Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
außerdem wirksamer.«
Morghann nickte. »Etwas, das dir mit einem Tropfen roter Macht gelingt, könnte ich mit drei oder vier Tropfen grüner Macht nachmachen - und Marian könnte es tun, indem sie mehr ihrer purpurnen Kraft benutzt. So funktioniert es nun einmal. Drei Leute, die den gleichen Zauber anwenden, erschaffen die gleiche Sache. Von ihrer Juwelenstärke hängt nur ab, wie viel Macht sie verwenden müssen, und wie wirksam der Zauber ist.«
»Nicht in diesem Fall.« Saetan neigte den Kopf in Richtung der Rosenbüsche. »Es ist mir nicht gelungen, den Zauber nachzuahmen, indem ich die entsprechende Kunst benutzte, die Rose, Purpur und Grün entsprach, welche Jaenelle einsetzte. Ihr beiden habt es geschafft, weil eure Macht die entsprechende Wirksamkeit besitzt.«
Marian legte die Stirn in Falten. »Wie … hat Jaenelle es dann alleine geschafft, den Illusionszauber zu erschaffen?«
»Ich weiß es nicht.« Aber ich werde es herausfinden. »Sag Lucivar, ich werde so bald wie möglich zurück sein.« Er ging auf die Tür zu. In Gedanken war er schon bei den Fragen, die er zu stellen gedachte, um ein paar Antworten zu erhalten.
»Wohin gehst du?«, wollte Marian wissen.
Saetan blieb im Türrahmen stehen und drehte sich zu den beiden Hexen um. »Ich werde einen alten Freund besuchen.«
Saetan stieg die Steinstufen hinab. In den Jahren, in denen Jaenelle als Königin des Schwarzen Askavi geherrscht hatte, war er diese Treppe viele Male hinuntergegangen. Seitdem er im Bergfried lebte, führte ihn sein Weg mindestens zweimal im Monat hinab, weil er wusste, was Einsamkeit bedeutete; und eine Stunde Gesellschaft ab und an war alles, was er diesem uralten Wesen zu bieten hatte.
Die Flügeltür am Fuß der Treppe schwang auf. Fackeln an den Wänden flammten auf, als er auf das andere Ende des gewaltigen Saales zuging, an dem der Kopf des Drachen durch eine Öffnung in der Wand ragte.
Er kam nicht umhin, den einfachen Thron und das zerborstene Zepter anzusehen, das genau an der Stelle auf dem Sitz lag, an die Draca es gelegt hatte, nachdem sie dem Ersten Kreis eröffnet hatte, dass es die Königin des Schwarzen Askavi sowie den Dunklen Hof nicht mehr gab. Machten diese Erinnerungsstücke Draca oder ihrem Gefährten, dem legendären Prinzen der Drachen, je zu schaffen? Oder war es in ihren Augen ein Denkmal für eine Königin, welche die mächtigste Hexe in der Geschichte des Blutes gewesen war?
Er wandte den Blick ab - und sah, dass die großen goldenen Augen des Drachens sich mittlerweile geöffnet hatten und ihn beobachteten.
»Lorn«, sagte er.
*Sss … Saetan.*
»Ich brauche Antworten.«
*Du hast … sss … keine Fragen gestellt*, erwiderte Lorn belustigt.
Saetan war alles andere als amüsiert. »Was ist Schatten der Dämmerung?«
*Es … sss … ist das … sss … Juwel für das Herz von Kaeleer. *
Frustration stieg in ihm empor. »Aber was ist es? Wie kann ein Juwel sich verhalten, als bestünde es aus mehreren Juwelen? Wie hast du es erschaffen?«
*Ich habe es nicht erschaffen. Das wart ihr.*
Saetan starrte Lorn an.
*Vater. Bruder. Geliebter. Ihr habt Schatten der Dämmerung erschaffen.*
Netze der Macht, die im Abgrund über eine Kluft gespannt waren. Er raste empor, um Hexe aufzufangen, als sie auf jene Netze zustürzte. Lorns Warnung in seinem Kopf, dass sie Jaenelle verlieren würden, sollte sie durch sämtliche Netze hindurchbrechen. Er fing sie und fiel zusammen mit ihr durch die Netze von Weiß, Gelb und Tigerauge, während er darum rang, ihren Sturz zu verlangsamen. Lucivar trat an seine Stelle und rollte mit Hexe über das Netz von Rose, während sie hindurchbrachen. Er rollte sich mit ihr auf den anderen Netzen ab, sodass ihr Fall allmählich langsamer wurde, und sie in einen Kokon der Macht gewickelt wurde. Daemon übernahm sie beim grünen Netz und kämpfte darum, dass sie nicht noch weiter fiel, kämpfte um den Menschen, dem sein Herz gehörte. Schließlich blieben sie auf dem schwarzen Netz liegen.
Ein Juwel, das aus verschiedenen Schichten bestand? Ein Juwel, das diese unterschiedlichen Schichten auf irgendeine Weise in sich bewahrt hatte? Solch ein Juwel war natürlich außergewöhnlich … aber dennoch stand es niedriger als ihr Geburtsjuwel.
»Wir wussten es nicht«, sagte Saetan leise. Tiefer Kummer erfüllte sein Herz. »Wenn es uns klar gewesen wäre, hätte es vielleicht etwas gegeben, das wir anders hätten machen können.«
*Eure Aufgabe bestand … sss … darin,
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