Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
rechten Seite ein Feldweg von der Straße ab. Folge dem Weg eine weitere Meile. Auf der linken Seite befindet sich ein Eingang, der zu einer Lichtung führt. Dort gibt es eine Art Unterschlupf. Da werden wir heute Nacht unser Lager aufschlagen.«
Von diesen Anordnungen war wohl die wichtigste, dass er sie alle zu dem Unterschlupf bringen sollte. Wenn er sie dazu zwingen wollte, seinen Sklavenstatus anzuerkennen, anstatt so zu tun, als diene er ihr quasi als freier Mann, war jetzt der Zeitpunkt, ihr klarzumachen, dass sie ihm für jede einzelne Handlung spezifische Befehle zu erteilen hatte.
Die erschöpfte Pein in ihrem Gesicht, die Schatten in ihren Augen sowie die Nervosität, die sie verströmte, hielten ihn genauso davon ab wie die Missbilligung des Kriegerprinzen.
»Ich werde mich darum kümmern«, sagte Jared leise, wobei er jedoch darauf achtete, dass seine Stimme farblos klang und keinerlei Loyalität mitschwang. Er war sich nicht sicher, ob sie seine Treue verdient hatte, egal, was dieser geächtete Bastard denken mochte. Doch ihm war kalt, er war durchnässt und hungrig, und in diesem Augenblick war kein Akt des Widerstands es wert, den Zeitpunkt hinauszuzögern, an dem sie alle etwas essen und sich ausruhen konnten. Aber beim Feuer der Hölle, mit ansehen zu müssen, wie sie Schmerzen litt, nagte so sehr an ihm, dass er am liebsten seine Wut an etwas ausgelassen hätte, bis ihre Schmerzen verschwanden!
Mit dem linken Bein voran erklomm die Graue Lady die Stufen in den Wagen. Thera warf Jared einen strengen Blick zu und sagte nichts, als er der Grauen Lady ins Innere folgte.
Falls die anderen Männer die Gereiztheit bemerkten, mit der er den Befehl zum Aufbruch erteilte, ließ sich niemand etwas anmerken. Sie widersprachen nicht, als er darauf beharrte, dass Cathryn und Corry auf dem Fahrersitz saßen und Eryk und Tomas auf den gesattelten Pferden reiten sollten, die an der Rückseite des Wagens festgebunden waren. Dies war die vernünftigste Methode, die Kinder im Auge zu behalten. Genauso wenig stellten sie seinen Befehl infrage, dass Brock und Randolf die Nachhut bilden sollten. Und ein Blick in sein Gesicht genügte, um sämtliche Bemerkungen darüber im Keim zu ersticken, dass Garth in einer eigenartig beschützerischen Geste neben dem Wagen herging, anstatt wie sonst voranzulaufen. Jared war zu dem Entschluss gekommen, dass sie sich, zumindest vorläufig, nicht wie Sklaven verhalten würden, und niemand würde diese Entscheidung anfechten.
Jared lief vor dem Wagen her und versuchte, sich über seine widerstreitenden Gefühle klar zu werden. Er hatte mit eigenen Augen gesehen, wie die Graue Lady eine Sklavin an eine Bande Geächteter ausgeliefert hatte, und konnte nicht die Bitterkeit ignorieren, die diese Handlung in ihm hatte
aufsteigen lassen. Ebenso wenig konnte er jedoch seinen eigenen Beschützerinstinkt ablegen. Dazu dieser Kriegerprinz, der ihr die Hand geküsst und ihr mit dieser Geste absichtlich seinen Respekt gezollt hatte! Gab es einen versteckten Beweggrund, der sie dazu bewogen hatte, Polli an jene Geächtetenbande zu übergeben? Vielleicht gar nicht versteckt, nur nicht offensichtlich. Es gab Dinge an der Grauen Lady, die er nicht verstand – noch nicht. Das ließ Unbehagen in ihm aufsteigen.
Und wohin brachte sie den Rest ihrer Sklaven, wenn eine Bande Geächteter dagegen in ihren Augen als Sicherheit galt?
Blaed war etliche Minuten lang ein paar Schritte hinter ihm hergegangen. Jared winkte ihn zu sich, da er weder das Unglück des jüngeren Mannes noch seine eigene Neugier länger ertrug.
»Thayne wusste über dich Bescheid«, sagte Jared, um einen freundlichen Tonfall bemüht.
Blaed zuckte mit den Schultern, eine Geste die eher resigniert als unbekümmert wirkte. »Wir sind seit unserer Kindheit miteinander befreundet, obwohl er ein paar Jahre älter ist als ich. Von daher wusste er es natürlich.«
Und er hatte sich als echter Freund erwiesen und nichts gesagt. »Wie hast du es angestellt?«
»Gar nicht«, erwiderte Blaed rasch. In seinen haselnussbraunen Augen lag ein Flehen um Anerkennung – und der Hauch einer trotzigen Herausforderung, der besser zu seiner wahren Natur passte.
Du kannst nichts dagegen tun, was du bist, dachte Jared und betrachtete den jungen Kriegerprinzen, genauso wenig wie Männer wie Brock und Randolf unterdrücken können, dir gegenüber Misstrauen zu empfinden. »Jemand hat dich mit einem Zauber belegt, um zu verbergen, was du bist,
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