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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Haarschnitt, bis Sie die Sache hier geklärt haben. Das ist ein Befehl.«
    »Vielleicht brauche ich bis dahin auch gar keinen, Sir.« Morse zwinkerte Lewis vergnügt zu und ging voraus im Büro. »Wie sieht’s von hinten aus?«
    »Sehr ordentlich, Sir. Wirklich gut geschnitten.«
    Morse lehnte sich in dem schwarzen Ledersessel zurück und strahlte Lewis an. »So, und jetzt schießen Sie los.«
    »Ein gewisser Quinn, Sir. Wohnte im Erdgeschoß einer Zweifamilienhaushälfte in der Pinewood Close. Schon eine ganze Weile tot, so wie’s aussieht. Gift, würde ich sagen. Er arbeitet –« (arbeitete, brummelte Morse) »– beim Verband für Auslandsprüfungen in der Woodstock Road. Einer seiner Kollegen, der sich um ihn Sorgen machte, ist hingegangen und hat ihn gefunden. Bei mir ist der Anruf um Viertel vor zehn gelandet, ich bin gleich mit Dickson hin und hab mich mal kurz umgesehen. Dickson habe ich dagelassen, und ich bin wieder hergekommen, um Sie anzurufen.«
    »Und was weiter, Lewis?«
    »So wie ich Sie kenne, hab ich mir gedacht, ich soll vielleicht den Typ festnehmen, der ihn gefunden hat.«
    Morse griente. »Ist er hier?«
    »Im Vernehmungszimmer. Ich hab schon eine Aussage von ihm, aber ehe er das Protokoll unterschreibt, müssen wir wohl noch mal drübergehen. Sie wollen sicher mit ihm sprechen.«
    »Ja, aber das hat Zeit. Haben wir einen Wagen?«
    »Wartet draußen, Sir.«
    »Die Spurensicherung haben Sie hoffentlich noch nicht in Marsch gesetzt?«
    »Nein, damit habe ich auf Sie gewartet.«
    »Gut. Kümmern Sie sich um das Protokoll, wir treffen uns in zehn Minuten draußen.«
    Morse führte zwei Telefongespräche, kämmte sich noch einmal und war sehr mit sich und der Welt zufrieden.
     
    Etliche Gesichter waren hinter Tüllgardinen in den Erdgeschoßfenstern zu sehen, als das Polizeifahrzeug in die Pinewood Close einfuhr, ein unbedeutendes Sträßchen, in dem acht vor etwa einem halben Jahrhundert errichtete Doppelhäuser in eine leicht verschlissene Würde hineingealtert waren. Die Zäune, die die Grundstücke umgaben, hielten sich zumeist nur noch mühsam aufrecht, die wackligen Latten hätten dringend einen neuen Schutzanstrich gebraucht, die Querverstrebungen waren morsch, regennaß und angeschimmelt. Nur den beiden Eckhäusern der Reihe hatte der ursprüngliche Bauherr genug Platz für eine Garage gegönnt. Vor dem linken Eckhaus hatte der stämmige Constable Dickson Posten bezogen. Er trat auf dem regennassen Beton vor der ungestrichenen Fertiggarage von einem Fuß auf den anderen, während er sich mit der etwa fünfzigjährigen Besitzerin unterhielt, die außerdem noch ein halbes Dutzend Häuser in der Nachbarschaft ihr eigen nannte. Mochten auch die Einkünfte aus den zahlreichen Liegenschaften nicht unbeträchtlich sein – ihre Garderobe ließ keinesfalls auf Wohlstand schließen. Sie hatte keine Strümpfe an und zog, als Morse und Lewis aus dem Wagen stiegen, einen schäbigen alten Mantel fester über der schmuddelig-weißen Bluse zusammen.
    »Da kommen die hohen Tiere«, sagte Dickson halblaut und trat vor, um den Chief Inspector zu begrüßen. »Das ist Mrs. Jardine, Sir. Das Haus gehört ihr, und sie hat uns eingelassen.«
    Morse nickte freundlich, nahm den Sicherheitsschlüssel von Dickson entgegen und schickte den Constable mit Mrs. Jardine zwecks Aufnahme des Protokolls zum Wagen. Er selbst blieb eine Weile schweigend stehen, den Rücken zum Haus, und sah sich um.
    Ein dichter Gürtel kleiner Bäume und verschiedenartiger Büsche schirmte die Häuser von der Durchgangsstraße ab und vermittelte fast so etwas wie einen Hauch von Exklusivität. Doch die kleine Straße selbst war ungepflegt, auf dem Gehsteig verlief eine lange, ungleichmäßige schwarze Narbe; an dieser Stelle waren erst neulich wieder einmal die Leute von der Kanalisation am Werk gewesen. Im Rinnstein lag eine dicke Schicht nasses Laub, und die Straßenlaterne vor Nummer 1 war einem Steinwurf zum Opfer gefallen. Die Tür des Hauses nebenan öffnete sich einen Spaltbreit, und eine Frau mittleren Alters linste neugierig zum Ort des Geschehens hinüber.
    »Guten Morgen«, sagte Morse munter.
    Blitzartig schlug die Tür zu, und Morse wandte seine Aufmerksamkeit der Garage zu. Die Tür war zwar nur angelehnt, aber er berührte nichts, sondern begnügte sich mit einem raschen Blick durch die oberen Glasscheiben. In der Garage stand ein dunkelblauer Morris 1300. Zwischen Wand und Fahrertür blieben nicht mehr als dreißig

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