Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht
Saphir-Rubin-Ohrring an ihrem linken Ohr befestigte. Ihr Blick begegnete dem seinen, während sie ein trockenes Lachen von sich gab. »Aber ich glaube, der Zustand, in dem sich das Haus befindet, hat Marian ein wenig aus der Fassung gebracht.«
Verdammt. Er hatte gehofft, die reizende Haushexe könnte vielleicht ihren Ehemann ein wenig beruhigen, bevor Lucivar herkäme. Wenn Marian selbst die Fassung verloren hatte, würde Lucivar als wandelnder Brandherd in der Burg eintreffen.
»Ihr werdet die Sache also durchziehen.« Er hatte den ganzen Nachmittag darüber nachgedacht. Das Spukhaus stellte nicht die geringste Gefahr dar. Es war lediglich ein törichter Zeitvertreib. Die Dunkelheit wusste, welch niederträchtige Dinge die Königinnen in Terreille angestellt hatten, um sich die Zeit zu vertreiben, und dieser Plan würde niemandem schaden. Doch etwas an der Sache störte ihn. Er kam bloß nicht dahinter, was es war.
»Ja, Daemon, wir werden die Sache durchziehen.«
Sie befestigte den anderen Ohrring am rechten Ohr, woraufhin seine Aufmerksamkeit von etwas gefesselt wurde, das viel interessanter als ein altes Haus war.
Er hatte ihr langes goldenes Haar immer geliebt, hatte geliebt, es mit den Händen zu berühren oder die Strähnen auf
seiner Haut zu spüren. Doch die kurzen Haare, die auf Surreals Drängen hin gut geschnitten und frisiert waren, umrahmten ihr Gesicht sehr hübsch und legten ihren Hals bloß. Und das faszinierte ihn in diesem Augenblick.
Der Punkt, an dem sich die Linien ihres Nackens und ihrer rechten Schulter trafen, war etwas Besonderes. Nicht auf der linken Seite; nur auf der rechten. Es war ein verlockender Duft. Ein besonderer Geschmack. Es war nichts, das sie sich auf die Haut sprühte, und unter der Haut befand sich keine Duftdrüse. Doch für Kriegerprinzen war diese besondere Stelle wie Katzenminze für einen Kater. Sie wollten den Duft einatmen, an der Stelle lecken, den Mund darüber schließen und …
Immer mit der Ruhe, Junge. Fang nichts an, was du erst viel später zu Ende führen kannst.
Er hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, wie oft er von hinten an sie herantrat und sie an jener Stelle küsste, immer einen Augenblick verweilend, um sie ganz zu schmecken, bis ihm aufgefallen war, dass Lucivar das Gleiche tat, auch wenn dessen Küsse rasch und freundschaftlich ausfielen. Bis ihm aufgefallen war, dass sämtliche Kriegerprinzen im Ersten Kreis das Gleiche taten, sogar Kaelas und Jaal; die Faszination wirkte also nicht nur auf menschliche Männer.
Und Jaenelle war nicht die Einzige, die diese besondere Stelle besaß. In Terreille war ihm dieses Verhalten nicht aufgefallen, aber jede Königin in Kaeleer hatte diese besondere kleine Stelle – eine Stelle, die nur diejenigen Kriegerprinzen ansprach, die ihr dienten.
Womit er wieder bei Jaenelles Haaren angelangt war. Als sie ihr Haar noch lang trug, hatte es die verlockende Stelle bedeckt, außer sie trug die Haare hochgesteckt oder hatte sie zu Zöpfen geflochten. Jetzt lenkte ihre Frisur das Auge geradezu auf ihren Nacken, hinab zu jener Stelle und …
»Alles in Ordnung?«, fragte Jaenelle. »Deine Augen sind ganz glasig.«
Es kostete ihn einige Kraft, seine Libido zu bezähmen,
aber schließlich gelang es ihm. Genauer gesagt, gelang es Jaenelles leicht verwirrtem und leicht belustigtem Blick. Überhaupt war dies kein Abend, an dem er einfach seinen Gedanken nachhängen konnte.
»Alles in Ordnung.« Er zögerte und beschloss dann, sie besser vorzuwarnen. »Nach dem Abendessen wird Lucivar vorbeischauen.«
Sie griff nach einem Parfumflakon, den er ihr neulich geschenkt hatte, und benetzte die Stellen an ihrem Hals, an denen man ihren Puls sehen konnte, mit je einem Tropfen. »Ist er über etwas verärgert?«
»Ja.« Leugnen war zwecklos.
Sie stellte den Flakon auf den Frisiertisch zurück und wandte sich Daemon zu. Es war ihm leichter gefallen, mit ihrem Spiegelbild zu reden, als von ihren saphirblauen Augen in Bann geschlagen zu werden.
»Weißt du, worum es geht?«, fragte Hexe .
Er schüttelte den Kopf. »Aber es ist … eine Sache zwischen Brüdern.«
Sie wandte sich wieder dem Spiegel zu und legte das Armband mit den vielen Edelsteinen an, das er ihr vor ihrer Hochzeit geschenkt hatte, im Laufe der Wochen, als er befürchtet hatte, sie würde sich für immer von ihm abwenden. »Dann werde ich heute Abend in meinen Räumen bleiben. Es klingt so, als würde euch eine Unterhaltung dann leichter
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