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Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Titel: Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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Dann, nach einer Pause, ein viertes Mal.
    Vier Mal für die vier Seiten des Blutdreiecks, dessen vierte Seite sich im Innern der drei anderen Seiten befand. Wie die drei Männer – Haushofmeister, Hauptmann der Wache und Gefährte –, die ein starkes, vertrautes Dreieck um eine Königin bildeten.
    An der Rückwand des Raums öffnete sich eine große Flügeltür nach außen und gab den Blick auf eine dunkle Leere frei.
    Saetan achtete nicht auf die zögerliche Aufregung um ihn her, sondern stellte sein Glas beiseite, um sich in Ruhe das Haar glatt zu streichen und seine neue Kleidung zu richten. Da bei Umzügen laut Protokoll die helleren Juwelen in aufsteigender
Rangfolge vor den dunkleren hergingen, erst alle Männer, dann die Frauen, würde er den Schluss der männlichen Reihe bilden.
    Deshalb fiel ihm nicht auf, dass sich niemand in Bewegung gesetzt hatte, und alle Blicke auf ihn gerichtet waren, bis Lucivar ihn anstieß.
    »Laut Protokoll …«
    »Vergiss das Protokoll«, versetzte Karla lakonisch. »Du zuerst. «
    Als alle nickten, um ihr Einverständnis zu zeigen, ging er langsam auf die Flügeltür zu. Lucivar und Andulvar schritten neben ihm her. Mephis, Geoffrey und Prothvar folgten.
    »Was befindet sich da drin?«, wollte Lucivar leise wissen.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Saetan. »In diesem Teil des Bergfrieds war ich noch nie zuvor.« Er warf Geoffrey einen Blick über die Schulter zu, doch der andere schüttelte den Kopf.
    An der Türschwelle blieben sie stehen. Das Licht aus dem Raum hinter ihnen ließ die ersten breiten Treppenstufen erkennen, die in die Tiefe führten.
    Wir werden uns alle zusammen das Genick brechen, wenn wir versuchen, diese Treppe im Dunkeln hinabzugehen.
    Er hatte den Gedanken kaum beendet, als kleine, in den Stein eingebettete Funken zu glühen begannen und immer heller und heller wurden.
    Wie Sternenwirbel, dachte Saetan, dem der Atem stockte. Und wie das Gedicht, das Geoffrey ihm vor Jahren zitiert hatte, und das von den gewaltigen Drachen handelte, die einst die Angehörigen des Blutes erschaffen hatten. In einer Spirale schrauben sie sich abwärts in die Dunkelheit und fangen die Sterne mit ihrem Schweif.
    »Stimmt etwas nicht?«, flüsterte Lucivar.
    Der Höllenfürst schüttelte den Kopf und ging langsam nach unten, dankbar für die massive eyrische Kraft, die ihn zu beiden Seiten begleitete.
    Als er die unterste Stufe erreichte, schwang eine weitere Doppeltür nach innen auf. Der dahinter liegende, mitternachtsschwarze
Saal wurde allmählich heller, Dunkelheit wich der Dämmerung. Das Licht breitete sich langsam von ihrem Ende des Raums zur gegenüberliegenden Seite aus. Doch als Saetan weiterging, fiel ihm auf, dass es die Decke nicht erreichte. In etwa sechs Metern Höhe wurde das Licht von Dämmerung abgelöst, die weiter oben wieder der Dunkelheit Platz machte.
    Da erhellte sich nach und nach die Rückwand des Saals von beiden Seiten. So hoch das Licht reichte, wurde die Wand von einem Flachrelief eingenommen, das unendlich feine Details aufwies. Eine Traumlandschaft, eine Nachtlandschaft, Gestalten, die sich aus dem Dunkel erhoben und wieder darin verschwanden. Gestalten verwandter Wesen. Menschliche Gestalten. Sich vermischend. Ineinander verschlungen. Wild und schön. Hässlich und sanft.
    Endlich erreichte das Licht die Mitte der Rückwand und den Dunklen Thron. An drei Seiten verliefen drei breite Stufen um das Podest, auf dem ein einfacher Ebenholzstuhl mit hoher, verzierter Lehne stand. Die Schlichtheit des Throns bewies, dass die hier herrschende Macht nicht auf prunkvollen Schmuck oder sonstige Pracht angewiesen war – zumal der Herrschersitz auf der rechten Seite von einem gewaltigen Drachenkopf beschützt wurde, der sich aus dem Stein zu erheben schien.
    »Mutter der Nacht!«, entfuhr es Andulvar mit gedämpfter Stimme. »Sie hat eine Skulptur von Lorns Kopf erschaffen. «
    »Beim Feuer der Hölle«, flüsterte Lucivar. »Woher hatte sie bloß all die ungeschliffenen Juwelen für die Schuppen?«
    Zitternd schüttelte Saetan den Kopf. Er brachte kein Wort hervor. Vielleicht konnte Andulvar von seinem Platz aus die Dunkelheit hinter dem erhellten Flachrelief nicht sehen; eine Dunkelheit, die auf einen weiteren weitläufigen Saal hinter diesem verwies. Vielleicht war er nicht in der Lage, das schillernde Feuer in den Drachenschuppen zu erkennen. Hatte er am Ende den Klang jener uralten, machtvollen Stimme vergessen? Vielleicht …

    Langsam öffneten

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