Die Schwarze Schwesternschaft
Wo überall die heiligen Mönche herrschen?« Camilla zeigte ihre Skepsis offen.
»Die heiligen Mönche sind viel zu heilig, um an so etwas wie Gesetze zum Schutz allein reisender Frauen zu denken«, stellte Jaelle trocken fest. »Ihrer Meinung nach gehen tugendhafte Frauen nicht in öffentliche Badehäuser, wo Fremde ihre nackten Körper sehen könnten, und wenn eine es tut, verdient sie, was ihr widerfährt - Krankheiten, Belästigungen aller Art. Es hat eine Zeit gegeben, als die Herrschaft der Cristoferos über Nevarsin absolut war, und damals erging das Gesetz, alle öffentlichen Badehäuser zu schließen. Ein paar blieben trotzdem geöffnet, und natürlich waren sie, da sie von Gesetzlosen betrieben wurden, gesetzlose Orte, und die Mönche benutzten das Treiben dort als Rechtfertigung für ihre Maßnahme… Seht ihr, Bäder sind verruchte Häuser, seht euch doch die Leute an, die sie aufsuchen! Glücklicherweise sind die Gesetze heute vernünftiger, aber wie ich hörte, ist es den Mönchen immer noch nicht erlaubt, öffentliche Badehäuser zu benutzen, und fromme Cristofero-Frauen tun es auch nicht.«
Camilla schnaubte: »Wenn die Körper der Mönche so schmutzig sind wie ihre Gedanken, müssen sie eine stinkige Bande sein.«
»O nein, Camilla, sie haben ihre eigenen Bäder im Kloster. Und viele Privathäuser haben auch welche. Allerdings nur die der Reichen, und die ärmeren Leute, besonders die armen Frauen, hatten keine Möglichkeit, an einem ehrbaren Ort zu baden, bis ein paar Frauen Badehäuser eröffneten. Und natürlich waren die Ersten nicht übertrieben ehrbar, wie Arlinda uns erzählte. Sie hat den Frauen dieser Stadt ebenso große Dienste geleistet wie jedes Gildenhaus.«
»Sie sollte zur Entsagenden ehrenhalber ernannt werden.« Camilla tauchte bis zum Kinn im heißen Wasser unter und seufzte wohlig.
Jaelle senkte die Stimme, damit die kleine Gruppe schwangerer Ehefrauen am anderen Ende des heißen Beckens sie nicht hörte.
»Ich glaube, sie ist mehr als das. Habt ihr gehört, was sie über Rafaella sagte? Die, die ihnen von Du-weißt-schon-wo entgegengeschickt worden war… Wer soll sie eurer Meinung nach gewesen sein, wenn nicht eine Gesandte aus der Stadt, die wir suchen? Heißt es nicht in den alten Legenden, dass man, ist man weit genug gekommen, geführt werden wird? Rafaella und Lexie sind vielleicht weit genug gekommen. Möglicherweise geht es in der Botschaft, die Rafi für mich hinterlassen hat, um die Führerinnen aus - jenem Ort.«
Camillas Stimme klang verächtlich.
»Und wenn wir dort ankommen, werden wir uns zwischen den Gewürzbrotbäumen und den Regenvögeln wieder finden, die Nester aus parfümiertem Holz bauen, um sich selbst für den hungrigen Reisenden zu braten?«
Doch Jaelle war es ganz ernst.
»Ich weiß überhaupt nichts darüber, was wir finden werden. Die Legende sagt, dass jede Person entsprechend dem, was ihr Not tut, etwas anderes findet. Meine Kinderfrau erzählte mir eine alte Geschichte - oh, ich war noch sehr klein, ein ganz kleines Kind in dem Großen Haus von Shainsa.« Magda konnte sich kaum beherrschen, ihre Freipartnerin nicht anzustarren. Erst einmal in all den Jahren, die sie Jaelle kannte, hatte sie flüchtig auf ihre Kindheit in den Trockenstädten angespielt, und niemals hatte sie zu irgendwem von dem Haus ihres Vaters dort gesprochen. Magda sah an Camillas Augen, dass sie sich ebenso wunderte.
»Drei Männer zogen aus, ihr Glück zu suchen«, erzählte Jaelle mit gedankenverlorener Stimme. »Einer heiratete ein schönes Mädchen mit viel Gold und Besitz und hielt sich für glücklich. Und der Zweite fand einen verlassenen Hof, wo er die Bäume beschnitt, und sie ließen Früchte und Pilze für ihn wachsen, und er zähmte wilde Tiere als Milchvieh und Geflügel. Und als er Tag und Nacht arbeitete, um seinen Hof mit seiner Hände Arbeit aufzubauen, hielt er sich für den glücklichsten aller Menschen. Aber der Dritte, heißt es, saß in der Sonne, beobachtete die Wolken, hörte das Gras wachsen und lauschte der Stimme Gottes, und er sagte: ›Nie war ein Mensch so glücklich und bevorzugt wie ich.‹«
Eine ganze Minute lang herrschte Schweigen. Dann rückte Cholayna entschlossen den praktischen Gesichtspunkt in den Vordergrund. »Solange ich Alexis Anders heil und gesund wieder finde, wäre ich die undankbarste aller Frauen, wollte ich mehr verlangen als das, was ich an Kenntnissen
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