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Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht

Titel: Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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fallen.«
    »Ich denke schon.« Er hätte sie nicht darum gebeten, sich fernzuhalten, doch er war erleichtert, dass sie einsah, wie sehr ihre Gegenwart jeglichen Versuch beeinträchtigen würde, der Sache auf den Grund zu gehen.
    Sie trat auf ihn zu und gab ihm einen zärtlichen Kuss. »Ihr werdet das schon regeln. Das schafft ihr beiden immer.«
    Er gab seinem inneren Bedürfnis nach, schlang die Arme um sie und liebkoste jene besondere Stelle in ihrem Nacken.
     
    Die mentale Signatur wogte durch die unteren Räumlichkeiten der Burg und kündigte Lucivars Laune an, noch bevor er
die Schwelle des Arbeitszimmers überschritten hatte. Arroganz. Zorn. Und Kränkung.
    Daemon lehnte sich an den Ebenholzschreibtisch und wartete darauf, dass sein Bruder durch die Tür stürzen würde, egal ob sie geöffnet oder geschlossen war.
    Wenn er es sich recht überlegte, war an diesem Tag schon genug zu Bruch gegangen. Mithilfe der Kunst öffnete er die Tür des Arbeitszimmers, kurz bevor der Eyrier eintrat.
    Lucivars Stimmung war explosiv, und die meisten Menschen hätten rasch das Weite gesucht, um dem Gewittersturm zu entkommen, der alles auf der Stelle zertrümmern würde, was sich ihm in den Weg stellte. Doch der Zorn kümmert Daemon nicht. Sie waren schon früher aneinandergeraten, und das würde ganz ohne Zweifel auch in Zukunft wieder geschehen. Und die Arroganz gehörte einfach zu Lucivar und machte ihn zu dem, der er war. Aber die Kränkung … Das war die Wunde, die sie mit einer Lanzette würden öffnen müssen.
    »Bastard«, sagte Lucivar und fing an, in dem Raum aufund abzulaufen.
    »Mistkerl.« Er beobachtete, wie Lucivar sich in dem Zimmer umsah, und es wie ein künftiges Schlachtfeld betrachtete.
    Wenn Lucivar nicht völlig entspannt war und sich in vertrauter Umgebung befand, vollzog er diese Einschätzung gewohnheitsmäßig. Er nahm die Möbelstücke nicht nach ihrer künstlerischen Gestaltung oder um ihres ästhetischen Wertes willen wahr. An einem Zimmer interessierte ihn nicht die Behaglichkeit. Er sah nur Waffen, Fallen und Verteidigungsmöglichkeiten. Dass er das Arbeitszimmer unter diesen Gesichtspunkten abschätzte, ließ nichts Gutes für das bevorstehende Gespräch ahnen.
    »Was ist mit deinem Rücken los?«, fragte Lucivar, als er am Schreibtisch vorüberpirschte, während seine goldenen Augen mit einem forschenden Blick die Einzelheiten in sich aufnahmen.
    Hätte ich mir denken können, dass es ihm auffällt, dachte
Daemon, der sich mit den Händen auf dem Schreibtisch abstützte. »Jaenelle hat die Katze angeschrien.« Obwohl Jaal genauso oft bei ihnen war wie Kaelas, war allen klar, dass sich der Ausdruck »die Katze« lediglich auf die weiße Riesenwildkatze bezog, nicht auf den Tiger.
    »Wenn du zu dumm bist, dich mit einem Schild zu schützen, hast du es verdient, verletzt zu werden.«
    Er spürte, wie sein Temperament sich regte, leicht an den Fesseln seiner Selbstbeherrschung zerrte.
    »Ich weiß, warum wir heute aus der Bibliothek geworfen worden sind.«
    Daemon blinzelte. Gab sich Mühe, sich auf das neue Thema einzustellen.
    »Daemonar ist noch ein kleiner Junge«, knurrte Lucivar. »Er begreift nicht, dass es sich bei den verfluchten Büchern um Kostbarkeiten handelt.«
    Da war die Kränkung, die auf einmal an die Oberfläche gelangte. Und unter der Kränkung gab es noch etwas anderes. Etwas, das ihm Sorge bereitete.
    »Richtig«, sagte Daemon vorsichtig. »Er ist noch ein kleiner Junge. Die Bibliothek ist kein angemessener Ort für ihn.«
    »Ist kein angemessener Ort für einen ungebildeten Eyrier. Willst du das nicht damit sagen?«
    Es war jemandem gelungen, Lucivar an einem der wenigen Punkte zu treffen, an denen er wirklich verletzlich war.
    Daemons Temperament fuhr die Krallen aus. Er stieß sich vom Schreibtisch ab. »Wer hat dir diesen Stich versetzt?«
    »Was?« Lucivar blieb abrupt stehen. Er öffnete leicht die Flügel, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Zu der hitzigen Gefühlsmischung, die das Zimmer erfüllte, gesellte sich nun auch noch Argwohn.
    » Wer? « Denn wer auch immer seinem Bruder wehgetan hatte, würde in einem tiefen Grab enden – und das Miststück würde zu dem Zeitpunkt, wenn er es dort deponierte, nicht unbedingt tot sein.
    »Ich bin nicht wie ihr! Ich kann nicht wie ihr sein. Weder wie der eine noch wie der andere.

    Ein mentales Schlittern auf emotionalem Eis. Daemon versuchte, sein Temperament im Zaum zu halten, obgleich es am liebsten mit ihm

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