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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn
Autoren: Colin Dexter
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dem Bahnsteigschaffner. »Sie bekommen noch Geld von mir. Ich bin zurück Erster gefahren.«
    »Ist der Schaffner nicht durchgekommen?«
    »Nein.«
    »Tja, dann ist die Sache doch eigentlich erledigt, oder?«
    »Bestimmt?«
    »Ich wünschte, alle Fahrgäste wären so ehrlich wie Sie, Sir.«
    »Na gut, wenn Sie meinen …«
    Roope nahm ein Taxi und gab dem Fahrer ein großzügiges Trinkgeld, als er ihn vor dem Verbandsgebäude absetzte. In den oberen Stockwerken umliegender Bürohäuser schimmerten blaßgelbe Lichtflächen, und die Umrisse der Baumriesen vor der Geschäftsstelle zeichneten sich schwarz vor einem dunkel werdenden Himmel ab. Es goß in Strömen.
     
    Charles Noakes, seines Zeichens Hausmeister beim Verband für Auslandsprüfungen, war ein relativ junger und hilfsbereiter Vertreter seiner Gattung. Noch waren seiner Seele nicht durch jahrelangen Ärger um das Schließen von Fenstern, das Bohnern von Fußböden, die Bedienung der Zentralheizung und die Einstellung der Einbruchsicherung Schwielen gewachsen. Als Roope das Haus betrat, wechselte er gerade eine Leuchtstoffröhre im unteren Gang aus.
    »Tag, Noakes. Ist Dr. Bartlett da?«
    »Nein, Sir, er war den ganzen Nachmittag nicht im Haus.«
    »Ach so.« Roope klopfte bei Bartlett und sah ins Zimmer. Das Licht brannte. Aber darauf konnte man, wie Roope wußte, nichts geben. Das Einschalten einer Leuchtstoffröhre, behauptete Bartlett, verbrauche ebensoviel Energie wie stundenlanger Betrieb, und deshalb blieb in der Geschäftsstelle »aus Gründen der Wirtschaftlichkeit« in allen Räumen das Licht ständig eingeschaltet. Einen Moment glaubte Roope ein Geräusch zu hören, aber dann war es wieder still. Auf dem Schreibtisch lag ein Zettel: »Freitag nachmittag. Bin nach Banbury. Vielleicht gegen fünf zurück.«
    »Was hab ich Ihnen gesagt, Sir? Er ist nicht da.« Noakes war von der kleinen Leiter gestiegen und stand vor der Tür.
    »Macht nichts, dann spreche ich kurz mit einem der anderen.«
    »Da werden Sie nicht viel Glück haben, Sir. Soll ich mal nachsehen, wer noch da ist?«
    »Nein, lassen Sie nur, das mache ich selber.«
    Er klopfte und sah in Oglebys Zimmer. Keine Spur von Ogleby.
    Er versuchte es bei Martin. Keine Spur von Martin.
    Er hatte gerade bei Monica Height geklopft und senkte lauschend den Kopf, als der Hausmeister in dem gutbeleuchteten und gutgebohnerten Gang erschien. »Sieht so aus, als ob bloß noch Mr. Quinn da ist, Sir. Jedenfalls steht sein Wagen hinten. Die anderen sind wohl schon weg.«
    Ja, ja, wenn die Katze fort ist, dachte Roope. Er machte die Tür zu Monicas Büro auf und sah hinein. Das Zimmer wirkte unheimlich aufgeräumt, der Schreibtisch war leer, der Ledersessel daruntergeschoben.
    Bei Quinn versuchte der Hausmeister sein Glück, und Roope trat hinter ihn, als die Tür offenstand. Ein grüner Anorak lag über einem der Sessel, und die oberste Schublade eines Aktenschrankes mit zahlreichen gelben Mappen stand offen. Auf der Schreibtischplatte lag unter einem billigen Briefbeschwerer eine Nachricht von Quinn für seine Sekretärin, aber Quinn selbst war nicht zu sehen.
    Roope hatte oft genug davon gehört, daß Bartlett seinen Mitarbeitern immer wieder ans Herz legte, in Prüfungsangelegenheiten strikte Geheimhaltung zu wahren und unbedingt eine Nachricht über ihren jeweiligen Aufenthaltsort zu hinterlassen. »Immerhin hat er uns einen Zettel dagelassen, wozu die anderen sich offenbar nicht haben aufraffen können.«
    »Über das da wäre aber der Chef bestimmt nicht sehr glücklich.«
    Noakes schloß mit ernster Miene den Schrank und ließ das Schloß einschnappen.
    »Ziemlicher Pedant in solchen Sachen, der gute Bartlett, was?«
    »Er ist überhaupt ziemlich pedantisch, Sir.« Aber irgendwie hatte Roope den Eindruck, daß Noakes, wäre er genötigt, Partei zu ergreifen, sich auf Bartletts Seite schlagen würde.
    »Sie glauben also nicht, daß er zu pingelig ist?«
    »Nein, Sir. Ich meine, hier kommen doch alle möglichen Leute rein, bei so Sachen kann man nicht vorsichtig genug sein.«
    »Recht haben Sie, Noakes.«
    Die Bestätigung tat dem Hausmeister wohl, und er ging ein bißchen aus sich heraus. »Eins muß ich ja sagen, Sir, für seine Feuerübung hätte er sich auch eine wärmere Woche aussuchen können.«
    »Feuerübungen habt ihr hier auch? Donnerwetter.« Roope griente. Seit seiner Schulzeit hatte er keine Feuerübung mehr mitgemacht.
    »Heute, Sir. Punkt zwölf. Eine Viertelstunde hat er uns alle draußen
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