Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
abzuschließen, es aber nicht mehr rechtzeitig geschafft.
Keine Farbe in ihrem Gesicht bis auf die Sommersprossen, die auf dem milchigen Eis hervortraten. Und die dunklen Schatten unter ihren Augen. Sie stand da und rührte sich nicht, also sah er sich um – und erblickte die Truhen. Offen und gefüllt mit ihren Kleidern und Besitztümern.
»Was geht hier vor, Cassidy?«, fragte er und verschloss die Tür mit der Kraft seines Opal-Juwels.
»Ich kann nicht bleiben«, flüsterte sie. »Es tut mir leid. Ich muss gehen.«
»Wohin?«
Sie starrte ihn an, gab aber keine Antwort.
Er dachte an die letzten Tage und an das, was er heute erfahren hatte. Ihr ehemaliger Erster Kreis hatte den Hof zerbrochen, um einer anderen Königin zu dienen. Und nun war ebendiese Frau nach Dena Nehele gekommen und hatte es sich in der Residenz der Königin bequem gemacht – und Cassidy brach unter dem Gewicht von Therans Worten und seiner unverhohlenen Vorliebe für Kermilla zusammen.
Cassidy … fort.
Er packte sie an beiden Armen, und nur die jahrelange Übung half ihm, seine Wut zu kontrollieren.
»Du verlässt uns? Warum?«
»Ich kann nicht bleiben!«, schrie Cassidy.
Er schüttelte sie und brüllte: » Warum? «
»Theran will nicht, dass ich bleibe. Er will Kermilla zur Königin.«
»Wen kümmert es, was Theran will?«, rief Ranon. »Vergiss ihn! Was ist mit uns, Cassie? Was ist mit den elf Männern, die dir treu ergeben sind und dir dienen wollen? Lässt du uns auch im Stich? Lässt du Gray im Stich? Die Leute, die wieder Hoffnung geschöpft haben, dass eine Königin gerecht herrschen kann? Willst du uns zurücklassen, weil ein einziger Mann diese kleine Schlampe ficken will? «
Schockiert starrte sie ihn an. »Du tust mir weh«, flüsterte sie schließlich.
In dem Bewusstsein, dass sie morgen blaue Flecken haben würde, lockerte er seinen Griff, ließ aber nicht los.
Tränen liefen über ihr blasses, so unglaublich blasses Gesicht. »Ranon, ich kann nicht mitansehen, wie Kermilla noch einen Hof an sich reißt. Und es wird mich umbringen, wenn Gray sich in sie verliebt.«
Dumme Frau. Sah sie nicht, dass Gray Kermilla hasste?
Er sah sie an, sah sie wirklich an, und erkannte, dass sie
im Moment gar nichts sehen konnte – nicht Grays Liebe, nicht seine eigene Ergebenheit. Nichts.
Sein Griff wurde sanfter und auch in seine Stimme zwang er einen weichen Klang. »Cassie, vertraust du mir? Vertraust du mir als Freund?«
Sie zögerte, dann nickte sie.
»Dann hör mir zu. Bitte hör mir zu. Ich flehe dich an, lass uns in Dena Nehele nicht im Stich.«
»Ich kann nicht bleiben.«
Wenn sie es bis nach Dharo schaffte, würde der Hof sie nie zurückbekommen. Beim Feuer der Hölle, wenn sie es in diesem Zustand bis in die Burg schaffte, würden Sadi und Yaslana sie niemals gehen lassen, selbst wenn sie wollte.
Dann erinnerte er sich an die letzte Lektion, die Lucivar ihnen vor seiner Abreise nach Kaeleer erteilt hatte: »Die Königin kommt vor allen anderen. Ihr kümmert euch um sie, alles andere ergibt sich dann gewöhnlich von selbst.«
Cassidy wollte unbedingt weg, also würde er sich um seine Königin kümmern und sie hier fortbringen – und gleichzeitig sein Bestes geben, um Dena Nehele zu retten.
»In Ordnung«, sagte er. »Ich verstehe. Du musst weg von diesen Leuten. Das verstehe ich. Aber du musst uns nicht ganz verlassen. Ich bringe dich zurück nach Eyota, zurück in die Herberge. Dort hat es dir doch gefallen, oder? Du hast schon gepackt. Ich bringe dich noch heute Nacht dorthin. Jetzt sofort. Wir schleichen uns raus. Niemand anders muss es erfahren, bis du bereit dafür bist.«
»Ich kann nicht – «
»Du bist die Königin, Cassie. Unsere Königin, und die Königliche Residenz ist genau der Ort, an dem die Königin sich niederlassen will. Du willst nicht hierbleiben – du musst es auch nicht.«
»Gray wird sich Sorgen machen, wenn ich gehe, ohne ihm etwas zu sagen«, sagte Cassidy.
»Ich verrate Shira gerade so viel, dass sie ihn beruhigen kann. Und ich komme zurück und spreche mit ihm, sobald du in der Herberge angekommen bist. Versprochen.«
»Ich weiß nicht.«
»Du bist durcheinander und das mit Recht.« Ranon holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. Er konnte sie nicht zwingen, zu bleiben. Aber er war sich sicher, wenn er es schaffte, sie nach Eyota zu bringen, würde er genug Zeit gewinnen, um sie davon zu überzeugen, dass es Menschen gab, die es nicht kümmerte, ob sie hübsch war oder
Weitere Kostenlose Bücher