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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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beginnen konnte. Der Supai war gut in dem, was er tat; irgendeine Art von Kameradschaft behinderte ihn nur bei der Arbeit. Doch Hokanu wußte ganz genau, daß, wenn er zu Hause geblieben wäre, der Anblick von Mara, wie sie so hilflos dalag, ihn nur wütend gemacht hätte. Er hätte seine Krieger zusammengerufen und wäre gegen Jiro marschiert – verflucht seien die Versammlung und ihr Edikt! Er runzelte die Stirn. Selbst jetzt mußte er sich zusammenreißen, um nicht die Reitpeitsche herauszuziehen und auf das Tier unter sich einzuschlagen. Wenn er der in ihm aufgestauten Wut, seinen Schuldgefühlen und seinem Schmerz freien Lauf lassen würde, würde er das Tier zum Galopp peitschen, bis es zusammenbrach.
    »Ich bin froh, daß Ihr mich begleitet«, sagte Arakasi aus heiterem Himmel.
    Hokanu schreckte aus seinen düsteren Gedanken und sah den geheimnisvollen Blick des Supai auf sich gerichtet. Er wartete. Nach einer kurzen Pause, in der nur das Rauschen der Bäume im Wind zu hören war, fügte Arakasi hinzu:
    »Mit Euch an meiner Seite darf ich es mir nicht erlauben, unvorsichtig zu sein. Die Verantwortung für Euch wird mich bremsen, wenn ich zum ersten Mal in meinem Leben den Drang verspüre, leichtsinnig zu sein.« In Gedanken versunken betrachtete er mit einem Stirnrunzeln seine gefesselten Hände. Er spannte die Gelenke an, prüfte die Knoten. »Mara ist etwas Besonderes für mich. Was ich für sie empfinde, habe ich niemals für meinen früheren Herrn empfunden, nicht einmal, als sein Haus von seinen Feinden vernichtet wurde.«
    »Ich wußte nicht, daß Ihr schon einem anderen Haus gedient habt«, sagte Hokanu überrascht.
    Arakasi zuckte mit den Schultern, als ob ihm erst jetzt klargeworden wäre, daß er gerade etwas Vertrauliches preisgegeben hatte. »Ich habe mein Netzwerk ursprünglich für den Lord der Tuscai aufgebaut.«
    »Aha.« Hokanu nickte. Diese dürftige Tatsache erklärte vieles. »Dann seid Ihr zur gleichen Zeit wie Lujan und die anderen ehemaligen Grauen Krieger in den Dienst der Acoma getreten?«
    Der Supai nickte. Er ließ Hokanu nicht aus den Augen, achtete genau auf jede Regung und Bewegung. Schließlich schien er zu einem Entschluß zu kommen. »Ihr teilt ihre Träume«, stellte er fest.
    Hokanu war schon wieder überrascht. Die unglaublich ausgeprägte Wahrnehmungsfähigkeit dieses Mannes verursachte ihm beinahe Unbehagen. »Ich möchte ein Kaiserreich, das frei ist von Ungerechtigkeit, gebilligtem Morden und Sklaverei, wenn es das ist, wovon Ihr sprecht.«
    Die Pferde trotteten weiter, ließen in einer entgegenkommenden Karawane Verwirrung ausbrechen, als die Treiber und der Lenker des Küchenwagens alle gleichzeitig zu schreien begannen und aufgeregt herüberdeuteten. Trotz des Lärms war Arakasis leise Antwort gut zu verstehen. »Ihr Leben ist weit bedeutungsvoller als Eures oder meines. Wenn Ihr weiter an meiner Seite bleiben wollt, Herr, so sollte Euch eines klar sein: Ich werde Euer Leben genauso rücksichtslos riskieren, um sie zu retten, wie mein eigenes.«
    Hokanu spürte, daß der Supai aus tiefstem Herzen sprach und daß ihm nicht wohl dabei war, derart vertraulich mit einer anderen Person umzugehen. Er verzichtete auf eine direkte Antwort. »Es wird Zeit, daß wir uns mal wieder ein bißchen bewegen.« Er schlug seinem Wallach die Fersen in die Weichen und trieb beide Tiere zum Galopp.

    In den engen Gassen von Kentosani hing der Gestank nach Abfällen und den Nachttöpfen der Armen. Der Supai der Acoma und der Lord der Shinzawai hatten ihre Pferde in der Obhut eines zitternden Herbergswirts zurückgelassen, der sich unaufhörlich verbeugt und gewinselt und gestottert hatte, daß er unwürdig sei, auf solch seltene Tiere aufzupassen. Nackte Furcht hatte in seinem Gesicht gestanden, und der Aufruhr, den die Anwesenheit der Pferde unter den Bediensteten der Herberge verursacht hatte, hatte Arakasi und Hokanu die Möglichkeit verschafft, unauffällig zu verschwinden. Die Bediensteten standen immer noch draußen – genau wie sämtliche Gäste –, starrten die Pferde an und gestikulierten wild, während Stallburschen, die bisher nur an stumpfsinnige, träge Needras gewohnt waren, sich an diesen weit temperamentvolleren Tieren zu schaffen machten.
    In einem Rollentausch, dem es nicht an Ironie mangelte, besaß jetzt der Supai die Oberhand, während Hokanu – nur mit seinem Lendenschurz bekleidet – die Rolle eines Büßers spielte, der sich als Diener des Priesters auf einer

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