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Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht

Titel: Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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Härte verlieren werde, die mich zu dem macht, der ich bin, zu dem, was ich bin. Manchmal frage ich mich: Wenn der Tag kommt, mich als Verteidiger zu bewähren, werde ich dann zu weich sein, zu zahm, um das zu beschützen, was mir am meisten entrichten muss?«
    So. Er hatte es ausgesprochen. Hatte die Frage gestellt.
    Und Saetan stand nur da und starrte auf seine Bücher, während er sachte mit den Fingerspitzen über den obersten Einband strich.
    »Du wirst diese unerbittliche Härte niemals verlieren«, sagte Saetan unvermittelt, leise. »Daemon, dieses Leben, das du nun führst, ist genau das, was ich mir immer für dich gewünscht habe. Und ich hoffe inständig, dass dir Jahrzehnte bevorstehen, in denen die schlimmsten Herausforderungen in deinem Leben der Sex am Morgen mit deiner Frau und eine verstörte Katze sind. Aber ich kann dir sagen, hier und jetzt, dass du diese Härte dennoch niemals verlieren wirst. Gleichgültig, wie lange dieses angenehme Leben verhüllt, wer und was du im Grunde deines Wesens bist – an dem Tag, an dem du die kalte Klinge deiner Natur zücken musst, wird sie genauso scharf geschliffen und tödlich sein, wie sie es jetzt ist. Vielleicht sogar noch mehr.«
    Eine Anspannung, die ihm gar nicht bewusst gewesen war, löste sich aus seinen Muskeln. Dies war die Frage, die zu stellen er hergekommen war. Und er hatte die Antwort erhalten, die zu hören er gehofft hatte.
    »Tja«, sagte Saetan mit einem trockenen Lächeln, »warum kümmerst du dich nicht um die Familiengeschäfte und lässt mich …«
    Die Tür ging auf. Lucivar kam herein. Daemon erstarrte
und spürte zugleich, wie sich Saetan neben ihm versteifte. Nicht wegen Lucivar, sondern wegen -
    »Onka Daemon! Großpapa!«
    Daemonar hielt die Arme ausgestreckt. Die winzigen Füße gegen die Hüfte seines Vaters gestemmt, schlug er mit den kleinen Flügeln. Ein glücklicher kleiner eyrischer Junge … in einem Zimmer voller Bücher von unschätzbarem Wert.
    Der Gedankte jagte Daemon Angst und Schrecken ein.
    »Hallo«, sagte Lucivar, der versuchte, den sich windenden Jungen unter Kontrolle zu halten, ohne einen Tobsuchtsanfall heraufzubeschwören. »Habt ihr beiden von diesem Spukhaus gehört, das Jaenelle und Marian planen?«
    Unvermittelt hatte Saetan ihn am Arm gepackt und zerrte ihn so rasch auf die Tür zu, dass Lucivar kurz darauf rückwärts in den Korridor taumelte.
    »Ja, Daemon hat mir gerade eben davon erzählt. Meiner Meinung nach ist das eine Angelegenheit, die ihr beide besprechen solltet, denn um derlei Dinge sollten sich Ehemänner kümmern, keine Väter. Aber wenn mir etwas einfallen sollte, das hilfreich sein könnte, werde ich es euch bestimmt wissen lassen.«
    Und im Nu stand auch Daemon im Korridor und starrte die geschlossene Tür an, das deutliche Einschnappen eines Schlosses im Ohr.
    »Tja«, meinte Lucivar. »Damit wären wir wohl entlassen.«
    Lucivars Mund war zu einem trägen, arroganten und gefährlichen Lächeln verzogen, aber sein Tonfall passte nicht dazu.
    Daemon betrachtete seinen Bruder. Seinen Halbbruder , aber diese Unterscheidung hatten sie nie getroffen. Der augenfälligste Unterschied zwischen ihnen waren Lucivars dunkle Flügel, die nur Eyrier besaßen, nicht aber Hayllier oder Dhemlaner, die anderen beiden langlebigen Völker. Und er hatte die ganze Arroganz und selbstbewusste Haltung, die in der Natur eines eyrischen Mannes lagen – besonders eines Eyriers, der Kriegerprinz war und schwarzgraue Juwelen trug.

    »Möchtest du …«, setzte Daemon an.
    »Nein.« Zu scharf, beinahe schneidend, auch wenn er weiterhin lächelte. »Habe zu tun.«
    Auf einmal spürte Daemon eine Distanz zwischen ihnen. Weshalb sie da war, konnte er sich beim besten Willen nicht erklären. »Wollen wir uns heute Abend auf einen Drink treffen? Ich könnte zu euch …«
    »Ich komme auf die Burg. Bis dann, Bastard.«
    »Pass auf dich auf, Mistkerl.«
    »Tschüs, Onka Daemon! Tschüs!«
    Er winkte zum Abschied, bis Lucivar und Daemonar um eine Ecke in dem Korridor verschwunden waren. Dann blickte Daemon zu der versperrten Tür zurück und seufzte.
    Vielleicht musste er nicht mehr auf Messers Schneide tanzen wie damals, als er noch in Terreille lebte, aber es sah doch nicht so aus, als verliefe sein gegenwärtiges Dasein allzu einfach.
     
    Saetan lehnte an der verschlossenen Tür und starrte zur Decke empor.
    Warum habe ich mir bloß Kinder gewünscht?
    Das Gespräch mit Daemon hatte ihn durcheinandergebracht, und er

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