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Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht

Titel: Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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konnten, die bereits hier hausten.

    »Also diese« – Ungeheuer mit einem Spatzenhirn – »Jungen glauben, die Angehörigen des Blutes leben in schimmeligen Räumlichkeiten mit knarrenden Türen, ächzenden Dielenbrettern und Möbeln, die seit zehn Jahren nicht mehr abgestaubt worden sind, und wir essen in Zimmern, in denen die Spinnweben in den Ecken hängen und Ratten in den Wänden hausen?«
    Jaenelle lächelte freudestrahlend. »Ja, genau!«
    Marian ging um den sperrigen Tisch herum, der die Mitte des Zimmers einnahm. Wie sollte man dieses Monstrum sauber bekommen? Vielleicht mit einem Meißel. Oder einem Vorschlaghammer. Sie blieb an der Anrichte stehen und starrte das silberne Serviertablett an, dessen Anblick sie mit den Zähnen knirschen ließ.
    Wenigstens, dachte sie, war unter all dem angelaufenen Beschlag Silber.
    Der Anblick des völlig verschmutzten Tabletts ließ sie dennoch innerlich vor Wut kochen. Sie wandte sich ab und marschierte auf die nächste Tür zu, wobei sie knurrend die Zähne bleckte, als sie an dem schmutzigen Türknauf drehte. Es erforderte einige Kraftanstrengung, die verklemmte Tür zu öffnen, aber als sie endlich Erfolg hatte, musste sie feststellen, dass sie gar nicht aus dem Zimmer hinausführte. Stattdessen befand sich dahinter ein Wandschrank mit Regalböden, auf denen sich weiteres schwarz angelaufenes Silber und von Ungeziefer verseuchtes Leinen befanden. Sie ertrug es einfach nicht mehr.
    »Warum keine vermodernde Leiche?«, fragte Marian mit einer Stimme, die so verächtlich klang, dass sie ihr selbst ganz fremd vorkam. »Würden wir nicht unsere Feinde in einem Wandschrank einsperren und verhungern lassen, während sie uns beim Essen zusehen?«
    »Also …«, setzte Jaenelle an.
    »Du hast doch gesagt, dir schwebten Geschichtenerzähler vor. Erklär den« – Ungeheuern mit einem madenzerfressenen Spatzenhirn – »Jungen doch einfach, sie sollen diese Tür nicht aufmachen. Wenn sie auch nur im Entferntesten wie
Daemonar sind, öffnen sie die Tür so bald wie möglich, bloß um herauszufinden, warum sie es nicht tun sollen.«
    »Aber hier geht es nicht um kleine Kinder in Daemonars Alter«, widersprach Jaenelle. »Diese Kinder werden alt genug sein, um die Geburtszeremonie hinter sich zu haben – oder sie hätten sie hinter sich, wenn sie Angehörige des Blutes wären. Ein Kind in dem Alter wird gewiss keine Tür öffnen, nachdem man ihm gesagt hat, das solle es nicht tun.«
    »Dann erschaffe den Illusionszauber eines Jungen im richtigen Alter. Lass ihn die Tür aufmachen. Ja, lass am besten gar keinen Türknauf an der Tür sein, bis der Geisterjunge auftritt. Dann erscheint ein gespenstiger Knauf, an dem nur er drehen kann.«
    »Man hatte ihm erklärt, er solle die Tür nicht aufmachen, aber er hat es doch getan – und der Knauf ist abgefallen, als er ihn berührte, sodass der Schließzauber, mit dem die Tür verriegelt war, außer Kraft gesetzt worden ist«, sagte Jaenelle. »Der Geisterjunge weicht zurück, und die Besucher hören ein boshaftes Lachen, während sich die Tür langsam öffnet.«
    »Und in dem Moment erblicken sie das Skelett des Jungen, dem gesagt worden war, er solle die Tür nicht öffnen.«
    Und der anscheinend auch als Geist immer noch ungehorsam war.
    »Das Skelett«, sagte Jaenelle leise. »Ja. Das Skelett eines Jungen. Mit gerade einmal so viel Kopfhaut, dass man noch Haarbüschel sehen kann, der aber ansonsten zerlumpte Kleidung über sauberen Knochen trägt.«
    »Haben wir das nicht alle in unseren Wandschränken, zusammen mit den Tischtüchern und Servietten?«
    Schweigen erfüllte das Zimmer. Dann …
    »Marian«, hauchte Jaenelle. »Das ist genial! Wir müssen uns nur noch einfallen lassen, warum er die Tür nicht öffnen sollte, aber … Es ist genial! «
    Das hatte sie davon, wenn sie versuchte, gehässig zu sein! Sie war offensichtlich nicht dafür geschaffen.
    »Komm schon«, sagte Jaenelle und ging auf den Korridor
zu. »Sehen wir einmal, welcher Unsinn uns für die Zimmer im ersten Stock einfällt.«
    Marian starrte zu der leeren Türöffnung und überlegte, was sie oben erwarten mochte. Schlafzimmer. Badezimmer. Wandschränke. Und darüber der Dachboden.
    Als sie die Türöffnung erreichte, knarrten die alten Treppenstufen geräuschvoll. Jaenelle stieß ein entzücktes Lachen aus. Marian betrachtete die Liste, die Jaenelle nach den Vorstellungen erstellt hatte, welche die Landenjungen vom Lebenswandel der Angehörigen des Blutes

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