Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
Transportkutsche verladen. Haele und Burne warten an der Station. Alle anderen sind weg.*
*Dann geh jetzt*, antwortete Talon. *Ich breche als Letzter auf.*
*Wir sehen uns in Eyota.*
*Das werden wir. Möge die Dunkelheit dich umarmen.*
Vor dem Herrenhaus der Grayhavens betrachtete Talon den Sonnenaufgang – und spürte, wie das Licht begann, seinem dämonentoten Körper die Kraft zu rauben. Es wäre klüger, bis zum Sonnenuntergang hierzubleiben, aber wenn er seine Botschaft erst einmal übermittelt hatte, wäre es für alle das Beste, wenn er ging. Nach seiner Ankunft in Eyota würde er frisches Menschenblut brauchen, keinen Yarbarah, doch mittlerweile wusste er, wie man darum bat, ohne sich für das, was man den Lebenden nahm, schämen zu müssen.
Er wanderte durch die Flure, zögerte den Moment hinaus, in dem er den Familienflügel betreten würde. Bereits jetzt rührten sich die ersten Diener. Bestimmt saßen Dryden und Elle mit Maydra in der Küche und teilten sich ein einfaches Frühstück, während sie den Tagesablauf besprachen. Birdie, die sich größtenteils um die Gemächer der Königin, des Haushofmeisters und der Heilerin kümmerte, schenkte ihm ein verschlafenes Lächeln, als sie ihm in einem Korridor begegnete. Als sie vor ein paar Wochen angefangen hatte, hier zu arbeiten, war sie schüchtern wie eine Maus gewesen. Jetzt wuchs ihr Selbstvertrauen, da die Königin, der sie diente, sie mit Respekt behandelte.
»Birdie«, rief er, bevor sie um eine Ecke verschwand.
»Prinz Talon?« Sie kehrte um, Unsicherheit im Blick. Talon hatte sie noch nie zuvor um etwas gebeten.
Er rief ein halbes Blatt Papier sowie einen Bleistiftstummel herbei und schrieb: »Die Residenz der Königin wurde nach Eyota verlegt, ein Dorf im östlichen Shalador-Reservat. «
Er faltete das Papier zweimal und reichte es ihr. »Bitte gebt das an Dryden weiter.«
»Jawohl, Sir.« Birdie wollte sich abwenden, dann zögerte sie. »Sir? Denkt Ihr, Maydra sollte ein Tablett für Lady Cassidy zusammenstellen? Die Lady hat zurzeit einen empfindlichen Magen, vielleicht würde ein ruhiges Frühstück ihr guttun.«
Ein Anflug von Schuld. Die Krieger und Kriegerprinzen aus dem Tamanara-Gebirge waren in die Dörfer eingefallen, um Vorräte zu besorgen und Freunden und Familien einen kurzen Besuch abzustatten – und um die Männer zur Strecke zu bringen, die den Königinnen, die die Geächteten als Feinde betrachteten, willentlich dienten. Dann verschwanden sie wieder, schnell wie der Wind, zurück in ihre bewachten Lager in den Bergen. Zurück blieben die Dorfbewohner, allein der königlichen Gnade ausgeliefert.
Was würde es einem Mädchen wie Birdie antun, Kermilla Tag und Nacht zur Verfügung stehen zu müssen?
»Lady Cassidy braucht heute kein Frühstück«, sagte er. »Vergiss nicht, Dryden meine Nachricht zu geben.«
»Nein, Sir. Das erledige ich sofort.«
Er sah ihr nach, als sie sich mit federnden Schritten entfernte. Seine Schritte waren schwer. Er musste seine Aufgabe hier zu Ende bringen und verschwinden.
Als Theran schließlich auf das scharfe Klopfen an seiner Schlafzimmertür reagierte, verstellte er mit dem Körper die Sicht in sein Zimmer. Talon fragte sich, ob wohl jemand bei ihm war – und wer dieser Jemand sein könnte.
»Der Hof der Königin befindet sich nicht länger vor Ort«, sagte Talon. »Der Hof der Königin residiert von jetzt an in Eyota.«
Therans Blick blieb einen Wimpernschlag zu lange leer und verschlafen. Dieser Wimpernschlag sagte Talon alles, was er über Therans Ergebenheit gegenüber Cassidy wissen musste – und bestätigte eine weitere Wahrheit, die sich unter seiner körperlichen Stärke und dem Namen der Grayhavens verborgen hatte: Theran fehlte das gewisse Etwas, das einen Mann zu einem wahren Anführer machte.
Therans Miene verdüsterte sich vor Zorn. »Warum sollten wir umziehen und damit allen eine Menge Unannehmlichkeiten bereiten?«
»Allen, die bei dir zu Gast sind?«, fragte Talon mit einer Sanftmut, die seinen Schmerz und seine Wut verbarg.
»Ja, ich meine Kermilla. Aber auch den Hof. Warum sollen wir unsere Sachen packen, nur weil Cassidy sich benimmt wie ein verzogenes Kind?«
Talon knurrte. »Pass auf, was du sagst, Junge. Du sprichst von unserer Königin.«
»Du erwartest also, dass ich das Haus meiner Familie verlasse und in einem Shalador-Reservat lebe?«, fauchte Theran.
»Du bist dort nicht willkommen.« Er sprach die Worte aus, weil sie der Wahrheit
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