Die Schwarzen Roben
einer Hand das Wasser aufwühlte und die Fische dazu brachte, in verwirrten Kreisen davonzuschwimmen. »Tücke und List, nicht das Schwert, werden den Untergang der Guten Dienerin herbeiführen. Sie wird in dem Wissen sterben, daß es ein Fehler war, meinen Bruder mir vorzuziehen. Ich bin der bessere Mann, und wenn ich Buntokapi nach meinem Tod in den Hallen des Roten Gottes treffen werde, wird er wissen, daß ich mich gerächt und sein kostbares Haus Acoma unter meiner Ferse zu Staub zermalmt habe!«
Arakasi verspätete sich. Sein Nichterscheinen strapazierte die Geduld der älteren Berater der Acoma bis zu dem Punkt, da Kommandeur Lujan sich fürchtete, den abendlichen Beratungen beizuwohnen. Er eilte zu seinen Gemächern, um den Helm mit dem Federbusch zu holen, den er in den pflichtfreien Stunden abgelegt hatte. Sein Gang war entschlossen und so gleichmäßig, wie es nur bei einem erfahrenen Schwertkämpfer möglich war; und doch waren seine Gedanken mit etwas anderem beschäftigt. Nur mechanisch nickte er den patrouillierenden Wachen zu, die salutierten, als er an ihnen vorbeischritt.
Im Herrenhaus der Acoma waren jetzt ebenso viele bewaffnete Männer wie Bedienstete; seit Ayakis Ermordung gab es so gut wie keine Privatsphäre mehr, schon gar nicht nachts, wenn zusätzliche Krieger in der Schreibstube und den verschiedenen Gemächern des Gästeflügels schliefen. Justins Kinderzimmer erinnerte an ein bewaffnetes Heerlager; Lujan dachte, daß der Junge bei dem unaufhörlichen Trampeln von Kampfsandalen auf dem Boden seines Zimmers wohl kaum mit Spielzeugsoldaten spielen konnte.
Doch da er – abgesehen von Mara – der Letzte der Acoma-Blutslinie war, war seine Sicherheit von allergrößter Bedeutung. Ohne Arakasis zuverlässige Berichte schienen die Patrouillen sich auf ihren Rundgängen weit weniger sicher zu fühlen. Jeder Schatten ließ sie zusammenzucken, und sie zogen fast schon die Schwerter, wenn sie die Schritte von Arbeitern hörten, die sich zum heimlichen Stelldichein mit ihren Geliebten trafen. Lujan seufzte; dann erstarrte er, plötzlich hellwach und aufmerksam wegen dem Geräusch eines aus der Scheide gleitenden Schwertes.
»Du da!« rief ein Wachposten. »Bleib stehen!«
Jetzt rannte Lujan, stürzte um eine Ecke im Gang. Ein Stück voraus stand ein Krieger mit gezogenem Schwert in halbgebückter, kampfbereiter Haltung. Er stand vor einer tief im Schatten liegenden Nische, an der nichts Besonderes zu sein schien. Hinter ihm war plötzlich ein leichtes Klopfen und Schlurfen zu vernehmen – die Geräusche eines Mannes, der sich hastig mit einer Krücke fortbewegte –, und Lujan wußte, daß auch Keyoke, Maras Kriegsberater, die Störung gehört hatte. Er war zu lange Kommandeur im Feld gewesen, um eine Herausforderung als Krieger zu ignorieren, und so eilte auch er herbei, um herauszufinden, wer in die innersten Gänge des Herrenhauses eingedrungen war.
Laß es nicht einen weiteren Attentäter sein, betete Lujan, während er rannte. Er versuchte in der Dunkelheit irgend etwas zu erkennen und stellte dabei fest, daß eine Lampe dunkel war, die eigentlich hätte brennen sollen. Kein gutes Zeichen, dachte er grimmig; plötzlich schien ihm die Ratssitzung, die sich wegen des Eindringlings verschieben würde, die angenehmere Alternative. Störungen in den Handelsbeziehungen und die beunruhigenden Veränderungen der Kräfteverhältnisse an Ichindars Hof mochten ohne Arakasis Wissen um die Hintergründe verwirrend genug sein, um einen Mann in den Wahnsinn zu treiben. Doch die Vorstellung, daß hier, inmitten des von Wachen wimmelnden Herrenhauses, ein weiterer Tong-Bogenschütze zuschlagen könnte, war zu grauenvoll, als daß er darüber nachdenken wollte. Obwohl Monate vergangen waren, hatte Justin noch immer Alpträume vom Anblick des zusammenbrechenden Wallachs …
Lujan blieb abrupt bei dem Krieger stehen; die Nägel seiner Sandalen ratschten über den Boden. »Wer ist da?« verlangte er zu wissen.
Der alte Keyoke kam ebenfalls zum Stehen, und er stellte mit trockener Stimme dieselbe Frage.
Der Krieger wandte noch nicht einmal für einen Augenblick den Blick von seinem Ziel, sondern machte mit dem Schwert eine Geste zu der Spalte zwischen zwei Stämmen, die eine Verbindung der Dachbalken stützten. Bei einer Reparatur war vor langer Zeit ein vermodertes Stück Holz ersetzt worden. Das Herrenhaus, das Mara und Hokanu bewohnten, war alt, und dies war einer der ursprünglichen Bereiche. Der
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