Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
eine unsichtbare Wolke voller mentaler Blitze verwandelt, die jedes Mal knisterte, wenn sie gegen den Schild stieß.
Dass er den Schild hatte vergrößern müssen und ihn noch dazu pausenlos gegen das magische Gewitter verstärken musste, führte zu etwas, was die Angriffe der Jhinka allein nicht geschafft hätten: Seine Kräfte begannen zu versiegen. Es würde noch einen Tag dauern, vielleicht zwei. Danach würde der Schild Schwachstellen aufweisen, durch die der Hexensturm dringen konnte, um bereits erschöpfte Geister anzugreifen. Außerdem gäben die Löcher im Schild den Jhinka Gelegenheit, ins Innere zu gelangen und ein Blutbad anzurichten.
Kurzzeitig hatte er mit dem Gedanken gespielt, Jaenelle zum Bergfried zu schicken, um Hilfe zu holen. Doch er hatte den Gedanken ebenso schnell wieder fallen lassen. Bis sie die Heilungen abgeschlossen hatte, würde nichts und niemand sie dazu bewegen können, von hier fortzugehen. Wenn er zugab, dass der Schild schwächer werden könnte, würde sie das Gebäude höchstwahrscheinlich mit einem schwarzen Schild beschützen und sich noch mehr verausgaben, obgleich sie ihren Körper schon mit dem gewaltigen heilenden Netz überstrapazierte, das sie gewoben hatte, um die Verwundeten zu stärken, bis sie sich um sie kümmern konnte. Da sie sich einzig und allein darauf konzentrierte, würde sie keinen Gedanken daran verschwenden, was sie ihrem geschwächten Körper zumuten konnte und was nicht. Und er wusste bereits, was sie ihm antworten würde, wenn er sie auf den Schaden ansprach, den sie sich selbst auf diese Weise zufügte: Alles hat seinen Preis.
Also hatte er geschwiegen und seine Gefühle im Zaum gehalten. Er war fest entschlossen auszuharren, bis jemand aus Agio oder dem Bergfried kam, um nach ihnen zu suchen.
Doch jetzt, in der kalten Morgendämmerung, hatte er nicht ausreichend Kraft, um ausreichend Körperwärme zu produzieren; also legte er seine kalten Hände um die warme Tasse.
Randahl trank seinen Kaffee schweigend, den Rücken dem Dorf zugewandt. Er war ein hellhäutiger Rihlaner mit blassblauen Augen und schütterem, zimtfarbenem Haar. Sein Körper wies die Statur eines Mannes mittleren Alters auf, doch
seine Muskeln waren immer noch hart, und er verfügte über mehr Ausdauer als die drei jüngeren Krieger zusammen.
»Die Frauen, die in der Lage dazu sind, helfen in der Küche aus«, sagte Randahl nach ein paar Minuten. »Sie waren froh über das Wildbret und die übrigen Vorräte, die du mitgebracht hast. Das meiste Fleisch verwenden sie, um Brühe für die Schwerverletzten zu kochen, aber sie meinten, mit dem Rest würden sie einen Eintopf machen. Du hättest ihre Gesichter sehen sollen, als Mari darauf bestand, die ersten Portionen uns zu geben. Beim Feuer der Hölle, sie jammerten sogar, als sie uns von diesem Schlamm hier zu trinken geben sollten, dabei stand ich genau neben ihnen.« Angewidert schüttelte er den Kopf. »Verfluchte Landen. Es ist schon so weit gekommen, dass ihre Gören schreiend davonlaufen, wenn wir das Dorf betreten. Hinter unseren Rücken machen sie heimlich Zeichen, um das Böse abzuwehren, aber sie rufen laut genug nach uns, sobald sie Hilfe benötigen.«
Lucivar trank einen weiteren Schluck von dem Kaffee, der schnell abkühlte. »Warum seit ihr den Landen zu Hilfe gekommen, als die Jhinka angriffen, wenn ihr so über sie denkt?«
»Nicht wegen ihnen . Um das Land zu beschützen. Die Jhinka, dieser Abschaum, dürfen auf keinen Fall nach Ebon Rih kommen. Wir sind hier, um das Land zu schützen – und die zwei da herauszuholen.« Randahl ließ die Schultern hängen. »Beim Feuer der Hölle, Yaslana. Wer hätte schon gedacht, dass der Junge einen solchen Schild erschaffen könnte? «
»Offensichtlich niemand in Agio.« Bevor Randahl ihm aufgebracht ins Wort fallen konnte, fuhr Lucivar barsch fort: »Wenn euch an Mari und Khevin liegt, wieso habt ihr sie dann nicht zu euch geholt, anstatt sie hier zu lassen, wo sie dem Hohn und den Beleidigungen der anderen ausgesetzt waren?«
Zornesröte stieg Randahl ins Gesicht. »Was weiß ein schwarzgrauer Kriegerprinz schon davon, verhöhnt und beleidigt zu werden?«
Lucivar wusste selbst nicht, warum er zu erzählen begann. War es ihm mittlerweile egal, was die Leute von ihm dachten, oder war es, weil er nicht sicher war, ob Randahl und er überleben würden? »Ich bin in Terreille und nicht in Kaeleer aufgewachsen. Ich war zu jung, um mich an meinen Vater erinnern zu können, als
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