Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
ihrer Jungfrauennacht zu erholen.«
»Natürlich wäre das sicherer gewesen – falls es uns gelingen sollte, Dena Nehele ohne einen weiteren Kampf zu erreichen. Wenn nicht … Das grüne Juwel ist bei einem Duell mit einem dunkleren Juwel verwundbar, aber es gibt nur zwei Juwelen, die Grau überwältigen können.«
Schwarzgrau und Schwarz. Und nur zwei Angehörige des
Blutes im ganzen Reich Terreille trugen sie: Lucivar Yaslana und Daemon Sadi.
Jared glaubte nicht, dass Dorothea SaDiablo töricht genug wäre, ausgerechnet einen von diesen beiden zu ihrem Empfang zu schicken.
Doch der Gedanke an Daemon rief ihm etwas anderes ins Gedächtnis.
»Hast du je etwas von einem Unsichtbaren Ring gehört?«, fragte Jared.
Erst blickte Talon überrascht drein, dann nachdenklich. Er blies sich auf die Hände, um sie aufzuwärmen, bevor er sie in den Taschen seines Mantels verschwinden ließ. »Es ist schon einige Jährchen her, seitdem jemand mir gegenüber den Unsichtbaren Ring erwähnt hat«, sagte er mit einer Spur von Trauer, ja von Bitterkeit. »Sobald man damit anfängt, den Ring des Gehorsams in einem Territorium einzusetzen, scheint niemand mehr von irgendeinem Ring, egal welchem, reden zu wollen.«
Jared atmete langsam aus. »Ich trage den silbernen.«
»Das habe ich mir schon gedacht.« Talon sah ihn an und lächelte. »Ich auch.«
Jared wusste nicht, was er erwidern sollte.
Talon sagte leise: » Solange die Sterne am Himmel glühn, wählt aus, was ihr wollt: Für Ehre steht der silberne Ring, für Liebe der aus Gold .« Er setzte ein klägliches Lächeln auf. »Keine Meisterlyrik, aber so hat man es mir beigebracht.«
Jared lehnte sich an die Mauer der heiligen Stätte. »Kein Ring, den man anfassen kann, aber deshalb nicht weniger wirklich.«
Talon nickte. »Sehr real. Und manchmal trägt ein Mann so schwer an dieser Last, dass er beinahe das Gefühl hat, ihn anfassen zu können.«
»Ja«, flüsterte Jared.
Wieder nickte Talon, fuhr dabei jedoch fort, zu den Sternen emporzublicken. »Ich war etwa in deinem Alter, als ich zum Geächteten wurde. Eigentlich hätte ich laut Vertrag noch zwei Jahre am Hof einer Provinzkönigin dienen müssen, aber an
dem Hof geschahen eigenartige Dinge. Sie hat sich verändert, hat angefangen, den hayllischen Gesandten und Adeligen, die zu Besuch kamen, ein wenig zu viel Achtung zu zollen. Eines Tages ist mir klar geworden, dass ich ihr nur weiterhin dienen könnte, wenn ich den silbernen Ring aufgeben würde.« Er hielt inne. »Ich wollte ihn auf keinen Fall aufgeben. Nicht damals. Nicht heute. Also nutzte ich den erstbesten Vorwand, um mich ein paar Tage vom Hof zu entfernen … und bin einfach immer weitergegangen. Damals habe ich mir selbst versprochen, niemals wieder an einem Hof zu dienen, mich niemals wieder in eine Situation zu begeben, in der ich mich entscheiden müsste, ob ich lieber einen feierlichen Schwur brechen oder meine Ehre aufgeben wollte.«
»Deshalb dienst du der Grauen Lady nicht offiziell.«
»Ich habe keinen Schwur abgelegt, also werde ich auch keinen brechen. Aber erliege keinem Irrtum, Jared. Auf ihre Weise diene ich ihr sehr wohl.«
Jared musste an den Irrtum denken, den der Junge begangen hatte, der er einst gewesen war. Er seufzte matt. »Wie viele Männer lassen sich von dem blenden, was sie für Liebe halten, und müssen schließlich feststellen, dass sie etwas viel Kostbareres geopfert haben?«
Talon legte Jared eine Hand auf die Schulter. »Gold blendet nicht, Krieger. Gold verlangt nicht Silber als Gegenleistung. Daran lässt sich erkennen, dass es sich tatsächlich um Gold handelt.«
Jared musterte den älteren Mann. »Hast du je geliebt?«
Talon zögerte. »Nein«, sagte er nach einiger Zeit. »Gold habe ich nie getragen. Komm schon. Wärmen wir uns ein bisschen am Feuer auf. Bis Sonnenaufgang bleiben uns noch ein paar Stunden Zeit.«
Gedankenversunken folgte Jared Talon zur Feuerstelle.
Vielleicht lag es nur an der Kälte oder daran, dass er müde war und sich Sorgen um Lia machte. Doch er hatte das Gefühl, etwas gehört zu haben, was gar nicht da war.
Oder vielleicht hatte tatsächlich ein Hauch von Wehmut – und Neid – in Talons Worten mitgeschwungen.
Es dämmerte bereits allmählich, als Lia und Thera aus der heiligen Stätte traten.
Jared schritt auf die beiden blassen, erschöpften Frauen zu, die einander im Arm hielten, als müssten sie sich gegenseitig stützen. Doch er blieb ein gutes Stück vor ihnen wie
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