Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht

Titel: Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
Vom Netzwerk:
hatten.
    Möge die Dunkelheit Erbarmen haben!

    Vorsichtig lehnte Daemon sich gegen den gewaltigen Ebenholztisch, der als Arbeitsfläche für diejenigen Gelehrten fungierte, die das Lesematerial in diesem Teil der Bibliothek des Bergfrieds benutzen durften. Eine kleine Muskelzerrung an seinem Rücken. Nichts weiter. Insgesamt war er glimpflich davongekommen.
    Verfluchte Katze.
    »Was führt dich heute in den Bergfried?«
    Zuneigung. Trockene Belustigung. Liebe. All diese Dinge schwangen in der tiefen Stimme mit. Er drehte den Kopf und sah den Mann an, der die Bücher sortierte, die sich in der Mitte des Tisches stapelten.
    Ein gut aussehender Hayllier, dessen dichtes schwarzes Haar an den Schläfen stark von Silbersträhnen durchzogen war. Sein Gesicht spiegelte allmählich die Last seines langen Lebens wider, aber am tiefsten hatten sich Lachfältchen in die braune Haut gegraben, die die goldenen Augen umgab. Er war ein Hüter, einer der lebenden Toten, und er war mehr als fünfzigtausend Jahre durch die Reiche gewandert.
    Er war Saetan Daemon SaDiablo, ein Kriegerprinz mit schwarzem Juwel, der Prinz der Dunkelheit, der Höllenfürst, der Hohepriester des Stundenglases. Ehemals der Haushofmeister des Dunklen Hofes- und immer noch der inoffizielle
Haushofmeister des gleichen inoffiziellen Hofes – und nun zudem der stellvertretende Bibliothekar und Geschichtsschreiber des Schwarzen Askavi.
    Und er trug noch einen weiteren Titel, der in Daemons Augen am meisten zählte: Vater.
    Sie kannten sich im Grunde erst seit ein paar Jahren. Im Verlauf der Geburtszeremonie erhielt ein Kind das Juwel, das die Macht anzeigt, die diesem jungen Gefäß innewohnte. Außerdem war sie der Zeitpunkt, an dem die Vaterschaft für ein Kind formell bestätigt oder verweigert wurde. Bei Daemons Geburtszeremonie, während er stolz sein rotes Juwel in Händen gehalten hatte, war die Vaterschaft verweigert worden. Man hatte Saetan jegliches Anrecht auf seinen Sohn genommen, und sie hatten einander verloren – bis das gegenseitige Bedürfnis, ein mächtiges, aber zerbrechliches Mädchen zu beschützen, sie wieder zusammengeführt hatte.
    Jetzt hatte Daemon einen Vater, jemanden, mit dem er sich unterhalten konnte, jemanden, der sein Wesen besser verstand als alle anderen, da er als einziger anderer Mann ebenfalls das schwarze Juwel trug und die Macht einer Schwarzen Witwe besaß. Besser sogar als Lucivar.
    »Benötige ich einen Grund, um dich zu besuchen?«, fragte Daemon.
    »Gewiss nicht«, erwiderte Saetan, während er ans andere Ende des Tisches ging und drei Bücher neben einen weiteren Stapel legte.
    Daemon trat ein wenig zur Seite, um die Stapel besser sehen zu können. Handelte es sich um Bücher, die ausrangiert werden sollten, oder um Werke, die Saetan und Geoffrey, der Geschichtsschreiber und Bibliothekar des Bergfrieds, bewahren wollten?
    Alte Bücher, den Buchdeckeln nach zu schließen. Die meisten waren so alt, dass die Titel verblasst waren und sich die Einbände trotz der Bewahrungszauber, die sie so lange erhalten haben mussten, zu lösen begangen. Die Bände in der riesigen Bibliothek des Bergfrieds zu sortieren, war
eine fortlaufende Tätigkeit, und mit jedem einzelnen Buch musste sorgfältig umgegangen werden.
    »Es freut mich immer sehr, dich zu sehen, Daemon«, sagte Saetan, der nun wieder zu den Stapeln in der Mitte des Tisches zurückkehrte. »Aber ich erkenne sehr wohl den Unterschied zwischen einem Gelegenheitsbesuch und einer Visite, wenn einer von euch vorbeischaut, weil ihn etwas beschäftigt.«
    Ertappt. Aber er war noch nicht bereit, die Frage zu stellen. Also brachte er ein anderes Thema zur Sprache. »Hast du von dem Spukhaus gehört?«
    »Dem was?«
    Voll boshafter Belustigung erzählte Daemon seinem Vater alles über Jaenelles Vorhaben, ein Haus zu erschaffen, das auf den Vorstellungen der Landenkinder vom Lebenswandel der Angehörigen des Blutes basierte – und sah mit an, wie der Höllenfürst immer bleicher wurde.
    »Du beliebst zu scherzen«, sagte Saetan heiser.
    Daemon schüttelte den Kopf. »Jaenelle und Marian befinden sich in diesem Augenblick dort und besichtigen das Haus.«
    »Kannst du die Sache nicht verhindern?«
    »Hast du einen Vorschlag, wie ich das anstellen soll?«
    Eine Minute lang beobachtete Daemon seinen Vater beim schweigenden Sortieren der Bücher, wobei er sich sicher war, dass der Mann nicht darauf achtete, was er wohin legte. Später würde er gewiss alles noch einmal sortieren

Weitere Kostenlose Bücher