtnis. Sie spürte den schrecklichen Schmerz, als ein Schwert ihr den Oberschenkel aufschlitzte. Sie hatte ganz einfach Angst. Camilla sah so ruhig aus, als freue sie sich darauf, einmal richtig zuschlagen zu können.
Vielleicht freut sie sich wirklich. Sie hat sich Gott weiß wie viele Jahre ihren Lebensunterhalt als Söldnerin verdient.
Dann hörte sie in der Stille Cholayna zischend den Atem einziehen. Die Terranerin zeigte auf die Tür.
Langsam wurde sie nach innen gedrückt, und der Wind heulte um die Kante. Ein Gesicht lugte durch den Spalt, ein rundes, narbenbedecktes, höhnisches Gesicht. Sofort sah der Räuber das Licht, den freien Raum und die ihn erwartenden Frauen. Er öffnete den Mund, doch bevor er einen Warnschrei ausstoßen konnte, traf ihn Cholaynas Fuß mit einem Vaido-Tritt. Das Blut schoss ihm aus dem Gesicht. Er fiel um und lag still.
Camilla bückte sich, um den Bewusstlosen oder Toten aus dem Weg zu ziehen. Ein zweiter Räuber stürzte herein, und sie empfing ihn gekonnt mit ihrem Schwert. Er fiel mit einem kurzen heiseren Geheul. Dem Mann, der sich hinter ihm hereindrängte, wurde durch einen schnellen Handkantenschlag Magdas der Hals gebrochen.
»Alles hast du jedenfalls noch nicht verlernt«, flüsterte Cholayna anerkennend.
Eine Pause trat ein. Dann stöhnte der Mann, dem Camilla den Bauch aufgeschlitzt hatte, und begann von
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