Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
seinen Geschmack erinnerte sie ihn zu sehr an die Sklavenmärkte, die bis zum heutigen Tage in Terreille abgehalten wurden.
Während Lucivar langsam auf die Tür zuging, atmete er tief ein, wünschte sich jedoch im gleichen Augenblick, es nicht getan zu haben. Der große Saal war überfüllt, und trotz der offen stehenden Fenster stank es nach Schweiß und Erschöpfung –
und der verzweifelten Angst, die von den hunderten Namen auf jenen Listen aufzusteigen schien.
Sobald er ins Freie getreten war, breitete Lucivar seine dunklen Flügel aus, bis sie ihre volle Spannweite erreicht hatten. Er wusste selbst nicht, ob er es aus Trotz für all die Male tat, als diese natürliche Bewegung ihm einen Peitschenhieb eingebracht hatte, oder ob er lediglich die Sonne und den Wind einen Augenblick auf seiner Haut spüren wollte, nachdem er sich etliche Stunden in dem Gebäude aufgehalten hatte – vielleicht rief er sich auch nur auf diese Art und Weise in Erinnerung, dass er jetzt der Käufer war und nicht länger die feilgebotene Ware.
Lucivar legte die Flügel wieder an und ging auf die hinterste Ecke des Basargeländes zu, die dem eyrischen ›Lager‹ vorbehalten war.
Er hatte einige eyrische Namen gesehen, die für ihn von Interesse waren, allerdings nicht den einen Namen – den hayllischen Namen –, welcher der Hauptgrund war, weswegen er die letzten Stunden damit verbracht hatte, jene verfluchten Listen zu durchforsten. Doch er hatte bereits die letzten fünf Jahre auf den Listen nach Daemons Namen gesucht; seitdem die Narren des Dunklen Rates entschieden hatten, dieser zweimal jährlich stattfindende ›Dienstbasar‹ sei die beste Methode, um die Leute geordnet einreisen zu lassen, die zu hunderten aus Terreille flohen und versuchten, in Kaeleer Fuß zu fassen. Jedes Mal dachte er darüber nach, warum Daemons Name nicht darunter war. Und wie jedes Mal ließ er nur eine einzige Erklärung gelten: Er suchte einfach nicht nach dem richtigen Namen.
Sehr wahrscheinlich war das allerdings nicht. Egal, unter welchem Namen Daemon Sadi nach Kaeleer gelangte, auf dem Basar würde er sich seines eigenen bedienen. Hier gab es zu viele Leute, die ihn wiedererkennen könnten. Außerdem war es verboten, bezüglich der Juwelen zu lügen, die man trug, und auf Zuwiderhandlung stand die sofortige Ausweisung aus dem Reich – man wurde entweder zurück nach Terreille oder in den endgültigen Tod geschickt. Seinen Namen zu ändern,
gleichzeitig aber zuzugeben, dass er im Besitz der schwarzen Juwelen war, würde ihn wie einen Narren aussehen lassen, denn er war der einzige Mann neben dem Höllenfürsten, der jemals in der Geschichte des Blutes Schwarz getragen hatte. Die Dunkelheit wusste, dass Daemon vieles war, aber ein Narr war er nicht!
Noch während Lucivar versuchte, seine eigene Enttäuschung zu verdrängen, fragte er sich, wie er seinen Misserfolg Ladvarian erklären sollte. Der Sceltiekrieger hatte so nachdrücklich darauf bestanden, dass Lucivar die Listen diesmal ganz besonders sorgfältig durchgehen sollte. Er war sich seiner Sache so sicher gewesen. Vielleicht hätte es manch einer eigenartig gefunden, dass er sich Sorgen darum machte, einen Hund zu enttäuschen, der ihm gerade mal bis an die Knie reichte, doch wenn der beste Freund dieses Tiers eine gewaltige Raubkatze von dreihundertfünfzig Kilo war, nahm man die verletzten Gefühle des Vierbeiners besser nicht auf die leichte Schulter.
Lucivar schob diese Gedanken beiseite, sobald er das so genannte eyrische Lager erreichte: ein großer Pferch, der aus kahler, zertrampelter Erde, einer schlecht zusammengezimmerten Kaserne, einer Wasserpumpe und einem riesigen Trog bestand. Gar nicht so anders als die Sklavenhütten in Terreille. Oh, natürlich gab es bessere Unterbringungsmöglichkeiten für diejenigen, die noch genügend Gold- oder Silbermünzen besaßen, um dafür bezahlen zu können. Dort bekam man dann sogar heißes Wasser und ein Bett, das nicht nur aus einem Schlafsack auf dem Boden bestand. Doch für die meisten war es so wie hier: Es kostete sie Mühe, auch nur einigermaßen vorzeigbar auszusehen, nachdem sie tagelang gewartet, gerätselt und gehofft hatten. Selbst bei einem Volk, dem die Arroganz zur zweiten Natur geworden war, konnte er die Erschöpfung spüren, die von zu wenig Essen, zu wenig Schlaf und permanenter Anspannung herrührte. Die Verzweiflung lag beinahe greifbar in der Luft.
Er öffnete das Tor und trat ein. Die meisten Frauen hielten
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