Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
Privileg eines jeden Kriegers, sein Volk zu beschützen. Heile zuerst die anderen.«
Lucivar versuchte, Jaenelle mithilfe eines mentalen Fadens zu erreichen, doch sie hatte sich vor ihm abgeschottet. Bitte, Katze. Lass ihm seinen Stolz.
Sie griff unter das Laken. Khevin stöhnte abwehrend, ohne etwas sagen zu können.
»Ich tue, worum du mich gebeten hast, weil du mich gebeten hast«, erklärte sie, »aber ich werde Fäden des heilenden Netzes, das ich erschaffen habe, jetzt befestigen, damit du bei mir bleibst.« Sie strich das Laken glatt und legte ihm einen Finger an den Hals. »Und ich warne dich, Khevin, bleib bloß bei mir!«
Khevin lächelte sie an und schloss die Augen.
Lucivar führte Jaenelle in den Korridor, die Hand an ihrem Ellbogen. »Da die jüngeren Krieger nicht benötigt werden, um den Schild aufrechtzuerhalten, werde ich sie ins Haus schicken, damit sie hier helfen können.«
»Adler, ja. Die anderen beiden nicht.«
Das Eis in ihrer Stimme jagte ihm einen Schauder über den Rücken. Noch nie zuvor hatte er gehört, wie eine Königin einen Mann derart heftig verurteilte.
»Also gut«, meinte er respektvoll. »Ich kann …«
»Beschütze diesen Ort, Yaslana.«
Er konnte das Beben spüren, das sich ihrem Geist kurzzeitig entrang. Auf der Stelle brachte er seine eigenen Gefühle unter Verschluss. Beim Feuer der Hölle, selbst wenn die Wirkung der Drogen so nachgelassen hatte, dass Jaenelle stark genug war, die Verwundeten zu heilen, hatte sie dennoch ihre Gefühle nicht unter Kontrolle. Und sie war sich darüber im Klaren.
»Katze …«
»Ich habe mich im Griff. Mach dir darum keine Sorgen.«
Er grinste. »Im Grunde fühle ich mich immer dann am sichersten, wenn du gerade kratzt und fauchst.«
Ihre Saphiraugen wurden eine Spur wärmer. »Daran werde ich dich noch erinnern.«
Lucivar ging auf die Eingangstür zu. Er würde darauf achten müssen, dass sie nicht vergaß, ab und an Wasser zu trinken und alle paar Stunden etwas zu essen. Am besten sprach er mit Mari. Es war leichter, Jaenelle dazu zu bewegen, Nahrung zu sich zu nehmen, wenn jemand ihr Gesellschaft leistete.
Als er sich umdrehte, konnte er spüren, wie erneut Körper gegen den Schild schlugen, und hörte die Warnschreie der Krieger draußen.
Sein Gespräch mit Mari würde er aufschieben müssen. Die Jhinka waren zurückgekehrt.
9Kaeleer
L ucivar lehnte an dem abgedeckten Brunnen und nahm dankbar den Kaffee entgegen, den Randahl ihm reichte. Der Kaffee schmeckte bitter und trübe, aber das war ihm gleichgültig.
Im Moment hätte er alles getrunken, solange es nur heiß war.
Die Jhinka hatten die ganze Nacht hindurch angegriffen – manchmal waren es kleine Trupps gewesen, die gegen den Schild ankämpften, um gleich darauf die Flucht zu ergreifen, dann wieder ein paar hundert, die auf den Schild einschlugen, während Lucivar sie der Reihe nach erschlug. Es hatte keinen Schlaf, keine Verschnaufpause gegeben; nur die ständig wachsende Müdigkeit und körperliche Erschöpfung, während er die Kräfte aus den Juwelen lenkte, und diese Kräfte gleichzeitig immer mehr schwanden – was sie schneller taten, als er erwartet hatte. Randahl und die anderen Krieger hatten ihre Kraftreserven bereits erschöpft, als Jaenelle und er gestern aufgetaucht waren. Folglich stellte Lucivar jetzt ihren einzigen Schutz und im Grunde auch ihre ganze Kampfkraft dar.
Der Schutzschild hatte nur bis ein paar Zentimeter unter die Erde gereicht, und er hatte beinahe zu spät gemerkt, dass die Jhinka in der Deckung ihrer Leichenberge angefangen hatten, sich unter dem Schild durchzugraben. Nun reichte der Schild anderthalb Meter tief unter die Erde, um dann nach innen abzuknicken und bis zu den Grundmauern des Gebäudes zu verlaufen.
Während sie gegen die Jhinka kämpften, die im Süden unter dem Schild hindurchgekommen waren, folgte Lucivar seinen Instinkten und lief auf die Nordseite des Hauses zu. Er erreichte die Ecke just in dem Augenblick, als ein Jhinka auf den Brunnen zustürmte. In dem Tontopf, den der Jhinka bei sich getragen hatte, hatte sich genug Gift befunden, um ihre einzige Wasserquelle zu verderben. Deshalb hatte der Brunnen nun einen eigenen Schild.
Sobald der Angriff auf den Brunnen vereitelt und der Schild ausgedehnt worden war, hatte sich erneut der Hexensturm über dem Gebäude zusammengebraut. Der Sturm war nicht länger über das gesamte Dorf verteilt, um die Zerstörung nach außen hin zu verbergen, sondern hatte sich in
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