Die Schwarzen Roben
dabei billige Unterhaltung anbot und verrufene Aufgaben erledigte; er verzog die Lippen. »Kannst du mir eine Metallnadel besorgen?« versuchte er vorsichtig zu feilschen.
Lujan lachte. »Wie es der Zufall will, kann ich das. Unter den Näherinnen ist ein Mädchen, das mich bewundert. Aber du schuldest mir dann etwas. Wenn ich sie darum bitte, mir einen solchen Schatz zu leihen, wird sie Forderungen an mich stellen.«
Arakasi war nicht im geringsten beeindruckt; er wußte, daß kaum ein junges Mädchen im Haushalt nicht aus freiem Willen ihre zukünftige Position auf dem Rad des Lebens hergeben würde, wenn Lujan ihr einen Kuß versprach. »Ich kann genausogut einen von meinen Dolchen nehmen.«
Seine offenkundige Gleichgültigkeit machte Lujan nervös: »Du bringst keine guten Nachrichten.«
Jetzt blickte Arakasi den Kommandeur direkt an. Das Licht der Lampe im Korridor fiel auf seine hageren Wangen und vertiefte die Höhlen unter den Augen. »Ich glaube, ich werde dein Angebot akzeptieren und ein Bad nehmen«, antwortete er ausweichend.
Lujan hütete sich, seinen Freund damit aufzuziehen, daß er außerdem so aussah, als hätte er eine Woche lang nichts gegessen und nicht geschlafen. Die Bemerkung wäre kein Spaß gewesen, sondern hätte schlichtweg der Wahrheit entsprochen. »Ich besorge dir die Nadel«, meinte er und versuchte gleichzeitig, Arakasis verletzten Stolz mit etwas Humor aufzurichten. »Auch wenn du sie sicherlich nicht brauchst, wenn du deine Messer bei dir hast. Ich glaube kaum, daß der Wachposten, der dir das Schwert unter die Nase hielt, begriffen hatte, daß du ihn mit Leichtigkeit hättest töten und zerstückeln können, bevor er auch nur ein einziges Mal hätte zustoßen können.«
»Ich bin gut«, gab Arakasi zu. »Doch heute – glaube ich – nicht so gut.« Er machte einen Schritt nach vorn. Erst jetzt wurde deutlich, daß er alles andere als sicher auf den Beinen war. Verblüfft und betroffen hielt Lujan den Atem an, was Arakasi zu einem Blick voller Mißfallen veranlaßte. »Es untersteht deiner Ehre, mir nicht zu erlauben, in der Wanne einzuschlafen.«
»Einzuschlafen oder zu ertrinken?« witzelte Lujan und streckte schnell seine Hand aus, um dem Supai zu helfen, das Gleichgewicht zu halten. »Mann, was hast du nur gemacht?«
Doch so sehr er ihm auch zusetzte, der Kommandeur erhielt erst eine Erklärung, nachdem der Supai ein Bad genommen, er selbst den Helm wieder aufgesetzt und die Ratssitzung schon einige Zeit begonnen hatte.
Keyoke saß bereits im gelben Lichtschein der Lampen; seine ledrigen Hände ruhten auf der Krücke, die quer über seinen Beinen lag. Die Nachricht von Arakasis Rückkehr war an die Küche weitergegeben worden, und Bedienstete eilten mit Tabletts voller Kleinigkeiten herbei. Hokanu saß rechts von Mara auf dem Platz, der normalerweise dem Ersten Berater vorbehalten war, während Saric und Incomo – in eine leise Unterredung vertieft – gegenüber Platz genommen hatten. Jican kauerte hinter einem hohen Berg von Tafeln, die Arme um die Knie geschlungen. Rechts und links von ihm standen mit Rollen vollgestopfte Kästen, und sein Gesicht wirkte etwas mitgenommen.
Arakasi ließ seinen Blick rasch über die Versammlung schweifen und mutmaßte in seiner trockenen Art: »Die Handelsgeschäfte sind während meiner Abwesenheit nicht sehr gut gelaufen, wie ich sehe.«
Jican fuhr bei diesen Worten zornig auf, was völlig von Arakasis angegriffenem Zustand ablenkte. »Wir haben keinen ernsthaften Schaden erlitten«, verteidigte sich der kleine Hadonra schnell, »doch einige Unternehmungen sind schiefgelaufen. Wir haben Verbündete unter den Kaufleuten verloren, die die Interessen der Anasati teilen.« Seine Erleichterung war deutlich spürbar, als er schloß: »Die Seidenauktionen haben nicht darunter gelitten.«
»Noch nicht«, fügte Incomo ungefragt hinzu. »Die Traditionalisten versuchen weiterhin, Einfluß zu gewinnen. Ichindars Kaiserliche Weiße mußten mehr als einmal zu den Waffen greifen, um Aufstände in Kentosani niederzuschlagen.«
»Die Nahrungsmittelmärkte am Kai«, bestätigte Arakasi knapp. »Ich habe davon gehört. Unser Kaiser könnte die Meinungsverschiedenheiten sehr viel einfacher beenden, wenn er endlich einen Erben zeugen würde – und nicht nur Töchter.«
Die Berater wandten ihre Blicke jetzt der Lady der Acoma zu, während sie darauf warteten, was sie von ihnen verlangen würde.
Sie war noch dünner als bei Ayakis Beerdigung, doch
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