Die Schwarzen Roben
Dann wirbelte sie herum und schob ihre widerstrebende und protestierende Mutter aus dem Garten, während Ichindar verblüfft hinterherstarrte.
Er warf Mara einen Blick zu, aus dem Achtung sprach. »Ich sollte Euch häufiger hierherholen und die Leitung meines Harems übertragen.«
Maras Lächeln erstarb. »Große Götter, nein. Wißt Ihr denn gar nichts von Frauen? Der beste Weg, Zwietracht zwischen ihnen zu säen, ist, sie in die Hand einer Frau zu geben. Ich würde mich ganz schnell als Leiterin einer fürchterlichen, kleiderzerreißenden Rebellion wiederfinden, Mylord. Und das einzige Problem, das ich zwischen Eurer Hoheit und dem Harem erkenne, ist, daß Ihr in der Minderheit seid, fünfhundertsiebenunddreißig gegen einen.«
Der Kaiser lachte. »Nur zu wahr. Ich bin der am meisten bepickte Jiga-Vogel im ganzen Kaiserreich. Wenn die Ladys nur nicht alle so hübsch wären, würde es mir leichter fallen, sie zu schelten.«
Mara schnaubte. »Wenn ich meinem Kommandeur glauben darf, der in seiner Freizeit eine Schneise durch die jungen Frauen schlägt, so ist die Notwendigkeit für Schelte größer, je hübscher das Gesicht ist.«
»Möglicherweise«, räumte Ichindar ein. Ein wehmütiger Klang trat in seine Stimme. »Wenn ich sie besser kennen würde, wäre es vielleicht einfacher. Nur jene, die mir ein Kind gebären, bleiben, wie Ihr wißt. Von diesen fünfhundert… wie viele Frauen es auch sind, ich habe nur mit sieben öfter als bei einer Handvoll Gelegenheiten gesprochen.« Sein beunruhigter Ton entging Mara nicht. Die Palastwände waren kein Schutz für den Klatsch auf der Straße: Selbst das Licht des Himmels hatte von seinem Versagen gehört, einen Sohn zu zeugen. Obwohl er seit zwanzig Jahren verheiratet war, hatte er nur sieben Kinder, und alle waren Mädchen, die älteste gerade zwei Jahre älter als Justin. Ichindar deutete auf die schattige Empfangshalle. »Die Erfrischungen warten, Mylady. Es wäre eine Beleidigung, Euch in Eurem Zustand noch eine Sekunde länger in der Sonne stehen zu lassen.«
Der Rauch von den Beerdigungsriten hing schwer in der Luft. Ein scharfer Aschegeruch brannte in Hokanus Nase, als er mit aufgestützten Ellenbogen an einem Geländer der Galerie stand, von wo er den mit Gästen gefüllten Hof beobachten konnte. Gegenüber den üppigen Gärten des Acoma-Anwesens und der Kaiserlichen Residenz wirkte der Garten der Shinzawai beinahe winzig. Die Gäste schritten die schmalen Pfade entlang und unterhielten sich leise, zwischendurch immer wieder nach den leichten Erfrischungen greifend, die ihnen von den Bediensteten bei jeder Runde gereicht wurden. Da Kamatsu einen hohen Rang gehabt und große Ehre genossen hatte, waren auch viele gekommen, die nicht mit dem Clan oder der Familie verwandt waren, und beanspruchten die Gastlichkeit des Hauses.
Die Zeremonie zu Ehren des verstorbenen Shinzawai-Lords war wegen der Hitze eilig durchgeführt worden; man hatte nur auf die Ankunft des Erben gewartet. Viele Gäste hatten den Landsitz vor ihm erreicht; die höflicheren oder weniger unverschämt Neugierigen hatten gewartet, bis Hokanu sich auf dem Gut befand.
Die späte Nachmittagssonne schickte ihre Strahlen durch den Rauch, der noch immer vom Feuer aufstieg. Die Aufzählung von Kamatsus Ehren war lang gewesen und hatte bis nach Mittag gedauert. Jetzt war die Asche noch zu heiß, um sie in die Zeremonienurne zu schaufeln, die Hokanu dann in den Heiligen Hain zum Natami der Familie tragen würde. Die Luft roch nach Zitronen, Nelken und Mandeln, um den Gestank des Todes zu versüßen, und nach selteneren Gerüchen wie den Parfüms der Ladys und dem süßlichen Öl, mit dem manche Edlen ihre Haare zurückstrichen. Hin und wieder löste eine Brise den Qualm auf, und der Duft der Blumen in den irdenen Gefäßen überall im Hof setzte sich durch. Etwas schwächer war die tintenähnliche Schärfe der rotgefärbten Totenbehänge. Manchmal trat noch der Duft von gekochtem Fleisch, frischem Brot und Kuchen hinzu. Die Bediensteten in der Küche hatten viel zu tun.
Hokanu lehnte in seinen roten Roben lässig am Geländer, die Augen halb geschlossen; er hätte ein Mann sein können, der sich gerade Tagträumen hingab, wenn nicht seine Hand an der Balustrade kreideweiß gewesen wäre. Die Unterhaltung unter ihm kreiste um Politik. Zwei Themen überwogen: die in Frage kommenden Junggesellen, die sich um die Hand der zehnjährigen Prinzessin Jehilia bemühten, und welchem Lord das Licht des Himmels
Weitere Kostenlose Bücher