Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
und ging einen Schritt auf ihn zu.
Powell hob den Kopf und starrte ihn an.
Es widerstrebte ihm, Talon den Rücken zuzukehren, aber Gray war die unberechenbarere Bedrohung. Also drehte er sich um und sah Gray ins Gesicht, dem Kriegerprinzen, der sein Freund gewesen war – und jetzt vielleicht sein Feind.
»Sie wollte uns verlassen, Gray«, sagte er schnell. Er wollte, dass sie ihm zuhörten, dass sie wussten, warum er diese Wahl getroffen hatte, bevor jemand die Selbstbeherrschung verlor. »Sie wollte uns alle verlassen. Als ich sie in ihren Gemächern aufsuchte, um nach ihr zu sehen, hatte sie alle ihre Truhen gepackt. Sie wollte zurück nach Dharo.«
»Sie würde nicht gehen, ohne es mir zu sagen«, sagte Gray mit gefährlich sanfter Stimme und ging noch einen Schritt auf Ranon zu. »Sie würde nicht ohne mich gehen.«
»Ich musste sie hier fortbringen und verstecken, damit sie sich wieder sicher fühlen konnte. Ich habe versprochen, zurückzukehren und es euch zu sagen. Und das habe ich getan, Gray. Sobald ich sie sicher in der Herberge abgesetzt
hatte, bin ich zurückgekommen. Um mit euch zu reden. Mit euch allen.«
»Du hättest vorher mit uns reden sollen«, knurrte Talon.
»Vielleicht hätte ich das.« Ranon drehte sich gerade so weit um, dass er mit Talon sprechen und gleichzeitig Gray im Auge behalten konnte. »Aber sie wollte nur eines: weg von hier. Ich habe lieber getan, was die Königin brauchte, als was der Hof erfordert.« Süße Dunkelheit, bitte lass Talon den Unterschied verstehen.
»Sie ist krank«, sagte Shira. Ihre Stimme klang seltsam hohl. »Sie hat versucht, es zu verstecken, aber in ihr wütet ein Schmerz, der so stark ist, dass er sie vergiftet. Sie wusste, dass ich es fühlen konnte. Deshalb ist sie nicht mehr zu mir gekommen, um mich um Hilfe zu bitten. Sie wollte nicht, dass jemand ihren Schmerz bemerkt.«
» Als Haushofmeister muss ich Prinz Ranon für sein Versagen, den Hauptmann der Wache darüber zu unterrichten, dass er die Königin aus dem Schutz ihrer Begleiter entfernt, einen Verweis erteilen«, sagte Powell leise. »Andererseits begrüße ich die Schnelligkeit, mit der er im Sinne der Königin gehandelt hat – und im Sinne des Hofes. Und ich frage mich, ob diese Entscheidung, trotz des traurigen Anlasses, nicht etwas Gutes sein könnte.«
Alle Anwesenden blickten zu Powell.
»Wie das?«, fragte Talon.
Powell zupfte an einem Ohrläppchen. »Von dem Tag an, als sie ihren Hof aufstellte, wurde Cassidy bei jedem Versuch, unserem Volk eine Königin zu sein, von Therans Widerstand daran gehindert. Er hat sie hierhergebracht, also haben wir uns ihm gefügt, haben zugelassen, dass er vorgibt, was sie tun kann und was nicht. Aber ich für meinen Teil würde gerne sehen, was Cassidy als unsere Königin ohne diese Fesseln ausrichten kann.«
Das würde ich auch gerne sehen, dachte Ranon.
»Also«, sagte Powell. »Verlegen wir die Königliche Residenz in die Herberge? Wenn das der Fall ist, müssen einige der Zimmer hergerichtet werden.«
»Ist es das, worüber wir hier reden?« Archerr sah zu Ranon. »Ein dauerhafter Umzug in ein Shalador-Reservat?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Ranon. Er hatte das Gefühl, vorsichtig vorgehen zu müssen. »Ich wollte Cassidy nur von Kermilla und diesen Bastarden aus Dharo fortbringen, damit sie sich ausruhen kann, ohne jedes Mal diese Schlampe vor der Nase zu haben, wenn sie sich umdreht. «
»Warum haben wir nicht Kermilla aus Dena Nehele herausgeworfen ?«, fragte Shaddo.
»Oder sie begraben«, sagte Spere.
»Weil sie eine Königin aus Kaeleer und Gast in diesem Hause ist«, erwiderte Talon. »Und trotz des Schmerzes, den ihre Anwesenheit Cassidy verursacht, hat Kermilla nichts getan, was eine Hinrichtung rechtfertigen würde.«
»Aber Kermilla hatte etwas mit den Ereignissen zu tun, die Cassidy damals in Dharo so verletzt haben«, sagte Powell. »Die sie dazu gebracht haben, sich nicht als eine echte Königin anzusehen.«
»Die Peitsche, die Cassie antreibt«, sagte Gray leise.
»Gray?«, fragte Ranon genauso sanft. Die Leere in Grays Augen verwandelte sich in eiskalte Wut.
»Als ich den Bergfried aufgesucht habe, um mit dem Höllenfürsten zu sprechen, sagte er, die Peitsche, die Cassie antreibt, sei schon geschwungen worden, lange bevor sie in Dena Nehele eintraf – und hätte Narben hinterlassen. Deshalb hat sie sich so verausgabt. Sie hat versucht, zu beweisen, dass sie eine gute Königin sein kann.«
»Ich glaube, wir
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