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Die schwarzen Raender der Glut

Die schwarzen Raender der Glut

Titel: Die schwarzen Raender der Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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beantworten würden. Gerade die nicht.«
    »Denken Sie sich doch aus, was Sie wollen. Was geht mich das an?«
    Für einen Augenblick schweigt Berndorf. »Wir wissen beide«, sagt er dann, »dass der Überfall auf die Landeszentralbank Mannheim im Juni 1972 getürkt war. Sie wissen es schon länger. Aber nicht von Anfang an. Es war eine Aktion, bei der Polizei, Nachrichtendienste oder Verfassungsschutz mitgemischt haben. Vermutlich sollte ein Undercover-Mann legitimiert werden. Es ist schief gelaufen, weil es bei der Fahndung einen Toten gab. Deswegen hat nicht nur Micha Steffens, unser kämpfender Proletarier, kalte Füße bekommen. Auch andere haben das Weite gesucht. Der Mann zum Beispiel, der als Undercover eingeschleust werden sollte . . .«

    »Warum könnte das nicht dieser Steffens gewesen sein?« Plötzlich schien sie aus ihrer Gleichgültigkeit erwacht. »Nicht, dass es mich wirklich interessiert. Aber wenn wir schon Märchenstunde haben . . .«
    »Steffens war für Handlangerdienste gut. Zu mehr nicht. Jedenfalls nicht aus Sicht der Leute, die diese Aktion verantwortet haben. Deren Aufwand und Risiko waren so groß, dass sie die Hoffnung gehabt haben müssen, einen hochkarätigen Mann in der Szene zu platzieren. Einen, der rasch in der Kommandostruktur aufsteigen würde. Deshalb musste das jemand sein, der dafür geschult und ausgebildet war.«
    »Na schön. Und was ist aus diesem schwäbischen 007 geworden?«
    Berndorf zögert. »Ich weiß nicht, was das für ein Landsmann war. Ich muss es auch nicht wissen. Wichtiger ist mir jemand anderes. Wer hat für 007 die Türe geöffnet? Denn der konnte nicht einfach losziehen und an der Wohnung klingeln und sagen, Tag auch, ich bin ein smarter Typ und möcht’ jetzt bei den Revolutionären Kommandos anheuern . . .«
    »Viel wissen Sie ja wirklich nicht. Aber als Türöffner hätte Steffens durchaus dienen können. Wenn es zutrifft, dass er als Wohnungsvermittler nützlich gewesen war, hatte er ja bereits den Kontakt zur Szene.«
    Berndorf schüttelt den Kopf. »Warum hat er dann das Weite gesucht? Panisch, als wäre die gesamte Polizei so höllisch hinter ihm her, wie sie im Traum nicht daran dachte, es zu sein . . . Wäre er der Türöffner gewesen, hätte er entschieden mehr Grund gehabt, vor den Kommandos davonzulaufen, aber nicht nach Spanien, sondern in die nächste Polizeiwache.«
    »Also – wer war es dann? Sagen Sie es mir. Sie wollten mir doch was erzählen.«
    Berndorf lehnt sich zurück und sieht Sabine Eckholtz lange und ruhig an. Du weißt es doch. Du hast doch das Kommando in Mannheim gehabt. Und du weißt, dass ich es weiß. Er breitet beide Hände aus und versucht ein Lächeln. »Sehen Sie – zu den
Merkwürdigkeiten in diesem Fall gehört auch, dass sich die Kommandos nie zu dem Überfall auf die Landeszentralbank geäußert haben. Das war doch ein Coup, eine Erfolgsmeldung – am helllichten Nachmittag anderthalb Millionen abgeschöpft, das teilt man doch mit in der Szene. Aber nein. Schweigen im Walde. Geh ich recht in der Annahme, dass die anderthalb Millionen nicht in die Kasse der Bewegung geflossen sind?«
    Er wartet, aber noch immer kommt keine Reaktion. »Ein großer Coup – und plötzlich fällt alles in sich zusammen, wie ein Luftballon, den man mit einer Nadel stupft. Der 007 wird zurückgezogen, plötzlich gibt es ihn nicht und hat ihn nie gegeben, denn seine Auftraggeber dürfen sich um keinen Preis mit einer Sache in Verbindung bringen lassen, bei der es einen Toten gegeben hat. Der Agent löst sich in Luft auf, das Geld offenbar auch – was denken sich die Revolutionären Kommandos denn da? Was müssen sie sich denken?«
    Sabine Eckholtz lächelt verächtlich. »Sie drehen sich im Kreis. Oder wie ein Hamster im Laufrad. Das trifft es besser.«
    Berndorf überlegt. Da ist was dran. »Wir haben ein Problem«, sagt er schließlich. »Sie wollen nicht zugeben, dass die Kommandos damals einer getürkten Geschichte aufgesessen sind. Keine gute PR, so etwas. Nichts, was man anderen Leuten auf die Nase bindet.«
    »Für die Erschießung von Brian O’Rourke sind doch Sie verantwortlich«, kommt es von der anderen Seite des Tisches. Die Stimme ist nicht mehr belegt, sondern klar und kühl.
    »Sie und niemand sonst. Es war Mord. Ein Mord von Staats wegen. Und ausgerechnet Sie wollen sich jetzt als großer Aufklärer aufspielen. Warum sollte gerade ich Ihnen dabei behilflich sein?«
    Berndorf nickt. »Das wäre auch reichlich naiv,

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