Die Schwarzen Roben
aber nicht sicher.
»Laßt dies zu dem Sandalenmacher an der Ecke Böttcherstraße und Gerbergasse bringen. Der Eigentümer heißt Chimichi. Sagt ihm, Euer Kuchen brennt.«
Der Bäcker warf ihm einen zweifelnden Blick zu.
»Macht schon!« zischte Arakasi. Seine Stimme klang so scharf, daß sich die Härchen in Hokanus Nacken aufstellten.
Der Bäcker hob in einer entschuldigenden Geste seine mehligen Hände und brüllte nach seinem Lehrling, der sofort mit dem Pergament verschwand. Die ganze Zeit, während sie warteten, lief Arakasi ruhelos auf und ab, wie ein Sarcat im Käfig.
Der Sandalenmacher Chimichi erwies sich als gertenschlanker Mann, in dessen Adern das Blut der Wüstensöhne von Tsubar floß, wie nicht zuletzt die verschwitzten Talisman-Troddeln belegten, die er unter seiner Robe trug. Sein strähniges Haar fiel ihm bis in die Augen, die einen gerissenen Ausdruck hatten. Seine Hände waren mit Narben übersät, die er sich vielleicht bei der Arbeit zugezogen hatte, wenn er mit dem Messer abgerutscht war. Wahrscheinlicher schien es Hokanu jedoch, als er sich die Zahl und die Lage der Narben genauer ansah, daß der Mann einmal gefoltert worden war. Er schob sich durch den Vorhang, immer noch blinzelnd wegen des Übergangs vom hellen Sonnenlicht in den halbdunklen Raum; in seiner Hand hielt er ein Brötchen, auf dem die Marmelade in genau dem gleichen Muster verteilt war wie bei dem, das Arakasi noch immer umklammerte.
»Narr«, fauchte er den Priester an. »Du gefährdest meine Tarnung, wenn du mir das Signal für den Notfall schicken läßt und mich hierher beorderst. Für diese Gedankenlosigkeit wird der Meister dich verbrennen lassen.«
»Das wird der Meister ganz sicherlich nicht tun«, antwortete Arakasi trocken.
Der Sandalenmacher trat vor Überraschung einen Schritt zurück. »Ihr seid es selbst! Bei allen Göttern, in diesen Priesterlumpen habe ich Euch nicht erkannt.« Chimichi legte die Stirn in düstere Falten. Jetzt sah er erst recht wie ein tsubarischer Wüstensohn aus. »Was ist los?«
»Es geht um einen gewissen Gewürzhändler mit einer Goldkette, der von midkemischen Sänftenträgern getragen wurde.«
Chimichis Gesichtsausdruck hellte sich auf. »Tot«, sagte er. »Und seine Träger auch. In einem Lagerhaus an der Straße der Hwaet-Händler, wenn man darauf vertraut, daß der Räuber, der versucht hat, bei den Geldwechslern Kettenglieder gegen Centis einzutauschen, die Wahrheit gesagt hat. Doch allein die Tatsache, daß ein solcher Mann in den Besitz von Gold kam, spricht dagegen, daß er die Geschichte nur erfunden hat.«
»Wissen die Kaiserlichen Patrouillen schon etwas von den Leichen?« warf Arakasi ein.
»Wahrscheinlich nicht.« Chimichi legte sein Brötchen beiseite und wischte sich die marmeladenverschmierten Finger an seinem Schurz ab. Die tief in ihren Höhlen liegenden, verschlagenen Augen richteten sich auf den Supai. »Habt Ihr jemals erlebt, daß ein Geldwechsler den offiziellen Stellen irgend etwas erzählt hat, was er nicht erzählen mußte? Die Steuern auf Metalle sind hoch in diesen Tagen. Unser Licht des Himmels muß seine Armee vergrößern, um der Drohung durch die Traditionalisten begegnen zu können.«
Arakasi brachte den Mann mit einer erhobenen Hand zum Schweigen. »Es geht um jede Sekunde, Chimichi. Ich werde mit meinem Begleiter zu dem Lagerhaus gehen und die Leichen untersuchen. Eure Aufgabe ist es, für ein Ablenkungsmanöver zu sorgen, das die Kaiserlichen Patrouillen lange genug beschäftigen wird, damit wir in das Gebäude hinein-und wieder herauskommen. Ich will nicht, daß auch nur ein einziger Kaiserlicher Weißer Zeit hat, sich jetzt um diese Morde zu kümmern.«
Chimichi warf die dunklen Haare aus dem Gesicht. Sein Grinsen enthüllte ein erstaunlich ebenmäßiges weißes Gebiß, dessen Schneidezähne nach tsubarischer Sitte spitz zugefeilt waren. »Bei Keburchi, dem Gott des Chaos«, fluchte er offensichtlich erheitert. »Ist schon viel zu lange her, seit wir den letzten richtigen Aufruhr hatten. Das Leben fing allmählich an, langweilig zu werden.«
Als er den Satz beendet hatte, war der Raum bereits leer. Er blinzelte überrascht. »Die Mutter dieses Mannes muß ein verdammter Schatten gewesen sein«, murmelte er. Dann legte er sein Gesicht in nachdenkliche Falten und eilte davon, um sich der Aufgabe zu widmen, einen ganz normalen, friedlichen Tag im Handelsviertel in absolutes Chaos zu verwandeln.
Die Abenddämmerung brach herein; in dem
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