Die schwarze Witwe: Thriller (German Edition)
entgegen. »Ich bin Agent Shane Jacobs. Man hat mir gesagt, dass Sie im Besitz einiger Altertümer seien, die Ihnen vielleicht gar nicht gehören.«
Kapitel 24
S ie sind im Besitz einiger Altertümer, die Ihnen vielleicht gar nicht gehören – das klang wie ein Schuldirektor, der einen unartigen Schüler auf freundliche Weise tadeln wollte.
»Ich muss leider zugeben, dass dies durchaus sein könnte«, sagte Diane, während sie ihm die Hand schüttelte.
Shane Jacobs hatte einen festen Händedruck, graumelierte wellige Haare und ein schmales gebräuntes Gesicht mit markanten Zügen. Er wirkte einige Jahre jünger als Diane. Sein dunkler Anzug, sein glattrasiertes Gesicht und seine kurzgeschnittenen Haare ließen ihn wie einen typischen FBI-Agenten aussehen. Er reichte ihr zur Beglaubigung seinen FBI-Ausweis.
»Ich hätte mir gerne einmal die Artefakte angesehen.«
Er schaute nicht so düster drein wie die Strafverfolgungsbeamten, mit denen sie es gerade zu tun gehabt hatte. Stattdessen zeigte er ein breites Lächeln, als ob er nur gekommen sei, um diese Altertümer zu kaufen. Er schaute auf seine Uhr. »Ich weiß, es ist schon spät, aber ich würde gerne auch noch mit Dr. Kendel Williams und dem Kurator Ihrer Ägyptenabteilung sprechen.«
Er schien sehr freundlich zu sein, aber Diane war sich sicher, dass er damit vor allem das Vertrauen der von ihm befragten Personen gewinnen wollte. Sie hatte es langsam satt, andauernd zu den Verdächtigen zu gehören.
Diane wandte sich an Andie. »Ist Kendel schon heimgegangen?«, fragte sie.
»Ich schau mal«, sagte Andie und griff zum Telefonhörer.
»Wenn sie noch da ist, bitten Sie sie, noch etwas zu warten«, sagte Diane. »Wenn nicht, müssen Sie bei ihr zu Hause anrufen und sie bitten, noch einmal ins Museum zu kommen.«
Andie nickte. »Geht klar.«
»Ist Jonas schon zurück?«, fragte Diane. Ironischerweise war Jonas Briggs auf einer Ägyptologentagung gewesen.
»Ich habe ihn vorhin gesehen. Er hat Sie gesucht.«
»Er und jeder andere Mensch auf diesem Planeten«, stöhnte Diane. »Wir schauen nachher in seinem Büro vorbei.«
Diane führte Agent Jacobs durch die Vorhalle zum Hauptaufzug. »Die Artefakte befinden sich im Konservierungslabor im ersten Stock.«
»Ich bin Ihnen für Ihre Kooperation sehr dankbar«, sagte Jacobs. »Wie Sie sich vorstellen können, fragt man uns oft erst einmal, ob wir einen Durchsuchungsbefehl haben.«
»Das ist eine schreckliche Sache«, sagte Diane. »Wir möchten selbst, dass das Ganze möglichst bald aufgeklärt wird.« Auf dem Weg erzählte sie ihm, was sie bisher herausgefunden hatten. »Wir merkten erst, dass etwas nicht stimmte, als diese Zeitungsartikel zu erscheinen begannen. Die Stücke waren gerade erst angekommen und waren noch nicht einmal ausgepackt worden.«
»Das ist seltsam.« Dies war Jacobs’ einziger Kommentar. Er hatte bisher nicht eine einzige Frage gestellt.
Diane fuhr mit ihm in den ersten Stock hinauf und führte ihn in die Ägyptenabteilung. Sie wollte ihm zuerst einmal zeigen, was sie hatten, damit er verstand, warum sie nach ganz bestimmten Stücken gesucht hatten und warum die Artefakte im Konservierungslabor gar nicht in ihre Sammlung passten.
Diane liebte den Ägyptensaal. Es war, als ob man eine Zeitreise in das alte Ägypten unternehmen würde. Die Wände waren wie das Innere alter ägyptischer Grabkammern bemalt. Beim Eintreten fiel der erste Blick des Besuchers auf Nevas Rekonstruktion ihrer Mumie, eines Schreibers, der im Schneidersitz auf einem Podest in der Mitte des Raumes saß, als ob er jeden Moment mit seinem angespitzten Schreibbinsen auf dem Papyrusbogen zu schreiben begänne, der in seinem Schoß lag.
Die Mumie, deren Abbildung die Besucher begrüßte, lag in einem verschlossenen menschenförmigen ägyptischen Sarg, den eine Glasvitrine vor den neugierigen Händen der Betrachter schützte. An der Wand darüber zeigten Fotos die Mumie, bevor und nachdem sie wieder eingewickelt und in ihren Sarg zurückgelegt worden war.
An der gegenüberliegenden Wand stand eine große gläserne Ausstellungsvitrine, in der auf kleinen Podesten die Amulette lagen, die ursprünglich in den Binden eingewickelt waren. Ihr Erwerb war eine von Kendels größten Coups gewesen. Die Mumie hatte das Museum geerbt. Sie war in viktorianischer Zeit Opfer einer der damals beliebten »Auswickelpartys« geworden. Die Familie, in die sie zu dieser Zeit gelangt war, hatte sie dann von Generation zu Generation
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