Die schwarze Witwe: Thriller (German Edition)
bedeutungsvoll an. Sie nickte.
»Er war einer der prominentesten Bürger Seattles, und sie führten eine sehr harmonische Ehe. Sie liebten sich offensichtlich sehr.«
»Wie ist er gestorben?«, fragte Kingsley.
»Das war wirklich eine Tragödie. Nach einer Bypass-Operation hat ihn eine Staphylokokkeninfektion erwischt. Die haben sie dann einfach nicht mehr unter Kontrolle bekommen. Immer wenn sie dachten, er sei über den Berg, hatte er einen Rückfall. In Krankenhäusern sind solche Staphylokokkeninfektionen heutzutage ein großes Problem. Ich habe allerdings gehört, dass das auch für Sportumkleidekabinen gilt. Das kann einem richtig Angst machen. Der arme Glenn hat schrecklich gelitten, bevor er starb.«
»Wann war das?«, fragte Diane.
»Er starb 2001«, sagte er.
»Und wer hat geerbt?«, fragte Diane weiter.
»Estelle erbte den Großteil des Vermögens. Ich weiß, das klingt verdächtig, war es aber nicht.«
»Wie können Sie da so sicher sein?«, fragte Kingsley.
»Etwa ein Jahr vor seinem Tod kam Glenn zu mir, um sein Testament zu ändern. Ich erinnere mich noch an dieses Treffen, als sei es gestern gewesen. Estelle war mitgekommen. Er hatte Kinder aus einer früheren Ehe, zwei Söhne und eine Tochter. Die waren zu dieser Zeit schon alle erwachsen. Er war wegen einiger unschöner Geschichten, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte, wütend auf sie und wollte sie deshalb enterben. Er war dazu eisern entschlossen. Estelle sagte ihm dann, es seien doch seine Kinder, und selbst wenn er jetzt böse auf sie sei, könne sich das doch auch wieder ändern. Auch wenn sie jetzt vielleicht unverantwortlich gehandelt hätten, so müsse das ja nicht immer der Fall sein. Er solle zwar die Dinge nach seinem Gusto regeln, aber sie nicht völlig enterben. Estelle gelang es wirklich, Glenn zu besänftigen. Das war so ihre Art. Danach stand sie auf und meinte, wir beide würden nun bestimmt eine gute Lösung finden, deshalb werde sie jetzt einkaufen gehen. Klingt das etwa wie eine Erbschleicherin?«
»Was hat Mr. Redding dann gemacht?«, fragte Diane.
»Abgesehen von einigen kleineren Begünstigten und etlichen Wohltätigkeitsorganisationen ging der Großteil seines Besitzes an Estelle. In einem beiliegenden Brief hatte er aber geschrieben, dass er es ihr überlasse, den Kindern ihren Teil auszuzahlen, wenn sie der Ansicht sei, sie seien zu reifen und verantwortungsvollen Menschen geworden.«
»Und hat sie das getan?«, fragte Diane.
»Auf die beiden Jungs war sie ziemlich wütend. Die wollten Geld von ihr haben, noch bevor ihr Vater unter der Erde lag. Nach der Testamentseröffnung kam sie zu mir und sagte, sie werde noch etwas warten und sehen, wie sich die beiden entwickelten. Im Moment hätten sie sie aber sehr verärgert. Dagegen richtete sie für die Tochter einen treuhänderischen Vermögensfonds ein, mit einem Bonus, wenn sie ihren Abschluss an einem guten College machen würde. Außerdem tat sie etwas, das ich für sehr anständig hielt und das wohl nicht viele Frauen getan hätten.«
»Was war das?«, fragte Kingsley.
»Glenn und seine erste Frau hatten eine wirklich hässliche Scheidung. Kurz bevor er starb, stellte man bei ihr Brustkrebs fest. Nach der Operation schien sie zunächst geheilt, aber dann hatte sie einen umso schlimmeren Rückfall. Estelle rief mich in dieser Zeit an. Zwar wisse sie, dass Glenn Marilee zu seinen Lebzeiten gehasst habe, aber da, wo er jetzt war, würde er ihrem Vorhaben zustimmen. Sie gab Marilee zwei Millionen Dollar, damit sie bis zu ihrem Tod gut versorgt war. Klingt das etwa nach der Frau, die Sie in Ihrer E-Mail beschrieben haben?«
»Das war wirklich sehr anständig von ihr«, sagte Kingsley. »Wie hoch war eigentlich dieses Vermögen?«
»Insgesamt rund zweihundert Millionen Dollar. Ein Teil Bargeld, der Rest Wertpapiere und Immobilien«, sagte er.
Kingsley und Diane sahen sich an. »Nicht schlecht«, sagte er ganz leise.
»Wie sah Estelle aus?«, fragte Diane.
»Ihr Gesicht sah fast so aus wie auf dem Foto in Ihrer E-Mail, nur nicht so viel Make-up. Und ihre Haare waren platinblond, wie man das wohl nennt. Sie war wirklich eine eindrucksvolle Frau.«
»Wissen Sie zufällig, ob sie Blumen mochte?«, fragte Diane.
»Ja, das tat sie tatsächlich. Ihr Wintergarten war voller Rosen, Lilien und Iris.«
»Stehen Sie noch in Kontakt zu ihr?«, fragte Kingsley.
»Bis vor zwei Jahren hat sie sich ab und zu gemeldet. Sie erzählte mir, sie wolle reisen und
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