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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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ohnehin düsteren Lagerhaus wurde es noch dunkler. Hokanu kauerte neben Arakasi, eine brennende Fackel aus um einen Holzspan gewickelten Tüchern in der Hand. Von den angrenzenden Straßen drangen Schreie und die Geräusche von berstendem Holz zu ihnen. Irgend jemand stieß obszöne Flüche aus, während Geschirr scheppernd zu Bruch ging.
    »Die Läden der Weinhändler«, murmelte Hokanu. »In wenigen Minuten werden wir Gesellschaft bekommen.« Er machte eine Pause, um die Fackel, die beinahe bis zu seinen Fingern abgebrannt war, anders anzufassen. »Die Türen an diesem Gebäude sind nicht besonders stabil.«
    Arakasi nickte; sein Gesicht war unter der Priesterkapuze nicht zu erkennen. Seine Finger bewegten sich geräuschlos und schnell über den Körper von einem der Träger. Der Leichnam war schon über die Totenstarre hinaus und wirkte bereits etwas aufgedunsen. »Erwürgt«, murmelte er, »genau wie die anderen.«
    Er huschte durch die Dunkelheit, während dünne Bahnen hellen Lichts von Bränden oder Fackeln durch die Lücken in den Bretterwänden fielen. Seine Konzentration ließ nicht einen einzigen Augenblick nach.
    Hokanu zuckte zusammen, als die Flamme ihrer Behelfsfackel immer näher auf seine Finger zukroch. Er versuchte sie noch ein Stück weiter unten anzufassen und entzündete den letzten zusammengeknüllten Leinenstreifen, den er von seinem ohnehin schon spärlichen Lendenschurz noch entbehren konnte. Als er wieder aufschaute, untersuchte Arakasi die Leiche des Gewürzhändlers.
    Die Kette und die feinen Seidenroben des Mannes waren verschwunden, gestohlen von dem Wegelagerer, den Chimichi erwähnt hatte. Selbst im schwachen Schein der Behelfsfackel war leicht zu erkennen, daß der Mann nicht erwürgt worden war. Seine Hände waren krampfartig zu Fäusten geballt und seine weit aufgerissenen Augen so verdreht, daß nur noch das Weiße zu sehen war. Sein Mund stand offen, und man konnte sehen, daß er sich die Zunge durchgebissen hatte. Getrocknetes Blut glänzte dunkel auf dem Fußboden und in seinem noch immer gekämmten, parfürmierten Bart.
    »Ihr habt etwas gefunden«, sagte Hokanu, als ihm Arakasis Reglosigkeit bewußt wurde.
    Der Supai blickte auf, seine Augen funkelten im Schatten seiner Kapuze. »Viel.« Er drehte die Hand des Mannes um, so daß eine Tätowierung zu erkennen war. »Unser Übeltäter ist ein Hamoi Tong. Er trägt das Zeichen. Daß er sich als ein Mann präsentiert hat, der auf der anderen Seite des Spalts lebt, spricht für eine langwierige, sorgfältige Planung.«
    »Das ist nicht Jiros Stil«, meinte Hokanu.
    »Ganz und gar nicht.« Arakasi ließ sich auf die Fersen zurücksinken. Die Geräusche von draußen, die dem Lagerhaus immer näher kamen, schienen ihn nicht zu stören. »Aber genau das sollen wir glauben.«
    Draußen begann ein Seemann zu fluchen, und jemand anderer brüllte zornig zurück. Noch näher erklangen jetzt die unzähligen Stimmen wütender, aufgeregter Menschen – und dann übertönte das Hornsignal eines Patrouillenführers der Kaiserlichen Weißen den Lärm.
    Auch Hokanu hatte das Pergament mit dem Siegel der Anasati als einen falschen Beweis verworfen. Kein Sohn des alten Lord Tecuma – und schon gar keiner mit einem so teuflisch schlauen Berater wie Chumaka – würde sich jemals zu etwas so Offensichtlichem herablassen. »Wer war es dann?« fragte Hokanu, und die Verzweiflung in seiner Stimme war nicht zu überhören. Mit jeder Minute, die verstrich, schwanden seine Chancen, Mara jemals lebend wiederzusehen. Die Erinnerung daran, wie sie dagelegen hatte, als er aufgebrochen war – bleich, bewußtlos und immer noch blutend –, lähmte beinahe sein Denken. »Lassen sich die Tong für mehr als einen einfachen Mord anheuern? Ich habe immer gedacht, sie würden ihre Verträge anonym abschließen.«
    Arakasi war noch immer beschäftigt; er tastete die Unterwäsche des Gewürzhändlers ab. Die Tatsache, daß er sie im Todeskampf beschmutzt hatte, schreckte ihn nicht ab, genausowenig wie der Gestank. »›Vertrag‹, das ist das entscheidende Wort, vermute ich. Verfügt irgendein hartgesottener Traditionalist in diesem Kaiserreich über genügend Reichtum, um Bettlern goldene Ketten vor die Füße zu werfen – nur um sicherzustellen, daß wir eine Spur haben, der wir folgen können?« Seine Hände blieben einen Augenblick still liegen, griffen dann erneut zu und kamen schließlich mit einem kleinen Gegenstand wieder zum Vorschein. »Aha!« Triumph

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