Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
bis das Gehirn von alten Gewohnheiten abließ.
Sie setzte sich auf den Stuhl und beugte sich vor, die Arme auf die Oberschenkel gestützt. »Hier sind deine Wahlmöglichkeiten: Du kannst mir entweder alles erzählen, was du darüber weißt, warum ich hier gelandet bin. Im Gegenzug bringe ich das Töten zu Ende und befreie dich von dem, was von deinem toten Körper übrig ist.«
Ausgiebige Flüche waren ihre einzige Antwort.
»Oder«, fuhr sie mit drohender Stimme fort, um ihn zu übertönen, »ich kann deinen erbärmlichen Kadaver zum Bergfried schleppen und dem Höllenfürsten auf den Schreibtisch werfen. Dann erzähle ich ihm, dass du nicht nur seine Nichte entführt, sondern obendrein für das Luder gearbeitet hast, das versucht hat, seiner Tochter ein Leid anzutun und den Ruf seines Sohnes in den Schmutz zu ziehen. Du kannst dir vielleicht vorstellen, wie Saetan SaDiablo darauf reagieren wird.«
Wahrscheinlich wäre er blass geworden, wenn er dazu immer noch in der Lage gewesen wäre.
»Saetan SaDiablo?«
Du hast wirklich nur Augen für deine Belohnung gehabt und auf nichts anderes geachtet, nicht wahr? »Prinz der Dunkelheit. Höllenfürst. Patriarch der Familie SaDiablo. Da er über fünfzigtausend Jahre Erfahrung darin hat, im Dunklen Reich zu herrschen, wird ihm der Umstand, dass du dämonentot
bist, nicht weiter im Weg stehen, wenn er dir Schmerzen zufügen möchte. Mit wem willst du dich also unterhalten, Süßer? Mit mir oder mit Onkel Saetan?«
Ich wollte Informationen über das Luder, das ihn angeheuert hat , nicht seine Lebensgeschichte, dachte Surreal eine Stunde später. Doch angesichts der Alternativen, mit denen sie ihn konfrontiert hatte, verstand sie, warum der Krieger derart gründlich ausgepackt hatte.
Wie versprochen hatte sie das Töten zu Ende geführt und die letzten Reste seiner Macht verglühen lassen, sodass sein Geist frei war, in die Dunkelheit einzugehen. Da waren ihr die Höllenhunde eingefallen, die ihrer Mutter gehorcht hatten, und um die sich nun niemand mehr kümmerte - falls solche Tiere tatsächlich jemanden brauchten, der sich um sie kümmerte -, und sie hatte den Rumpf und die übrigen Leichenteile mit einem Kühlzauber belegt, war auf die Winde aufgesprungen und reiste nun zum Bergfried.
Draca, die Seneschallin des Bergfrieds, nahm ihre Gabe kommentarlos entgegen und bot ihr im Gegenzug ein Gästezimmer an, in dem sie sich waschen und eine Mahlzeit zu sich nehmen konnte. Sie willigte ein, dankbar für die Möglichkeit, sich gründlich reinigen und frische Sachen anziehen zu können. Es freute sie, als Draca ihr zusammen mit dem Essen eine Auswahl an Büchern heraufschickte. Sie entschied sich für eines und beschloss, sich ein paar Stunden auszuruhen. Vielleicht würde Saetan bis dahin zurück sein, und sie hätte Gelegenheit, sich mit ihm zu unterhalten, bevor sie wieder nach Amdarh aufbrach.
Es gab keinen offiziellen Landeplatz auf der Insel, da Besucher in den meisten Fällen nicht willkommen waren - und jeder, der nicht willkommen war, überlebte seine Ankunft normalerweise nicht lange. Doch Saetan hoffte, an einem sicheren Ort zu landen, als er sich vom schwarzen Wind fallen
ließ und sich mit schwarzen Schilden umgab, während er seine inneren Barrieren so weit wie möglich schloss.
Einen Augenblick später erschien er mitten auf einer kleinen Lichtung. Die Bäume und Büsche um die Lichtung waren von Netzen verschleiert, manche alt und zerfetzt, andere hingegen frisch gesponnen.
Trotz seiner eigenen Machtfülle spürte er das leise Ziehen, das von jenen Verworrenen Netzen ausging und ihn dazu überreden sollte, seinen Geist nur ein klein wenig zu öffnen und in einen Traum zu verfallen, aus dem er vielleicht nie wieder erwachen würde.
Er schloss die Augen und kämpfte die Versuchung nieder - und fragte sich, wie es die verwandten Wesen, die Ladvarian hier zu Jaenelles Heilung versammelt hatte, geschafft hatten, geistig unversehrt zu bleiben. Oder hatten die goldenen Spinnen in jenen Wochen davon abgesehen, ihre Verworrenen Netze zu spinnen?
*Ich bin der Höllenfürst.* Er sandte den Gedanken über das ganze Land. *Ich muss mit der Traumweberin sprechen. Es geht um Jaenelle.*
Er wartete ab. Allmählich wurde ihm bewusst, dass all das leise mentale Zerren verschwunden war, bis nur noch ein einziger Faden an ihm zog. Stark. Mächtig. Aber nicht bedrohlich. Nur ein Faden, von dem er sich leiten lassen konnte.
Er folgte einem Pfad, der von der Lichtung
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