Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
sich nicht weit von der Kaserne auf. Der Großteil der Männer
stand in kleinen Gruppen in der Nähe des Tors. Manche warfen ihm einen Blick zu und beachteten ihn dann nicht weiter. Ein paar versteiften sich und blickten fort, womit sie ihn auf dieselbe Art abtaten, wie sie ihn damals als Jungen mit Verachtung gestraft hatten, als er noch selbst geglaubt hatte, ein Bastard zu sein.
Ein paar Männer kamen jedoch auf ihn zu, jede ihrer Bewegungen eine stumme Herausforderung.
Lucivar quittierte ihr Gebaren mit einem langsamen, arroganten Lächeln. Dann kehrte er ihnen einfach den Rücken und ging auf einen Krieger zu, dessen ganze Aufmerksamkeit zwei Jungen galt, die das Kämpfen mit der Stange übten.
Einer der Jungen bemerkte Lucivar und verschwendete von da an keinen Gedanken mehr an seinen Sparringspartner. Der andere Junge nutzte die Gelegenheit und versetzte seinem Gegner einen Schlag in die Magengrube.
»Beim Feuer der Hölle, Junge«, meinte der Krieger derart erbost, dass Lucivar grinsen musste. »Du kannst von Glück sagen, dass du bloß Magenschmerzen hast und nicht eine Delle in deinem Dickschädel! Du hast nicht aufgepasst.«
»Aber…« Der Junge begann den Arm zu heben, um auf Lucivar zu deuten.
Der Krieger versteifte sich, drehte sich jedoch nicht um. »Wenn du dir Sorgen um den Mann machst, der dich noch gar nicht erreicht hat, wird dich derjenige umbringen, mit dem du bereits kämpfst.« Dann wandte er sich langsam um und riss die Augen auf.
Lucivars Grinsen wurde breiter. »Du verweichlichst auf deine alten Tage, Hallevar. Früher hätte ich nach dem Hieb in den Bauch anschließend zur Strafe eine Ohrfeige von dir bekommen. «
»Passiert es dir seitdem etwa mitten im Kampf, dass du nicht aufpasst?«, knurrte Hallevar.
Lucivar lachte nur.
»Warum beschwerst du dich dann? Steh still, Junge, und lass dich ansehen.«
Den beiden Jungen standen die Münder offen ob der Respektlosigkeit,
mit der Hallevar einen Kriegerprinzen behandelte. Die Männer, die Lucivar bemerkt hatten und mit ihm sprechen – oder kämpfen – wollten, hatten zu seiner Rechten einen Halbkreis gebildet. Doch er rührte sich nicht, während Hallevar ihn ausführlich musterte. Er reagierte nicht auf das leise, anerkennende Knurren des älteren Mannes und verbiss sich ein Lachen, als Hallevar das dichte schwarze Haar, das Lucivar bis auf die Schultern hing, mit einem missbilligenden Blick bedachte.
Mit seiner Frisur verstieß er gegen die Tradition, denn eyrische Krieger trugen ihr Haar kurz, um es einem Feind unmöglich zu machen, daran zu reißen. Nachdem er jedoch vor acht Jahren aus den Salzminen von Pruul entkommen und in Kaeleer gelandet war, anstatt zu sterben, hatte er mehr als diese eine Tradition von sich abgeschüttelt – und war auf diese Weise auf andere Bräuche gestoßen, die noch älter waren.
»Nun«, meinte Hallevar schließlich mürrisch, »du bist groß und stark geworden, und auch wenn dein Gesicht nicht mal halb so hübsch ist wie das des sadistischen Bastards, den du deinen Bruder nennst, werden sich die Ladys davon betören lassen, wenn es dir gelingt, dein Temperament lange genug im Zaum zu halten.« Er massierte sich den Nacken. »Aber dies ist der letzte Tag des Basars. Es bleibt dir nicht viel Zeit, um Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen.«
»Das Gleiche gilt für dich«, entgegnete Lucivar. »Und mit diesen Welpen herumzutollen wird niemandem zeigen, was wirklich in dir steckt.«
»Wer will schon zähen Knorpel, wenn er frisches Fleisch haben kann?«, murmelte Hallevar und wandte den Blick ab.
»Hör auf, dein eigenes Grab zu schaufeln«, fuhr Lucivar ihn an. Es gefiel ihm nicht, wie erleichtert er war, als in Hallevars Augen Zorn aufflackerte. »Du bist ein erfahrener Kämpfer und geübter Waffenmeister, vor dem noch genug Jahre liegen, um ein oder zwei weitere Generationen zu tüchtigen Kämpfern auszubilden. Das hier ist bloß ein anderes Schlachtfeld, also greif zur Waffe und zeig, was in dir steckt.«
Gegen seinen Willen musste Hallevar lächeln.
Um sein Gleichgewicht wiederzufinden, richtete Lucivar seine Aufmerksamkeit auf die übrigen Männer. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie ein paar der Frauen mit Kleinkindern herüberkamen.
Entschlossen verdrängte er die Gefühle, die zu nah an der Oberfläche brodelten. Er musste seine Wahl sorgsam und bedächtig treffen. Es gab Leute, die sich an die Art, wie die Angehörigen des Blutes in Kaeleer lebten, gewöhnen und sich selbst hier
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